Die Schweiz applaudiert dem Gesundheitspersonal. Eine schöne Geste. Doch wie geht es jenen Menschen, die täglich gegen den unsichtbaren Feind COVID-19 kämpfen, tatsächlich? Zwei Hirslanden-Mitarbeitende geben Einblick in ihren Spitalalltag in Zeiten einer globalen Pandemie.
Hände desinfizieren, Mundschutz anziehen, Kopfhaube und Schutzbrille aufsetzen, Schutzkittel und Handschuhe überziehen: Fatma Gartenmanns neues Ritual vor jedem Schichtbeginn ist umfangreich, zeitaufwändig, aber dringend notwendig. Denn die diplomierte Pflegerin für Intensivmedizin an der Klinik Hirslanden in Zürich gehört zu jenen Personen im Team, die für die Pflege der COVID-19-Patienten zuständig sind.
Obwohl sich Gartenmann mittlerweile an die neuen Arbeitsbedingungen gewöhnt hat, bleibt der Alltag beschwerlich. Trinken tut sie in diesen Tagen meist nur noch vor Schichtbeginn, und Toilettengänge muss sie penibel planen, denn das Aus- und wieder Anziehen der Schutzkleidung kostet Zeit. «Man muss sich zudem genau überlegen, was man zu einem Patienten ins Zimmer nimmt. Schliesslich sollte man nicht immer wieder rein- und rauslaufen.» Und dann ist da noch der ständige Reflex, sich die Schutzmaske vom Gesicht zu ziehen. «Sie sind sehr eng, sitzen so fest, dass man kaum Luft bekommt. Es ist schon sehr gewöhnungsbedürftig», erzählt sie.
Perfekte Organisation sorgt für Sicherheit
Trotz aller Massnahmen bleibt bei der Pflegerin eine gewisse Unsicherheit, ob die Vorkehrungen tatsächlich ausreichen, um sich vor dem Virus, das die Welt in diesen Monaten in Atem hält, zu schützen. «Es ist schon verrückt», sagt Fatma Gartenmann. «Vor wenigen Monaten haben wir noch bestürzt, aber eben doch unbetroffen ins ferne Wuhan geschaut.» Als die ersten Schockbilder aus überfüllten Spitälern in Norditalien publik wurden, dämmerte es Gartenmann aber: «Ich dachte mir: Oh mein Gott, jetzt ist Europa fällig.» Die kommenden Wochen waren geprägt von der Unsicherheit, wie stark das Virus die Schweiz treffen würde. Mittlerweile hat die Intensivpflegerin vier Corona-Patienten betreut. Drei davon wurden allerdings bereits wieder auf die reguläre Abteilung verlegt. «Das freut mich sehr, weil es bedeutet, dass wir alles richtig gemacht haben», so Gartenmann.
Die Schreckensbilder aus Italien erlebte die Pflegerin, die schon bald 20 Jahre in der Klinik Hirslanden in Zürich arbeitet, in ihrem Spitalalltag glücklicherweise bislang nicht. Kritische Situationen gab es aber dennoch. «Die Situation der COVID-19-Patienten verschlechtert sich teilweise rasant. Da ist schnelles Handeln angesagt», erklärt die Expertin. Das sei allerdings gar kein Problem gewesen, zumal alles perfekt organisiert gewesen war. «Ich weiss nicht, wie die Klinikleitung das geschafft hat, aber sie hat innerhalb kürzester Zeit alles auf die Beine gestellt», erinnert sich Gartenmann. So sei umgehend mehr Personal aus anderen Kliniken rekrutiert und ausreichend Schutzmaterial besorgt worden. «Ich wusste zu jedem Zeitpunkt, dass wir auf genügend Ressourcen zurückgreifen können. Das beruhigte mich ungemein.»
COVID-19 schweisst Teams zusammen
Doch nicht nur die Massnahmen der Klinikleitung, auch ihr Team gibt der 45-Jährigen in dieser Zeit Halt. «Es herrschen eine Kollegialität und eine Hilfsbereitschaft, die ewig so weitergehen könnten», freut sich Gartenmann. So hätten manche Arbeitskollegen angeboten, die Kinder jener Mitarbeitenden zu betreuen, die zu Sonderschichten eingeteilt wurden. «Da ist diese stumme Verbundenheit im Team. Eine Verbundenheit, die das Gefühl vermittelt: Gemeinsam schaffen wir es durch diese schwierige Zeit.»
Diese Verbundenheit herrscht offenbar nicht nur auf der Intensivstation. Auch Danilo Eichler, diplomierter Anästhesiepfleger in der Klinik Hirslanden in Zürich, spürt diesen besonderen Teamgeist. Sind Kollegen krankheitsbedingt ausgefallen oder mussten sie zuhause bleiben, weil sie selbst zur Risikogruppe zählen, boten die restlichen Teammitglieder an, für sie einzuspringen. «Unser Team ist super, und auch die Chefs geben sich grosse Mühe, alles optimal zu koordinieren. Man fühlt sich wirklich aufgehoben», erzählt Eichler.
Sein Berufsalltag ist trotz beziehungsweise wegen der Pandemie um einiges ruhiger geworden. Um auf eine potenziell hohe Zahl von COVID-19-Patienten vorbereitet zu sein, wurde das Operationsprogramm radikal heruntergefahren. «Wir operieren schon seit Wochen nur noch Notfälle», erklärt Eichler. Insbesondere zu Beginn der Pandemie sei es allerdings noch hektischer zu und her gegangen. «Anfangs war teils unklar, ob ein Patient getestet worden war, und es fehlte auch das Schutzmaterial», erinnert er sich. Die Krise führte teils auch dazu, dass der Anästhesiepfleger seinen Aufgabenbereich etwas erweitern musste. «Wir hatten eine Kaiserschnittgeburt zu jener Zeit, als die Papis nicht mit in den Kreissaal durften. Da musste ich mich etwas intensiver ums Mami kümmern und sie beruhigen», erzählt Eichler. Die Mutter sei allerdings sehr gefasst gewesen, und als ihr Baby endlich auf der Welt und gesund war, habe sie ohnehin alles um sich herum vergessen.
Als die Schweiz dankbar das Gesundheitspersonal beklatscht hatte, stand Eichler selbst gerade im Operationssaal. Gefreut hat es ihn dennoch. «Es ist natürlich eine schöne Geste, aber ich denke, dass dem Gesundheitspersonal in Ländern wie Italien oder Spanien noch sehr viel mehr Dank gebührt als uns hier», gibt sich Eichler bescheiden. Trotz aller schwierigen Momente zieht er auch Positives aus dieser Krise. Etwa die neu gewonnene Zeit, die er mit seiner Familie verbringen kann. «Man lernt es wieder zu schätzen, einfach einmal zuhause zu bleiben oder mit dem Velo die Natur zu erkunden.» Und trotzdem freut sich Eichler darauf, wenn der ganze Spuk irgendwann ein Ende nimmt und er nach einem langen Tag im Operationsaal wieder einmal unbeschwert mit seinen Kollegen etwas trinken gehen kann. Mit diesem Wunsch dürfte er durchaus in guter Gesellschaft sein.
Zu den Personen:
Fatma Gartenmann ist diplomierte Pflegerin für Intensivmedizin. Danilo Eichler ist diplomierter Anästhesiepfleger und Berufsbildner für Anästhesiepflege. Beide arbeiten in der Klinik Hirslanden in Zürich. Erfahren Sie mehr über das Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Klinik Hirslanden.
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