Dr. med. Wolfgang Keul, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Hirslanden Klinik Im Park, besuchte vom 1. bis zum 3. April 2020 die Clinica Luganese Moncucco, um diese bei der Behandlung von COVID-19-Patienten vor Ort unterstützen zu können. Im Interview berichtet er über seinen Aufenthalt in Lugano und ausgewählte Erkenntnisse im Umgang mit COVID-19.

Im Verlauf seines dreitägigen Einsatzes konnte sich Dr. Wolfang Keul einen guten Überblick über die aktuelle Lage im Tessin verschaffen und wertvolle Erfahrungen mit den Kollegen der Klinik Moncucco austauschen. Die wichtigsten Erkenntnisse berichtete Dr. Keul noch während seines Aufenthaltes gegenüber seinen Zürcher Kollegen und Mitgliedern des Krisenstabs der Hirslanden Klinik Im Park.

Herr Dr. Keul, wie haben Sie die Stimmung in der Tessiner Klinik Moncucco wahrgenommen und wie gehen die Mitarbeitenden vor Ort mit dieser besonderen Situation um?

Dr. Wolfgang Keul: Die Stimmung in der Klinik Moncucco war ruhig und von hohem Gemeinsinn geprägt. Die Klinik hat sich seit Mitte März vollständig auf die Behandlung von Patienten mit COVID-19 konzentriert. Alle sonstigen Patientengruppen werden auf andere Spitäler umgeleitet. Daher konnten alle Mitarbeitenden rasch Erfahrungen mit COVID-19 und der ganzen Situation sammeln. Sämtliche Abläufe im Spital wurden in kurzer Frist geordnet.

Wie verhalten sich die Patienten der Klinik Moncucco in der aktuellen Situation?

Dr. Wolfgang Keul: Ich habe alle wachen, spontan atmenden Patienten ruhig erlebt. Besonders an diesem Krankheitsbild ist eben auch, dass Atemnot erst relativ spät auftritt und häufig noch nicht so ausgeprägt ist. Auch wenn schon ein beträchtlicher Sauerstoffbedarf besteht.

Ist in der Klinik Moncucco eine Knappheit an personellen und/oder materiellen Ressourcen spürbar gewesen?

Dr. Wolfgang Keul: Das muss zu Beginn der Epidemie wohl so gewesen sein, aber bei meinem Eintreffen in der Klinik Moncucco waren personelle und materielle Ressourcen bereits so ergänzt worden, dass ich kaum etwas von einem Mangelzustand mitbekommen habe. Dementsprechend konnte ich meinen Einsatz dort auch stark kürzen.

Wodurch unterscheidet sich die Klinik Moncucco derzeit am meisten von der Klinik Im Park in Zürich?

Dr. Wolfgang Keul: In der Klinik Moncucco liegt seit Mitte März der Fokus auf der Behandlung von COVID-19-Patienten. In der Klinik Im Park ist das Patientengut durchmischt und es werden auch Patienten mit anderen Erkrankungen als COVID-19 behandelt.

Was konnten Sie aus Ihrem Einsatz an Wissen und Erfahrungen für die Klinik Im Park aber auch für sich persönlich mitnehmen?

Dr. Wolfgang Keul: Ich hatte die Gelegenheit, das neue Krankheitsbild COVID-19 aus der Nähe kennenzulernen, ohne gleich voll in die Behandlung dieser Patienten eingebunden zu sein. Einige Details bezüglich Zeitpunkt und Durchführung einer künstlichen Beatmung unterscheiden sich von der Behandlung anderer Formen der Lungenentzündung. Diese Eindrücke gebe ich so gut es geht an meine Kollegen weiter.

Würden Sie einen solchen Einsatz wiederholen?

Dr. Wolfgang Keul: Ja jederzeit, falls ein solcher erforderlich und gewünscht ist.

Welchen Ratschlag würden Sie uns gerne mit auf den Weg geben?

Dr. Wolfgang Keul: Wir müssen uns gut vorbereiten und dürfen personell nicht zu knapp planen. Die Behandlung der COVID-19-Patienten ist aufwendig und auch psychisch belastend. Es gibt für mich klare Hinweise, dass sich durch eine gute Pflege auf den Abteilungen ein Teil der Aufnahmen auf die Intensivstation vermeiden lässt. Daher sollte unsere Aufmerksamkeit nicht vollständig auf der Intensivtherapie ruhen, sondern auch die Abläufe auf den normalen Abteilungen berücksichtigen.

Herzlichen Dank, Herr Dr. Wolfgang Keul, für das spannende Interview sowie Ihr wertvolles Engagement und den Einsatz in der Klinik Moncucco. Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse können wir uns noch besser auf die kommenden Wochen vorbereiten und diese gemeinsam meistern.

Weitere Informationen zu COVID-19

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