In den Tumorboards des Onkozentrums Hirslanden werden Krebsfälle interdisziplinär besprochen. Die Diskussion unter verschiedenen Fachleuten verhindert Bauchentscheidungen – und hebt die Qualität in der Onkologie.

Ein Dienstagnachmittag in der Klinik Hirslanden. Hämatoonkologe Christoph Renner betritt einen fensterlosen Konferenzsaal im Untergeschoss und setzt sich vor seinen Laptop. Auf einem wandgrossen Monitor schaltet er – fast wie in einem James Bond Film – Kollegen per Videochat zum Tumorboard ein: Drei Pathologen, einen Onkologen aus Baar sowie den Onkologen Panagiotis Samaras von der Hirslanden Klinik im Park, dessen Stimme scheppert.

«Pano, da wackelt was bei dir», sagt Renner.
«Hört ihr mich?», fragt Samaras.
«Jetzt ist gut.»

Nun treffen auch die Kollegen vom Onkonzentrum drei Etagen höher ein und setzen sich an die hufeisenförmig angeordneten Bänke. Renner öffnet das erste Patientendossier. «Legen wir los.» Die wöchentliche Sitzung des hämatologischen Tumorboards hat begonnen.

Austausch der Spezialisten am Tumorboard

Weil Krebs an praktisch jedem Körperteil wuchern kann, funktioniert Onkologie am besten interdisziplinär. Pathologie, Gastroenterologie, Urologie, Gynäkologie und Radiologie diagnostizieren, Chirurgie, Hämatologie, Onkologie und Radiotherapie sowie Immunologie behandeln. Tumorboards institutionalisieren den Austausch dieser Spezialisten. Alleine am Tumorzentrum Hirslanden gibt es fünf Boards mit verschiedenem Fokus, etwa auf Brustkrebs oder eben Bluterkrankungen. Die Ärzte des Onkozentrums sind die Stammgäste der Boards, je nach Fall werden Spezialisten aus anderen Kliniken der Hirslanden-Gruppe beigezogen. Auch externe Ärzte können ihre Fälle am Board vorstellen. «Das Interesse nimmt zu», sagt Renner, der das hämatoonkologische Tumorboard leitet.

Den Anfang macht die Ärztin Anita Hirschi-Blickenstorfer vom Onkozentrum. Sie zeigt auf das Röntgenbild einer älteren Patientin, das auf dem Screen neben den Videochats erscheint. «Der Tumor ist sieben Zentimeter gross, zuvor waren es 13 Zentimeter, er befindet sich also in teilweiser Remission», erklärt Hirschi-Blickenstorfer. Die Teilnehmer sind skeptisch, ob der Tumor damit für immer besiegt ist. Nach kurzer Diskussion beschliesst das Board eine Tomografie in drei Monaten, um die weitere Entwicklung zu beobachten. Renner tippt den Beschluss in das elektronische Patientendossier ein und öffnet das nächste.

Das Tumorboard verhindert Bauchentscheidungen

Mehr als ein Dutzend Fälle sind für heute eingetragen, für jeden sind fünf Minuten eingeplant. Alle Teilnehmenden erhalten im Vorfeld die Patientendossiers, auch wenn im Klinikalltag nicht immer Zeit bleibt, sie so gründlich zu studieren wie der behandelnde Arzt. Wichtig seien aber die unterschiedliche Expertise und der frische Blick, den Fachkollegen in die Sitzung bringen, erklärt Christoph Renner. «Das Tumorboard verhindert Bauchentscheidungen.»

Denn auch bei Fällen, die ans Herz gehen, sind nüchterne Diagnosen gefragt. Etwa bei der Patientin, die Panagiotis Samaras nun vorstellt. Eine junge Frau, die sich mit Bauchschmerzen beim Arzt meldete. Auf dem Bildschirm erscheint die PET-CT Untersuchung des Gastroenterologen. «Die Lymphknoten sind grenzwertig gross», erklärt Samaras. Grund könne aber auch eine Entzündung sein. Das Board beschliesst, nochmals eine Darmspiegelung in Auftrag zu geben. «Eine Operation sollte die ultima ratio sein», meint Samaras. Er wird den Fall in einer künftigen Sitzung des Tumorboards erneut vorstellen.

Nach einer Stunde leert sich der Raum so schnell, wie er sich gefüllt hat. Christoph Renner klemmt seinen Laptop unter den Arm. Nicht nur Ärzte, sagt er, sondern auch Patienten würden das Tumorboard schätzen. «Damit hat man automatisch eine Zweit- und Drittmeinung zu seiner Krankheit.» Manchmal erhalte er am Dienstagabend Mails und Telefone von Patienten, erzählt er. «Sie wollen wissen, was bei ihrem Fall herausgekommen ist.»

 

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