Schuppende rote Hautflecken sind das charakteristische Erscheinungsbild einer Psoriasis, auch Schuppenflechte genannt. In der Schweiz gibt es über 200’000 Betroffene, weltweit sind es mehr als 100 Millionen (Abb. 1). Mit dieser entzündlichen Hautkrankheit werden viele Mythen und Fakten in Verbindung gebracht. Prof. Dr. med. Mirjana Maiwald, Hautärztin und Belegärztin an der Klinik Hirslanden und der Hirslanden Klinik Im Park in Zürich, erklärt uns, was an diesen Mythen dran ist.

Mythos #1: Psoriasis ist ansteckend.

Falsch.

Eines der grössten Missverständnisse über Psoriasis ist, dass die Krankheit ansteckend ist und von Mensch zu Mensch weitergegeben werden kann. Das ist völlig falsch.

Psoriasis, auch Schuppenflechte genannt, ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung, die durch das überaktive Immunsystem einer Person verursacht wird. Dieses regt die Vermehrung der Zellen in der Oberhaut an, ohne dass der Körper Zeit hat, die alten Hautzellen auf natürliche Weise abzuschilfern. Die neuen Hautzellen drücken die alten Hautzellen an die Oberfläche der Haut, wodurch sich Plaques bilden. Plaques sind die von der Psoriasis befallenen roten und schuppenden Hautstellen, die erhaben sind (daher auch der Name «Schuppenflechte»). Der Hautbefall ist also lediglich die häufigste Manifestation der chronischen Krankheit und beruht nicht auf Erregern, die von Haut zu Haut übertragen werden.

Fakt #1: Die Psoriasis fährt Abwehrmechanismen der Haut hoch. Es wird dabei ein Überschuss an antimikrobiellen Peptiden (gegen Bakterien wirkende Eiweisse) in der betroffenen Haut produziert. Deshalb weisen Personen mit Psoriasis weniger Hautinfektionen z. B. aufgrund von Bakterien auf. Anderseits können Bakterien, Medikamente, Alkoholüberkonsum bei genetisch veranlagten Personen Psoriasis auslösen oder verschlechtern (Abb. 2).

Mythos #2: Psoriasis ist mit schlechter Hygiene verbunden.

Falsch.

Ein weiterer Irrglaube über Psoriasis ist, dass sie durch schlechte Hygiene oder mangelnde Hautpflege verursacht wird. Das ist absolut falsch. Die Reaktion des Immunsystems, die die Symptome der Psoriasis verursacht, hat nichts mit Sauberkeit zu tun. Psoriasis-Plaques entstehen durch Entzündungen tief in der Haut. Keine Menge an Hautreinigung hat einen Einfluss auf die Entzündung, die zur Bildung überschüssiger Hautzellen führt. Mehrmals am Tag Duschen oder Baden wird die Psoriasis nicht wegbringen.

Fakt #2: Schwefelhaltige Bäder, die bei Psoriasis eingesetzt werden, lösen die obersten, verdickten Hautschichten ab und fördern die Durchblutung. Die heilende Wirkung von Schwefelbädern ist nicht nur auf die blosse Reinigung zurückzuführen, sondern auf anti-entzündliche Eigenschaften von Schwefelverbindungen, die seit der Antike als Heilmittel bei Haut- und Rheumaleiden verwendet werden.

In den hippokratischen Schriften 400 Jahre v. Chr. wird angeführt, dass «Meereswasser gegen juckende Hauterkrankungen gut wirke», was schon eine frühe Grundlage für Balneophototherapie (Meereswasser- und Sonnenbäder) geschaffen hat. Besonders beliebt waren/sind die Balneophototherapie-Kuren am Toten Meer. Allein scheint die Soletherapie (Salzbad) kaum wirksam zu sein; erst die Kombination mit UVB-Licht (fördert aber auch Sonnenbrand) kann die Rückbildung der Psoriasis erwirken. Je nach Land wird eine Phototherapie mit künstlichen UVB-Quellen mit/ohne Solebäder eingesetzt. Eine medizinische Alternative dazu stellt die Bade-PUVA-Therapie (Bestrahlung mit UVA-Strahlen) dar.

Mythos #3 Psoriasis ist nur eine Hautkrankheit.

Falsch.

Psoriasis wird in der Regel als eine reine Hauterkrankung angesehen. Obwohl der Hautbefall das häufigste Symptom der Psoriasis ist, sind die Auswirkungen der chronischen Entzündung auf den restlichen Körper und die Psyche aber nicht zu unterschätzen. Zum Beispiel können dicke Psoriasis-Plaques oder eine Psoriasis-Arthritis (zusätzlich chronische Entzündung der Gelenke) die Beweglichkeit dermassen einschränken, dass Alltagstätigkeiten, wie zur Arbeit oder einkaufen zu gehen, gar nicht mehr möglich sind.

Das Leben mit Psoriasis kann auch einen grossen emotionalen Einschnitt bedeuten. Vermindertes Selbstwertgefühl, Beeinträchtigung des Liebeslebens und soziale Ausgrenzung durch Stigmatisierung der Hautveränderungen führen nicht selten dazu, dass sich Personen mit Psoriasis deprimiert und ängstlich fühlen.

Fakt #3: Neben der Haut (80%) werden an der zweithäufigsten Stelle Gelenke (20%) im Sinne einer Psoriasis-Arthritis in Mitleidenschaft gezogen (Abb. 3). Diese und andere Organsysteme agieren jedoch nicht unabhängig voneinander. Die durch die Psoriasis aktivierte chronische Entzündung greift tief in die Prozesse, die für die Wahrung des Gleichgewichtszustandes im menschlichen Körper verantwortlich sind. Aufgrund dessen werden bei Personen mit schwerer Psoriasis besonders häufig die Krankheiten, die zum metabolischen Syndrom zählen, beobachtet. Dazu gehören Bluthochdruck, Fettleibigkeit oder Diabetes mellitus. Diese wiederum stellen ein bekanntes Risiko für die Entwicklung von Herz- und Kreislauferkrankungen, wie Herzinfarkt oder Hirnschlag, dar. Darüber hinaus wird die Psoriasis in einigen Fällen von den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa begleitet (man spricht dabei von der «Psoriasis des Darmes»).

Mythos #4: Psoriasis ist unheilbar.

Richtig, aber sie ist gut behandelbar.

Psoriasis ist eine chronische Hauterkrankung, was bedeutet, dass sie von alleine nicht vollständig verschwinden kann. Je nach Schweregrad und aktiver Therapie können Personen mit Psoriasis Zeitabschnitte haben, in denen die Symptome stärker werden, gefolgt von Abschnitten mit weniger Beschwerden. Dieser variable Verlauf macht vielen betroffenen Personen zu schaffen. Insbesondere, wenn es sich um Psoriasis mit Befall der Nägel, Hautfalten oder der behaarten Kopfhaut handelt. Diese und andere «special location» Subtypen sprechen weniger gut auf die gewöhnliche Therapie an und bedürfen anderer Optionen.

Fakt #4: Die Vielzahl bei der Psoriasis zur Verfügung stehenden Therapien führt mittlerweile jahrelange krankheitsfreie Perioden herbei und ermöglicht so eine gute Lebensqualität (Abb. 4). Auch bei der «special location» Psoriasis (Nägel, Kopfhaut, Hände/Füsse, Hautfalten) können unabhängig von der Schwere des Hautbefalls gezielt Biologika (synthetische Antikörper, die gegen die entzündungsstimulierenden Botenstoffe wirken) mit gutem Erfolg eingesetzt werden.

Mythos #5: Psoriasis muss nicht behandelt werden.

Falsch.

Auch wenn Psoriasis eine der häufigsten Hauterkrankungen überhaupt darstellt, sucht nur ein kleiner Teil der Betroffenen einen Arzt auf. Dafür gibt es verschiedene Gründe, unter anderem wegen negativer Erfahrungen mit der Behandlung. Nur etwa 1/5 der Betroffenen leidet unter schwerer Psoriasis. Bei der Mehrheit der Betroffenen werden rote Flecken entweder verharmlost oder verkannt und werden so zum dauerhaften Begleiter. Die Psoriasis zieht nicht nur die Haut, sondern auch weitere, wichtige Organsysteme in Mitleidenschaft und kann mit schweren Folgen behaftet sein (siehe oben). Deshalb ist es äusserst wichtig, so früh wie möglich den Schweregrad der Erkrankung zu ermitteln und eine Behandlung zu planen.

Fakt #5: Bis vor ca. 12 Jahren gab es in der Psoriasis-Therapie keine Neuerungen, es herrschte Stillstand. Die Behandlungserfolge waren bescheiden und ohne nachhaltige Wirkung. Erst mit der Zulassung der ersten Biologika kamen neue Medikamente auf den Markt, die hocheffektiv und nachhaltig gegen die Psoriasis wirken konnten. Fast jährlich werden neue Medikamente auf den Markt gebracht, die auf unterschiedlichste Signalwege bzw. Botenstoffe abzielen und so helfen, die zugrunde liegende immunologische Störung selektiv anzugehen.

Mythos #6: Psoriasis ist eine Krankheit der Erwachsenen.

Falsch.

Psoriasis ist bei Erwachsenen zwar häufiger anzutreffen. Jedoch werden laut der National Psoriasis Foundation jedes Jahr auch etwa 20’000 Kinder unter 10 Jahren in den USA diagnostiziert (Daten aus der Schweiz derzeit nicht vorhanden). Psoriasis bei Kindern ist weniger gut untersucht, insbesondere in Bezug auf Therapiemöglichkeiten. Bisherige Daten zeigen, dass die Chancen eines Kindes, Psoriasis zu entwickeln, grösser sind, wenn die Eltern an Psoriasis erkrankt sind: Das Risiko beträgt 10 Prozent, wenn ein Elternteil an Psoriasis leidet, und 50 Prozent, wenn beide Elternteile von Psoriasis betroffen sind.

Fakt #6: Die Psoriasis im Kindesalter zeigt sich oft atypisch und wenig symptomatisch. Je nach Alter des Kindes unterscheiden wir folgende Formen, die bei Erwachsenen kaum anzutreffen sind: Windelpsoriasis (Faltenbefall), Plaque-Psoriasis mit Befall des Gesichtes oder mit Plaques, die mitunter linear oder ringförmig sind, Psoriasis der Fingerspitzen oder der Zunge (Abb. 5). Dadurch wird die Diagnose erschwert und die Psoriasis oft mit einer Pilzinfektion oder einer anderen Hauterkrankung verwechselt. Die Therapie der kindlichen Psoriasis gestaltet sich nach ähnlichen Prinzipien wie bei den Erwachsenen, wobei die Lokaltherapie mit Cremes etc. im Vordergrund steht.

Mythos #7: Die Psyche hat keinen Einfluss auf die Psoriasis.

Falsch.

Wenn über Psoriasis gesprochen wird, wird in der Regel der Hautbefall thematisiert. Stress als Ursache oder Folge der Psoriasis wird selten angesprochen. Dabei spielt Stressbewältigung eine wichtige Rolle in der modernen Therapie der Psoriasis. Der Stress ist im Alltag nahezu unvermeidlich und hat nachgewiesene körperliche Auswirkungen. Psoriasis führt zu Stress, der Stress wiederum verschlimmert psoriatische Beschwerden und so entstehen neue psychische Belastungen. Diesem Teufelskreis zu entkommen, ist nicht immer einfach.

Fakt #7: Mittlerweile gibt es Studiendaten zum Einsatz von Psychotherapieverfahren wie Hypnose, Suggestion, Meditation und gar Yoga als Begleitmassnahmen in der Psoriasis-Therapie (Zusammenfassung verschiedener unterstützender Therapien in Abb. 6). Nicht überraschend sind die positiven Resultate, welche verzeichnet werden konnten. Einerseits erzielt die Ausübung von Achtsamkeit und Konzentration einen verbesserten Umgang mit Stress mit daraus folgender Entspannung. Anderseits steigert der Patient dadurch die Compliance (Befolgen der Therapie), übernimmt mehr Selbstverantwortung, stärkt das Selbstwertgefühl und schafft somit ein angenehmeres Umfeld für die Genesung. Dies alles fördert die Wahrnehmung und Akzeptanz des eigenen Körpers und mobilisiert die Eigenheilkräfte. Nicht zuletzt wirken sich regelmässige Bewegung und die Vermeidung von Stress positiv auf das metabolische Syndrom aus.

Weitere Informationen zu Schuppenflechte

Erfahren Sie in folgendem Blogartikel, was Sie bei Psoriasis selber mit einer begleitenden Ernährungs- und Lebensstil-Umstellung unterstützend tun können:

 

Quellen:

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