So einfach, wie der Vorgang klingen mag, ist er dann eben doch nicht: Auch bei der minimalinvasiven Schlüsselloch-Technik wird schwerwiegend in den Herz-Kreislauf und die Atmung eingegriffen, um einen Herzklappenfehler wie eine Mitralklappeninsuffizienz zu korrigieren. Dennoch ist das OP-Verfahren für Patienten oft weniger belastend als die konventionelle Methode mittels Durchtrennung des Brustbeins.

Auch wenn der Eingriff als minimalinvasiv bezeichnet wird: Minimal ist an ihm nur die Eröffnung des Brustraums, die über wenige, nur einige Zentimeter lange Zugänge erfolgt. Sonst aber ist die operative Behebung einer Mitralklappeninsuffizienz ein hochkomplexer chirurgischer Eingriff.

«Auch wenn eine solche Operation zum herzchirurgischen Alltag gehört, ist es ein sehr intensiver Eingriff», erklärt. Dr. Berdat, denn um bis zum eigentlichen Operationsfeld vorzudringen, bedarf es einiger umfangreicher Vorbereitungen. «Im Wesentlichen zielt alles darauf ab, das Herz stillzulegen und blutleer zu bekommen».

Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine

Hierfür wird eine Herz-Lungen-Maschine über die Leisten an die grossen Gefässe angeschlossen. Sie übernimmt die Pumpfunktion des Herzens und reguliert ausserdem den Gasaustausch im Blut. «Damit der Körper während der Operation möglichst wenig Sauerstoff benötigt, wird er heruntergekühlt, in der Regel auf etwa 32 Grad», erklärt der Experte.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen. So wurde beim Patienten Ruben Welsch während des Eingriffs ein sinkender Sauerstoffwert im Hirn gemessen. Um eine Schädigung zu vermeiden, wurde der Patient daraufhin auf 20 Grad gekühlt.

Arbeitstunnel durch die Brust

Während die Herz-Lungen-Maschine über Kanülen und Schläuche mit dem Kreislauf verbunden wird, eröffnet ein zweiter Chirurg zeitgleich einen Zugang zum Herzen: Der grösste Schnitt dient als Arbeitstunnel für das Operationsbesteck, durch weitere, deutlich kleinere Öffnungen werden die Kamera und eine Gasleitung in die Brust eingeführt.

«Wenn Raumluft durch die Zugänge in das Herz gelangen würde, könnte sie die Gefässe blockieren und später zu einem Hirnschlag führen», meint Dr. Berdat. «Wir geben deshalb Kohlenstoffdioxid in den eröffneten Zugang. Dieses verhindert, dass Luft aus der Umgebung in den Brustkorb gelangt, und kann später sehr leicht in die Gewebe diffundieren. Blockaden durch eine Gasblase sind also ausgeschlossen.»

Zusätzlich zu Operationsbesteck und Kamera können die Chirurgen ein Halterungssystem in die Brust einbringen, mit dem sich die Lage des Herzens leicht verändern lässt. «Wir operieren nicht in der frontalen Draufsicht, sondern von der Seite», gibt der Chirurg zu bedenken. «Da ist es wichtig, das Herz auch etwas bewegen zu können, um trotz der relativ kleinen Öffnung einen uneingeschränkten Zugang zu haben.»

Das Herz: still – die Lunge: leer

Erst jetzt wird die Herz-Lungen-Maschine in Betrieb genommen. Funktioniert sie einwandfrei, kann das Herz gestoppt werden: Durch eine spezielle Lösung, die direkt in die Herzkranzgefässe injiziert wird, setzt der Herzschlag aus. Vor die Aortenklappe wird ein aufblasbarer Ballon geschoben oder alternativ eine Klemme an die Aorta angebracht, damit die Blutzufuhr in die Herzvorkammer verhindert wird: Durch das Herz fliesst nun kein Blut mehr, es ist trockengelegt.

Doch damit nicht genug: «Um das Herz von der Seite aus ideal sehen zu können, lassen wir den rechten Lungenflügel, der uns die Sicht verstellen würde, kollabieren», erklärt Dr. Berdat. «Der linke Lungenflügel wird also weiterhin mit Sauerstoff versorgt, während der rechte in sich zusammenfällt.»

Operation und Überprüfung in einem

Erst jetzt kann das Herz eröffnet werden und der eigentliche Eingriff beginnen: Die undichte Mitralklappe wird in den meisten Fällen repariert oder selten ersetzt. «Wir können immer wieder prüfen, ob die neue Konstruktion dicht ist und gegebenenfalls nachbessern», so der Chirurg. «Dadurch wissen wir schon während der Operation, ob unsere Arbeit erfolgreich gewesen sein wird.»

künstliche Herzklappe

künstliche Herzklappe

Wenn die Mitralklappeninsuffizienz behoben wurde, wird das Herz zunächst mit Blut gefüllt und in Gang gesetzt. «Das Herz schlägt, pumpt aber noch nicht», erläutert Dr. Berdat. «Nachdem wir es stillgelegt haben, gönnen wir dem Herz diese kleine Erholungsphase von 20 bis 30 Minuten.» Erst anschliessend wird die Herz-Lungen-Maschine graduell gedrosselt und das Herz schrittweise in die Verantwortung genommen, um eine Überlastung zu vermeiden. «Dieser Prozess wird wie die gesamte Operation natürlich aufmerksam überwacht», betont der Herzchirurg.

Erste Erholung im Schlaf

Parallel zur Steigerung der Herzaktivität wird der gesamte Körper des Patienten wieder erwärmt. «Insgesamt kann die Operation relativ zügig beendet werden, allerdings lassen wir den Patienten anschliessend noch drei bis vier Stunden schlafen, damit sich der Körper von dem Eingriff erholen kann», so Dr. Berdat.

Auch Ruben Welsch hat all diese Prozesse durchlaufen: Seine Operation bezeichnet der Experte als Routineeingriff. «Sicherlich hat die notwendig gewordene, ungewöhnlich starke Abkühlung des Körpers die OP-Zeit verlängert», erinnert sich Dr. Berdat. «Allerdings ist auch hier die Reparatur der Herzklappe auf Anhieb gelungen. Insgesamt haben wir ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis erreicht.»

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