Herzerkrankungen und Sport schliessen sich nicht aus – im Gegenteil. Vielen Herzleiden kann durch regelmässige Bewegung vorgebeugt werden. Sport hilft auch Herzpatienten zu alter Form zurück.

Bewegung oder Sport mit moderater Intensität bringt immer einen gesundheitsfördernden Effekt für Körper und Geist. Doch gerade, wenn es um das Herz geht, kann die Bedeutung von regelmässiger Bewegung und Ausdauerbelastung nicht unterschätzt werden. «Sport hilft dem Körper, die Herzarbeit zu ökonomisieren, indem die Funktion der Skelettmuskulatur verbessert wird», erklärt Reto Kost, Physiotherapeut im Hirslanden Training Aarau , und zählt auf: «Die Gefässe, die Herz und Kreislauf versorgen, sind gesünder auch dadurch, dass Ausdauertraining die Entzündungsaktivität senkt.» Darüber hinaus beeinflusst regelmässige Bewegung den Blutdruck sowie die Blutzucker- und Blutfettwerte positiv.

Sport ohne Höchstleistung

Wer sich für seine Herzgesundheit stark machen möchte, muss allerdings nicht immer gleich sportliche Höchstleistungen erbringen. Im Gegenteil, zu hohe Intensitäten können auch schaden. Zum einen ist gerade bei Herzpatienten Geduld gefragt: Besonders geeignet sind strukturierte Langzeitprogramme mit moderater Belastung, denn kurzfristige, impulsive Sporteinheiten mit hoher Intensität belasten Herz und Kreislauf mehr, als dass sie beidem nützen.

Zum anderen lässt sich auch mit weniger schweisstreibenden Sportarten ein grosser gesundheitlicher Effekt erzielen. Empfehlenswert sind hier Ausdauertrainings mit geringem Überlastungspotenzial wie Aerobic, Joggen und Radfahren, aber auch Rudern, Skilanglauf und Walken.

Ein Mindestmass an Anstrengung ist jedoch auch hier notwendig, um tatsächlich eine gesundheitsfördernde Wirkung zu erreichen: «Betätigungen der mittleren Intensität sollten es schon sein», mahnt Physiotherapeut Reto Kost an. «An der verstärkten Atmung und leichtem Schwitzen lässt sich eine ausreichende Intensität leicht feststellen. Bewegung im Sprechtempo bringt sich hier an. Wer also beim Training gerade noch so mühelos sprechen kann, hat die optimale Belastungsstufe erreicht.»

Nicht jeder Sport ist gleich geeignet

Für die Steigerung der Herzgesundheit ist allerdings nicht jede Sportart gleichermassen geeignet. Besonders Kraftsportarten, bei denen mehr als 70 Prozent der Maximalkraft aufgewendet werden müssen, belasten den Herzmuskel. So sind etwa Bodybuilding, aber auch Kontaktsport- und Explosivsportarten wie Handball, Squash, Tennis oder Badminton aufgrund ihres potenziellen Überlastungsrisikos eher ungeeignet, um das Herz zu trainieren. Wer diesem Sport dennoch frönen will, sollte sein Limit kennen – und im Idealfall mit einem entlastenden Ausdauertraining für Ausgleich sorgen.

Gesundheitsfördernder Sport bietet sich jedoch nicht nur zur Vorbeugung von Herzerkrankungen an: Auch Herzpatienten können durch das geeignete Training ihre körperliche Fitness steigern und das Risiko eines Rückfalls senken.

Individuelle Trainingspläne für Herzpatienten

Damit aber Herzpatienten einen positiven Effekt aus ihrer körperlichen Betätigung erzielen können, ist eine Überlastung des Herzmuskels unbedingt zu vermeiden. Hier ist ein individueller Trainingsplan gefragt, der ganz auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Patienten zugeschnitten ist.

Trainingsplan für Herzpatient

Für Herzpatienten sind individuelle Trainingspläne gefragt.

«Die meisten Herzrhythmusstörungen werden von einer zusätzlichen Herzproblematik wie etwa der Herzinsuffizienz , Erkrankungen der Herzkranzgefässe oder der Herzklappen ausgelöst oder begleitet», so Kost. «Diese zusätzliche Beeinträchtigung bestimmt in den meisten Fällen, wie belastbar der einzelne Patient tatsächlich ist. Deshalb ist es immer ratsam, vor dem Training von ärztlicher Seite her mittels eines Belastungs-EKGs den jeweiligen Gesundheitszustand abzuklären.»

 

 

Risiko Sportler-Herz

Herzpatienten sollten immer zuerst das Gespräch mit ihrem behandelnden Arzt suchen und auch Belastungstests absolvieren, bevor es an das Reha-Training geht. Das gilt besonders für Leistungssportler wie Hansjörg Brücker, die ihre alte Kondition wieder erreichen wollen (Erfahren Sie mehr über seine Geschichte in unserem Artikel «Zurück zu alter Form nach Vorhofflimmern».)

Falscher Ehrgeiz kann auch schaden.

In diesen Fällen rät Kost zu Besonnenheit und Geduld: Gerade auch das Sportler-Herz birgt ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen. Es zu trainieren bedeutet, mit dieser Gefährdung bewusst umgehen zu lernen. Wer also wie Brücker auch nach einer überwundenen Herzrhythmusstörung an (Halb)Marathons teilnehmen möchte, sollte zuvor Untersuchungen wie ein Ruhe-EKG und Belastungstests durchführen lassen. Diese Checks sollten alle ein bis drei Jahre wiederholt werden, um die Belastbarkeit des Herzens verlässlich sicherzustellen.

Auch Sportler, die es in die Höhe zieht, sollten sich vorab eingehend untersuchen lassen. Denn mit der Höhe sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft – ab etwa 2.500 Metern ein besonders hohes Risiko für Herzpatienten. Auch hier empfehlen sich Belastungstests, dazu auch ein Echokardiogramm mit Ruhe-EKG. Daneben sollte dem behandelnden Arzt immer das konkrete Vorhaben geschildert werden, damit dieser die mögliche Belastung für Herz und Kreislauf realistisch einschätzen kann.

Ausdauer im Fokus

Doch egal, ob Leistungssportler oder sportlich eher durchschnittlich Interessierter: Wer nach überstandener Herzerkrankung die körperliche Rehabilitation anstrebt, muss langfristig planen: «Bei der Reha geht es zunächst einmal darum, einen zielorientierten Trainingsplan aufzustellen und im Sinne eines Ausdauertrainings zu schauen, wie der Patient dieses Pensum verträgt», erklärt Kost. «Der individuelle Ansatz ist hierbei grundlegend wichtig.»

Das Reha-Training dauert in der Regel drei Monate. In dieser Zeit gilt es, den Patienten verschiedene Trainingseinheiten vorzustellen und sie bei der Bewältigung der Übungen zu beraten.

«Im Fokus der Reha steht ganz klar das Ausdauertraining», meint Kost. Immer wieder stehen Ergometer und Gymnastik auf dem Programm, dazu Übungen zur Steigerung von Beweglichkeit, Kraft und Koordination. «Bei einem guten Bewegungsprofil empfiehlt sich auch Hanteltraining», führt der Experte aus.

Empfehlungen für jedermann

Gern verweist Kost auf die Empfehlungen der WHO , die nicht nur für Herzpatienten gelten, sondern jedermann anleiten, genügend sportliche Betätigung in den Alltag zu integrieren. Auch hier nimmt das Ausdauertraining eine besondere Stellung ein.

«Als Basis respektive als Mindestprogramm sollte man sich fünf Mal pro Woche mindestens eine halbe Stunde moderat bewegen, etwa durch Radfahren oder schnelles Gehen», rät Kost. Selbstverständlich darf man auch mehr machen und erhält dadurch auch einen zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen.«Zusätzlich zum Mindestprogramm kann man drei Mal pro Woche ein Ausdauertraining von zwanzig bis sechzig Minuten absolvieren. Ergänzend empfiehlt sich, zwei Mal pro Woche ein Kraft- und Beweglichkeitstraining einzulegen.»

Was zunächst aufwendig klingen mag, kann in allen Lebenslagen essentiell werden. Kost ist überzeugt: «Wer sich an diese Rahmenrichtlinien hält und sich ein passendes Training auflegt, der kann einen spürbaren zusätzlichen Effekt für seine Gesundheit erwarten.»

Fünf praktische Tipps für ein herzgesundes Training im Alltag

Rad fahren

Nutzen Sie für kurze Wege auch mal das Fahrrad. Gerade wenn der Arbeitsweg von überschaubarer Länge ist oder Besuche in der Umgebung anstehen, kann das Auto gern einmal stehen gelassen werden.

Früher aussteigen

Sie nutzen öffentliche Verkehrsmittel für Ihre täglichen Wege? Die Distanz zwischen Ihrem Heim und den Zielorten ist zu gross, um sie mit dem Fahrrad zu bewältigen? Auch in diesem Fall können Sie etwas für Ihre Herzgesundheit machen: Steigen Sie einfach ein paar Haltestellen früher aus Bus oder Bahn. Legen Sie die letzten Meter nach Hause zu Fuss zurück. Das entspannt und trainiert zugleich.

Abendspaziergang einlegen

Gehen Sie, auch wenn Sie keinen Hund haben, abends noch einmal für eine halbe Stunde raus. Zwei, drei Mal in der Woche können Sie so von einem anstrengenden Tag entspannen und dabei etwas für Ihre Herzgesundheit tun. Spielen Sie dabei ruhig mit Ihrem Schritttempo: Steigern Sie es allmählich bis zu einem eiligen Lauf, um zuletzt wieder langsamer zu werden. Wie bei allen Bewegungs- und Sportarten wäre ein Endspurt absolut kontraproduktiv.

Der Rolltreppe widerstehen

Überall in Ihrem Alltag finden sich Rolltreppen und Fahrstühle. So kommen Sie bequem bis in die höchsten Etagen. Doch mit diesen Gefährten entwöhnen Sie Ihren Körper von den kleinen, alltäglichen Belastungsproben. Wechseln Sie deshalb immer wieder einmal zur Treppe. Sie werden erleben, wie schnell sich Ihre Fitness steigern lässt.

Plauderstündchen verlegen

Sie treffen sich gern zu Kaffee und Kuchen mit lieben Bekannten und tauschen sich aus? Versuchen Sie doch einmal, das Plauderstündchen joggend durchzuführen. Gewiss, der gute Freund muss erst überzeugt werden – und der innere Schweinhund natürlich auch. Aber einmal pro Woche kann ein gemeinsames Joggen oder Walken sehr erfrischend sein. Ihre Herzgesundheit stärkt es auf jeden Fall.

 

Sportphysiotherapeut Reto Kost erklärt im folgenden Video, wie Herzgesundheit und Sport zusammenhängen:

Hier geht’s zu weiteren Videos mit Übungen fürs Herz.

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Weitere Hintergrund- und fachliche Informationen unter: www.hirslanden.ch/herzrhythmusstoerungen