Radfahrer stürzen und tragen Knochenbrüche und Hautschürfungen davon. Tatsächlich machen diese Fälle einen Grossteil aller Verletzungen aus. Weniger bekannt ist, dass es durch extreme Sitzhaltungen, die der besseren Aerodynamik geschuldet sind, zu Problemen an der Wirbelsäule und an den Handgelenken kommen kann. Ob Bruch oder Haltungsschaden – den meisten Verletzungen im Radrennsport kann man konservativ und operativ begegnen.
Verletzungen im Radrennsport werden nicht nur durch reine Unfälle hervorgerufen, sondern häufig auch durch Überlastung. Diese wird vor allem durch die im Vergleich zur gewohnten aufrechten Körperhaltung auf dem Fahrrad eingenommene Extremhaltung verursacht. Die sportliche Belastung in den Trainings und den Wettkämpfen wird zudem meist über mehrere Stunden aufrechterhalten, was die Problematik verschärft.
Eine Frage der Haltung
Zu den Überlastungsschäden gehören vor allem Insertionstendinopathien, d.h. Sehnenansatzentzündungen am Knie, im Bereich der Wirbelsäule und am Fuss. Zudem kann es zu Muskelschmerzen im Schulter-Nacken-Bereich, aber auch im Bereich der Lendenwirbelsäule, im Beckenbereich sowie an den Beinen kommen. Eine Besonderheit sind Nervendruckschäden im Bereich der Hände und der Handgelenke, die vor allem bei nonstop Ultralangdistanz-Wettkämpfen vorkommen können.
Die Extremhaltung auf dem Rad bewirkt Muskelverhärtungen und -verkürzungen. Solche Überlastungsschäden sind klassischerweise die Domäne der konservativen physikalischen Medizin. Dazu gehören zum Beispiel Massagen, Elektrotherapien, Dehnungen, antientzündliche Salbenverbände sowie der Einsatz sogenannter nicht steroidaler antirheumatischer Schmerzmittel. Dies sind nicht kortisonhaltige Medikamente, welche schmerzlindernd, antientzündlich und abschwellend wirken. Gerade bei mehrtägigen oder mehrwöchigen Etappen-Rennen sind eine konsequente physiotherapeutische Behandlung und Massagen nach jeder Etappe zur idealen Erholung der Muskulatur und des Bandapparates von grösster Bedeutung.
Schürfungen, Prellungen, Brüche
Die häufigsten Verletzungen im Radsport sind Schürfungen der Haut. Danach kommen Prellungen, Schlüsselbeinbrüche, Schultereckgelenksprengungen, Unterarmbrüche, Schädel-Hirn-Verletzungen und Muskelfaserverletzungen der unteren Extremitäten, aber auch Beckenverletzungen und Brüche des Oberschenkelknochens, meist im Bereich des Schenkelhalses.
Frakturen (Knochenbrüche) gehören mit zu den häufigsten Verletzungsfolgen im Radsport. Vereinzelt versuchen Profiradfahrer eine Rundfahrt trotz einer Fraktur noch zu Ende zu fahren. Dies kann aber nur gelingen, wenn der Knochenbruch an einer mechanisch wenig belasteten Stelle des Bewegungsapparates liegt. Grundsätzlich sollten Frakturen immer ruhiggestellt werden. Bei verschobenen Knochenbrüchen müssen diese gerichtet werden. Offene Knochenbrüche müssen sofort steril abgedeckt werden. Die weitere Abklärung und Versorgung muss in solchen Fällen zwingend in einem Spital erfolgen.
Die Fraktur-Versorgung und die Therapie sonstiger Verletzungen des Bewegungsapparates erfolgen prinzipiell nach den in der Medizin bekannten differenzierten Klassifikationen. Entscheide für eine operative Therapie werden – in Absprache mit dem Athleten und seinem Betreuerteam – oft grosszügig gestellt, um eine möglichst schnelle Rehabilitation mit rascher, schmerzarmer Wiederaufnahme des Trainings und Wettkampfes zu erzielen.
Landung auf Schulter und Arm
Ein Grossteil der Verletzungen bei Radfahrern betrifft den Schultergürtel und die Arme. Durch direkte Stürze auf die Seite kommt es klassischerweise zu Schlüsselbeinbrüchen und Verletzungen des Schultereckgelenks. Schlüsselbeinschaftbrüche werden mit winkelstabilen Platten stabilisiert, was meist innerhalb weniger Tage zur Schmerzfreiheit führt und eine schnelle Wiederaufnahme des Radsports ermöglicht. Eine weitere Methode zur Stabilisierung eines Schlüsselbeinbruchs ist das minimal-invasive Einschieben von biegbaren Drähten vom einen Ende des Schlüsselbeines, um eine innere Schienung der beiden gebrochenen Teile des Schlüsselbeins zu erreichen.
Höhergradige Schultereckgelenksprengungen (stark abstehendes Schlüsselbein nach oben) können mit speziellen im Knochen verankerten Bändern und starken Fäden operativ therapiert werden. Dabei wird über diese Bänder, welche unterhalb des Schlüsselbeins verankert werden, das Schlüsselbein wieder in seine anatomische Position gezogen. Eine spätere Metallentfernung ist hierbei nicht mehr erforderlich.
Seltener betroffene Körperstellen
Etwa 20 % aller Verletzungen im Radsport betreffen die unteren Extremitäten. Es kommt vor allem zu Verletzungen des Beckens sowie des Oberschenkelknochens in der Nähe des Hüftgelenks. Je nach Lage des Knochenbruchs im Bezug zum Hüftgelenk können solche Brüche gelenkserhaltend, meist mit einem dicken in den Knochenmarkraum eingeführten langen Nagel stabilisiert werden. Bei hüftgelenknahen Brüchen muss gelegentlich eine Hüfttotalprothese eingesetzt werden.
Schädel-Hirnverletzungen fallen dank der Einführung der Helmpflicht im Jahre 2004 weniger dramatisch aus. Mittelgesichtsverletzungen lassen sich durch Helme jedoch nicht verhindern. Im Brustkorb und Rumpfbereich kommt es des Öfteren zu gebrochenen Rippen. Diese sind meist lange sehr schmerzhaft. Die Therapiemöglichkeiten beschränken sich hier meist auf eine begleitende Schmerztherapie.
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