Wow, Sie sind schwanger, und das gleich doppelt! Die Nachricht, mit Zwillingen schwanger zu sein, ist wunderbar und in der Schweiz doch eher selten: Nur 1.7% aller Geburten sind Zwillingsgeburten*. In diesem Sinne: herzliche Gratulation! Die Umstände ändern sich für Sie nun ein wenig und rücken Ihre Schwangerschaft in eine vollkommen neue Perspektive. Auch wenn Sie fast nichts falsch machen können, wenn Sie dabei auf Ihr Inneres hören, geben wir Ihnen hier sieben Informationen, damit Sie wissen, was auf Sie zukommt, und Sie die Schwangerschaft voll geniessen können.

1. Schwangerschaftssymptome auch bei Zwillingen

Sie neigen aufgrund des zusätzlichen Drucks auf Ihre Organe und Blutgefässe eher zu Schwangerschaftsbeschwerden wie Sodbrennen, Blähungen und Krampfadern. Dem können Sie über die richtige Ernährung ein wenig Abhilfe schaffen: Trinken Sie wenig Kohlesäurehaltiges, zerkauen Sie Mandeln mit Haut langsam und ausgiebig. Und fragen Sie Ihre Hebamme nach Akupunktur. Darüber hinaus können bereits zu einem früheren Zeitpunkt Rücken- und Beckenschmerzen auftreten, da Ihr Körper sich schneller ausdehnt.

2. Endlich die lang geplanten Entspannungsferien buchen!

Doppelt schwanger bedeutet nicht gleich doppeltes Risiko. Sie müssen sich jedoch während einer Zwillingsschwangerschaft mehr schonen als bei einer Einlingsschwangerschaft. Legen Sie sich jetzt schon einige Bücher und Podcasts zurecht und bitten Sie Ihren Partner, das Sofa im Wohnzimmer, den Sessel im Wintergarten und die Liege auf der Terrasse für Sie praktisch zu positionieren.

Nehmen Sie Bewegung ein einziges Mal in Ihrem Leben nicht so wichtig. In den ersten drei Monaten – wenn Ihnen dies die Übelkeit nicht verunmöglicht – ist es eine gute Idee, sanften Sport zu betreiben, wie Schwimmen, Spazierengehen, Schwangerschaftsyoga und Pilates. Oder Bauchtanz (Lesen Sie dazu auch unseren Blogbeitrag Sport in der Schwangerschaft: Was geht, was nicht?). Danach ist es jedoch wichtiger, auf Ihren Körper zu hören und Ihre Füsse hochzulegen. Buchen Sie die lang geplanten Entspannungsferien in den Bergen, am See oder im benachbarten Ausland. Und nehmen Sie den Rat Ihres Arztes ernst: Schonen bitte!

3. Frühgeburten sind häufig – sprechen Sie mit Ihrem Arzt

Bei Zwillingen kommt es häufiger zu einer Frühgeburt ab der 30. Woche. Durchschnittlich dauert eine Schwangerschaft dann 36 bis 37 Wochen anstelle von 40 Wochen. Je länger das Baby im Bauch heranwachsen kann, umso weniger Komplikationen können auftreten. Beachten Sie daher Punkt 2: Je weniger Stress Sie als Mami ausgesetzt sind, umso kleiner das Risiko für eine Frühgeburt. Und: ein guter Gynäkologe hilft hier gerne weiter. Besprechen Sie also das Thema mit Ihrem Gynäkologen oder Ihrer Gynäkologin und wenden Sie keine Alternativmethoden ohne Rücksprache mit ihm/ihr an. Zudem sollten Sie Ihre Tasche für den Klinikaufenthalt schon einige Wochen vor dem Geburtstermin vorbereiten.

4. Lange Wachstumsphase der Babys

Ihre Babys (und folglich auch Ihr Körper) werden bis zur 28. Schwangerschaftswoche die Grösse eines Einlingsbabys haben. Viele Schwangere seufzen nun und fühlen sich riesig. Da müssen Sie nun durch: Ihre Zwillinge werden nun noch für einige Wochen weiter wachsen.

5. Zwei Plazentas für zwei Babys

Die Plazenta ist für die Versorgung des Babys mit Nährstoffen sowie Sauerstoff aus dem Stoffwechsel des Mamis verantwortlich. Wenn bei Zwillingen jedes Baby seine eigene Plazenta hat, kommt es in der Regel zu weniger Schwierigkeiten. Bei eineiigen Zwillingen kann es vorkommen, dass sie sich eine Plazenta teilen müssen. Und das kann zur Komplikation folgender Arten führen:

Wenn ein Zwilling aufgrund falsch verbundener Blutgefässe mehr Blut als der andere erhält, spricht man von einem Zwillingstransfusionssyndrom. Es kommt zu einem unausgewogenen Blutaustausch zwischen den Kleinen und dies führt zur Unterversorgung. Ein medizinischer Eingriff ist dann erforderlich. Ihr Gynäkologe würde ein solches Zwillingstransfusionssyndrom bei einem Untersuch zwischen der 17. und 25. Schwangerschaftswoche feststellen.

6. Vorgeburtliche Lungenreifung

Aufgrund des höheren Frühgeburtsrisikos kann Ihnen Ihr Gynäkologe Steroide spritzen, um die Lungenreifung zu aktivieren. Dies kann um die 28. Schwangerschaftswoche geschehen. Durch die Lungenreifungsinduktion, wie der Fachausdruck lautet, wird mit Steroiden die Entwicklung der Lungenfunktion der Babys vorsorglich gefördert, damit im Falle einer Frühgeburt weniger Atemsyndrome auftreten (Lungen funktionell noch zu wenig ausgereift), was bei Frühgeburten ein Problem darstellen kann.

7. Vitamine und Mineralien für Sie und die Zwillinge

Den beiden Knirpsen geht es gut, wenn sie das bekommen, was auch das Mami braucht. Daher werden Sie die doppelte Menge an Schwangerschafts-Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen und zusätzlich Eisen zuführen müssen. Sollten Sie nach der Schwangerschaft stillen, wird Ihnen Ihr Gynäkologe weiterhin Schwangerschafts-Nahrungsergänzungsmittel verschreiben.

Zu guter Letzt: Sie sind schwanger! Das ist ein tolles Erlebnis! Lassen Sie sich nicht von allzu vielen gut gemeinten Ratschlägen verunsichern, hören Sie auf Ihr Inneres und fragen Sie bei Unsicherheiten Ihren Gynäkologen. Versuchen Sie, Ihre Zwillingsschwangerschaft zu geniessen. Der Entwicklungsprozess von zwei (oder sogar mehr!) Babys ist fantastisch. Von dem Gefühl, die Bewegungen der Babys in Ihrem Bauch zu spüren (normalerweise nach ca. 18 Wochen) bis zu den unglaublichen Ultraschallbildern, auf denen man zusehen kann, wie sich die zwei kleinen Punkte zu echten Menschlein entwickeln, ist es eine phänomenale und wunderbare Erfahrung!

*1517 Geburten in der Schweiz, 2014, laut BfS.

 

Autor: Dr. med. Reto Stoffel ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, speziell Operative Gynäkologie und Geburtshilfe, und Spezialist für Senologie / Brustmedizin. Er war als Belegarzt an der Klinik Im Park in Zürich tätig, bevor er 2019 in den Ruhestand trat.