Kinder von Müttern mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, später selbst an Diabetes zu erkranken. Durch Stillen kann dieses Risiko gesenkt werden. Optimal ist die Gabe von Milch, die bereits vor der Geburt gewonnen wurde, das sogenannte Kolostrum. Auch Babys von Frauen ohne Diabetes profitieren von diesem Immun-Cocktail.

Rund 150 000 Frauen in der Schweiz leiden unter Diabetes. Hinzu kommen immer mehr werdende Mütter mit Schwangerschaftsdiabetes. Fünf bis zehn Prozent aller Schwangeren sind nach Angaben des Fachverbands Diabetes Schweiz mittlerweile davon betroffen. «Die Zahl ist stetig steigend», sagt Nina Kobler, Pflegefachfrau und Stillberaterin an der Klinik Stephanshorn in St.Gallen. «Wir haben wöchentlich Frauen mit einem Gestationsdiabetes.»

Die Symptome sind meist unspezifisch. Unerkannt und nicht behandelt kann Schwangerschaftsdiabetes jedoch für Mutter und Kind gefährlich werden. Die Babys dieser Mütter haben nicht nur ein erhöhtes Risiko, später selbst an Diabetes zu erkranken, sondern leiden häufig bereits unmittelbar nach der Geburt an einer Unterzuckerung. Um das abzufangen, wird diesen Neugeborenen innerhalb der ersten Lebensstunde Nahrung gegeben. Auch danach müssen die Babys alle drei bis vier Stunden gefüttert und ihr Blutzucker überprüft werden.

Alle Babys profitieren von Kolostrum

Im besten Fall wird keine Pulvermilch, sondern das sogenannte Kolostrum (Vormilch) gefüttert. «Kolostrum ist in seiner Zusammensetzung einmalig», sagt Nina Kobler. Die Vormilch stabilisiert nicht nur den Blutzucker, sondern ist auch die optimale Ernährung für den kindlichen Darm und vermindert das Allergierisiko. Ausserdem enthält es besonders viele lebenswichtige Antikörper (Immunglobuline), die für die Immunabwehr der Babys wichtig sind.

Allerdings braucht es für die Kolostrumgewinnung eine gewisse Anleitung. Im Idealfall kommen die Schwangeren in der 36. Schwangerschaftswoche zu einer Stillberatung. Insgesamt werden drei ambulante Termine von der Grundversicherung übernommen, sagt Nina Kobler. «Wir üben dann gemeinsam die Brustvorbereitung, Massage und die Gewinnung der Muttermilch. Ausserdem erhalten die Frauen sowohl das Material zum Aufbewahren der Muttermilch als auch eine schriftliche Anleitung für zu Hause.» Ab der 37. Schwangerschaftswoche geht es dann zu Hause mit der Kolostrumgewinnung los. Die tiefgefrorene Milch nehmen die Schwangeren dann mit zur Geburt.

Ein bisschen Geduld braucht es schon, um das Handling zu erlernen, sagt Nina Kobler. «Manchmal sind es nur einige Tropfen, die sich gewinnen lassen, aber auch diese sind sehr wertvoll.» Die Mühe lohne sich auf jeden Fall. Zumal im Grunde alle Babys von Kolostrum profitieren würden und nicht nur die Kinder von Frauen mit Diabetes. Denn viele Kinder seien in der ersten Lebensstunde noch nicht bereit zum Stillen. Um zu vermeiden, dass sie bereits kurz nach der Geburt Pulvermilch erhalten, sei vorgeburtlich gewonnenes Kolostrum ideal. Die Stillförderung Schweiz empfiehlt die Kolostrumgewinnung auch bei Mehrlingsgeburten oder wenn nach einer vorhergegangenen Geburt Schwierigkeiten bei der Milchbildung aufgetreten sind. Manche Frauen finden es auch einfach beruhigend, bei der Geburt schon etwas Kolostrum oder Muttermilch in der Hinterhand zu haben, sagt Nina Kobler. «Ausserdem können Frauen, die bereits in der Schwangerschaft Muttermilch gewonnen haben, nach der Geburt die Milchmenge schneller steigern.» Vor allem Frauen mit einem Diabetes hätten oft Mühe, eine gute Milchmenge zu erreichen, so die Stillberaterin. «Kolostrum ist für jedes Baby ein Gewinn. Jeder Tropfen ist Gold wert.»

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