Die Weltstillwoche findet in der Schweiz jedes Jahr Mitte September statt. Ziel dieser internationalen Kampagne ist es, die Bevölkerung für das Stillen zu sensibilisieren. Das Motto für 2019 lautet „Eltern unterstützen, Stillen erleichtern“. Damit steht die Bedeutung des sozialen und arbeitsrechtlichen Schutzes für Eltern im Zentrum. Dieser Beitrag beleuchtet die Rechte von Müttern in der Stillzeit und informiert, wie das Weiterstillen nach dem beruflichen Wiedereinstieg gelingt.

Die gesetzlichen Bestimmungen in der Schweiz unterstützen die Forderung, erwerbstätigen Müttern das Stillen auch nach dem Mutterschaftsurlaub zu ermöglichen. Hintergrund ist der allgemein anerkannte Nutzen von Stillen und dessen Förderung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Schweizer Kinderärzte empfehlen, Babys während den ersten 4–6 Monaten ausschliesslich mit Muttermilch zu ernähren.

Stillzeit als bezahlte Arbeitszeit

Mütter haben das Recht, ihr Kind während der Arbeitszeit zu stillen bzw. haben ein Anrecht auf die erforderliche Zeit, um Milch abzupumpen. Dies ist seit 2014 im schweizerische Arbeitsgesetz* verankert. Die Stillpausen gelten im ersten Lebensjahr des Kindes als bezahlte Arbeitszeit. Deren Länge ist abhängig von der täglichen Arbeitszeit:

  • Tägliche Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten Stillpause
  • Täglichen Arbeitszeit zwischen 4 und 7 Stunden: mindestens 60 Minuten Stillpause
  • Täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten Stillpause

*Ausnahmen: Vom Arbeitsgesetzt ausgenommen sind Angestellte der öffentlichen Verwaltung (hier gelten ähnliche oder gleiche Regeln) sowie Arbeitnehmerinnen in leitender Funktion.

Wissenswert sind auch folgende Punkte:

  • Mütter haben das Recht, die Stillpausen verteilt oder am Stück zu beziehen.
  • Bei den gewährten Stillpausen handelt es sich um Mindestzeiten. Stillende Mütter können also auch länger von der Arbeit fern bleiben (diese zusätzliche Zeit gilt nicht als Arbeitszeit, ausser es besteht eine anderslautende Abmachung mit dem Arbeitgeber).
  • Stillpausen dürfen nach den Bedürfnissen des Kindes bezogen werden.
  • Die Stillzeit ist bezahlte Arbeitszeit, unabhängig vom Ort, wo gestillt wird. Demnach können Mütter den Betrieb zum Stillen verlassen.
  • Die für das Stillen benötigte Zeit darf weder vor- noch nachgeholt werden. Ein Abzug von anderen Ruhezeiten, wie z.B. Ferientagen, ist ebenfalls unzulässig.
  • Stillt eine Mutter ihr Kind länger als ein Jahr, ist die Arbeitgeberin nur noch verpflichtet, die nötige Zeit zum Stillen freizugeben. Diese wird jedoch nicht mehr als bezahlte Arbeitszeit angerechnet.
  • Der Arbeitgeber muss einen geeigneten, d.h. separaten, ruhigen Raum zur Verfügung stellen. Dieser sollte mit einem bequemen Stuhl ausgestattet sein und die Möglichkeit bieten, die abgepumpte Milch kühl zu lagern.

Familie und Beruf in der Stillzeit vereinbaren

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Stillzeit sicherzustellen, ist die Unterstützung der Mutter durch die Arbeitgeberin zentral. Ebenso sind gegenseitiges Verständnis und Flexibilität essenziell. Unternehmen haben zunehmend Interesse daran, als familienfreundliche Arbeitgeber zu gelten. Schliesslich profitieren auch sie von positiven Effekten, wie etwa einer erhöhten Arbeitgeberattraktivität, Zufriedenheit und Motivation ihrer Arbeitnehmenden.

Im ersten Lebensjahr entwickelt sich ein Baby vom Neugeborenen zum Kleinkind. Für Eltern stellen die ersten 12 Monate eine besondere und zugleich intensive Phase dar. Den Spagat zwischen Familie und Arbeit zu schaffen, ist eine Herausforderung. Für einen gelungenen Wiedereinstieg nach dem Mutterschaftsurlaub gilt: „Gut vorbereitet ist halb gewonnen“. In erster Linie heisst das, sich frühzeitig vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz mit dem/r Vorgesetzten zum Thema Stillen abzusprechen. Empfehlenswert ist, v.a. Ort und Zeiten zu klären, wobei es sich gleichzeitig anbietet, damit zusammenhängende offene Punkte beider Seiten zu diskutieren, z.B. organisatorische Fragen. Wenn auch die Arbeitskolleginnen und -kollegen informiert sind, fördert das die Akzeptanz. Ein Erfahrungsaustausch mit anderen arbeitenden und stillenden Müttern kann ebenfalls wertvoll sein.

Im Sinne des Mottos der diesjährigen Weltstillwoche: Wir alle können Eltern unterstützen und einen Beitrag leisten, das Stillen zu erleichtern.

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Weitere interessante Informationen und Tipps zum Stillen:

Blogbeiträge unserer Hebamme Anna-Tina Weber-Tramèr:
Stillen – Wissenswertes über eine natürliche, und manchmal doch schwierige Sache
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

Praktische Tipps in der Stillzeit

Stillförderung Schweiz: Informationen zum Thema „Stillen und Arbeit

Erfahrungsaustausch zwischen Müttern: La Leche League Schweiz (LLL)