Etwa jeder vierte Mensch erleidet im Laufe seines Lebens Vorhofflimmern. Doch diese Form der Herzrhythmusstörung ist therapierbar. Oft ist ein unbeschwertes Leben wie zuvor möglich. Der Kardiologe PD Dr. Sven Reek von der Hirslanden Klinik Aarau ist spezialisiert auf Rhythmologie. Dem Patienten Hansjörg Brücker verhalf er mit drei Katheterablationen wieder zurück zu alter Gesundheit.

Dass Herzrhythmusstörungen eine Erkrankung des Herzens sind, trifft die Sache nicht ganz: «Der Motor selbst ist meistens topfit, nur die Zündung funktioniert nicht richtig», erklärt PD Dr. med. Sven Reek, Kardiologe an der Hirslanden Klinik Aarau, das Phänomen.

Herzrhythmusstörungen treten auf, wenn im Herzmuskelgewebe unregelmässige elektrische Impulse gegeben werden und diese das Herz aus dem Takt bringen. Manche Formen dieser Erkrankung sind verhältnismässig harmlos. So werden viele ‚Fehlzündungen‘ in Vorhof oder Herzkammer – Extrasystolen genannt – oft gar nicht wahrgenommen. Andere Herzrhythmusstörungen wie etwa das Kammerflimmern sind lebensgefährlich: Hierbei treten in der Hauptkammer mehr als 400 Schläge pro Minute auf. Das Herz zuckt nur noch, ohne Blut zu pumpen – nur Notfallmassnahmen wie Defibrillator, Herzmassage und Reanimation bewahren vor dem sofortigen Tod.

Vorhofflimmern ist nicht nur eine Wohlstandskrankheit

Zu den verbreitetsten Formen der Herzrhythmusstörungen gehört das Vorhofflimmern. «Etwa jeden Vierten ereilt diese Erkrankung im Laufe seines Lebens», weiss PD Dr. Reek. Die Risikofaktoren sind hinlänglich bekannt: fortschreitendes Alter, männliches Geschlecht, dazu Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck. «Vorhofflimmern ist eine klassische Wohlstandserkrankung», so der Kardiologe.

Doch Studien aus den vergangenen Jahren haben auch eine zweite Risikogruppe ausgemacht: den Leistungssportler. Wer Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren, Rudern oder Skilanglauf (semi)professionell ausübt, ist stärker gefährdet, an Vorhofflimmern zu erkranken, als weniger aktive Menschen im gleichen Alter. PD Dr. Reek lenkt hier allerdings ein: «Zwar ist das sogenannte Sportler-Herz gefährdeter als das Herz eines normal sportlichen Menschen. Allerdings kann das kein Aufruf zur Inaktivität sein. Insgesamt stärkt Sport die Gesundheit viel mehr, als dass er sie belastet.»

Verdächtige Abweichungen im Elektrokardiogramm (EKG)

Beim Vorhofflimmern sorgen ungeordnete elektrische Impulse in den Vorhöfen für mehr als 300 Vorhoferregungen pro Minute. Das Ergebnis: Das Herz funktioniert nicht mehr richtig, die Herzleistung sinkt.

So erging es auch Hansjörg Brücker, den das Vorhofflimmern erstmals im Jahr 2000 mitten beim Lauftraining ereilte. Der erste Weg führte über den Hausarzt zum Kardiologen. Zunächst wurden Hintergrundinformationen zum Patienten erfragt, vor allem, um herauszufinden, wann sich welche Beeinträchtigung wie äusserte. Im Anschluss an die Anamnese wurde eine körperliche Untersuchung durchgeführt und ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgenommen. Hierbei werden die elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern gemessen und als Herzspannungskurve abgebildet. Im Idealfall zeichnet die elektrische Spannungsmessung am Herz ein wiederkehrendes Bild. Abweichungen hingegen deuten auf Herzrhythmusstörungen hin.

Vorhofflimmern schwer zu ermitteln

Doch so verlässlich diese Untersuchungsmethode scheint, ist sie nicht in jeden Fall: Denn Herzrhythmusstörungen treten nicht immer dauerhaft, sondern eher sporadisch auf. Selbst mit einem Langzeit-EKG, das mehrere Tage jeden Impuls in den Herzmuskelfasern misst, lässt sich etwa ein Vorhofflimmern nicht immer verlässlich erkennen. Das Mittel der Wahl ist dann ein EKG-Gerät, das nicht unmittelbar am Körper getragen, sondern über einen längeren Zeitraum beispielsweise in der Tasche mitgeführt wird. Mit diesem Gerät kann der Patient ein EKG registrieren, wenn Unregelmässigkeiten auftreten.

Allerdings können auch andere Erkrankungen dafür sorgen, dass das Herz aus dem Takt gerät. Deshalb gilt es abzuklären, dass tatsächlich nur eine Herzrhythmusstörung vorliegt. Durch ein Belastungs-EKG kann beispielsweise eine Durchblutungsstörung als Ursache ausgeschlossen werden. Mit Blutuntersuchungen im Labor können Stoffwechselerkrankungen identifiziert werden. Und durch eine Ultraschall-Untersuchung werden andere Erkrankungen wie die Folgen von Bluthochdruck oder eine angeborene Herzschwäche ausfindig gemacht.

Dauerhafte Heilung durch Katheterablation

All diese Untersuchungen wurden auch bei Hansjörg Brücker durchgeführt, wodurch die Diagnose abgesichert werden konnte: Der Leistungssportler litt an Vorhofflimmern.

Um dieses zu therapieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Sind die Beschwerden gering, bietet sich eine medikamentöse Behandlung zur Regulierung der Herzfrequenz an. Sie zielt darauf ab, den durch das Vorhofflimmern meist zu schnellen Herzschlag auf eine Ruheherzfrequenz von 60 bis 80 Schlägen pro Minute anzupassen.

Bei einem symptomatischen Vorhofflimmern hingegen kommen Antiarhythmika zum Einsatz, die den Impulstakt am Herzen normalisieren und die Zahl an Vorhofflimmerepisoden reduzieren. Alternativ können die Orte im Vorhofgewebe, an denen die fehlerhaften Impulse gegeben werden, verödet werden. Dies geschieht im Rahmen einer Katheterablation.

Blutverdünner lebenswichtig

Doch egal, ob geringe oder schwere Einschränkungen durch das Vorhofflimmern ausgelöst werden: In jedem Fall stellt sich die Frage nach der Gabe von Blutverdünnern, da sich bei dieser Form der Herzrhythmusstörungen vermehrt Blutgerinnsel bilden können – die wiederum das Risiko eines Schlaganfalls steigern.

«Um diese Entscheidung zu treffen, gibt es einen Risiko-Score», erklärt PD Dr. Reek. «Da finden sich begünstigende Faktoren aufgeführt wie Diabetes, Bluthochdruck und hohes Alter – bei Herrn Brücker aber gab es all diese Risiken nicht. Das war ein junger, fitter Mensch. Also war kein Blutverdünner nötig.»

Verödung der störenden Impulsgeber

Für gewöhnlich tun sich Leistungssportler wie Herr Brücker schwer mit einer medikamentösen Therapie, da trotz Antiarrhythmika ihre körperliche Leistungsfähigkeit herabgesetzt bleiben kann. Doch auch weil die Medikamente keine dauerhafte Besserung brachten, entschied sich Herr Brücker für eine Katheterablation.

Hierbei werden flexible Katheter über die Leistenvenen an das Herz herangeführt. Mit Hochfrequenzstrom werden über die Katheterspitzen millimetergenau einzelne impulsgebende Muskelfasern erhitzt und verödet. Dadurch verlieren sie ihre Leitfähigkeit und können keine störenden Erregungen mehr auslösen.

Keine Dauertherapie notwendig dank Katheterablation

Die Katheterablation hat viele Vorteile. Zum einen handelt es sich um einen verhältnismässig schmerzarmen Eingriff, der ohne Narkose durchgeführt werden kann. Zum anderen sind die Erfolgsaussichten sehr gut: Mehr als 70 Prozent der behandelten Patienten sind bereits nach dem ersten Eingriff geheilt. Sie können auf eine medikamentöse Dauertherapie verzichten: Das Wiederauftreten der Herzrhythmusstörung ist verhindert.

«Bei einem technisch guten Verlauf benötigen nur etwa 25 Prozent aller Patienten einen zweiten Katheter-Eingriff», weiss PD Dr. Reek aus Erfahrung. Damit ist es dann in der Regel getan, doch Herr Brücker erwies sich in diesem Fall als Ausnahme: Nach den ersten Ablationen in den Jahren 2007 und 2009 stellte sich das Vorhofflimmern erneut ein.

Sonderfälle kommen vor, wenn auch selten

«Es ist möglich, dass eine Katheterablation nicht sofort zu dem gewünschten Ergebnis führt», erklärt der Kardiologe. «Beispielsweise kann das verödete Gewebe teilweise regenerieren und wieder fehlzünden. Oder es kommt erst gar nicht zu der gewünschten Narbenbildung, sodass die fehlerhafte Leitung nach wie vor besteht.»

Dass allerdings ein dritter Eingriff nötig wird wie im Fall von Herrn Brücker, bezeichnet der Experte als «extrem selten» und alles andere als gewöhnlich.

Der dritte und letzte Eingriff wurde im Frühjahr 2013 vorgenommen. Nach dieser Katheterablation stellte sich – anders als nach den vorangegangenen Operationen – kein weiteres Vorhofflimmern ein. Eine medikamentöse Nachbehandlung war nicht notwendig. Stattdessen folgten Nachuntersuchungen, um die Wirkung der Therapie abzusichern. Im Sommer 2015 konnte PD Dr. Reek Herrn Brücker als geheilt aus der Nachbetreuung entlassen. Nun stehen lediglich Routinekontrollen alle drei Jahre an. «Über die Zeit sind wir menschlich sehr eng zusammengewachsen. Herrn Brücker ist sein Sport extrem wichtig und mich macht es froh, dass er nach der Behandlung wieder alles machen kann, was er will», bestätigt der Mediziner. «Bei aller fachlichen Professionalität: Wenn die Chemie stimmt, dann leidet man als Arzt mit dem Patienten mit – und freut sich natürlich auch, wenn es gut geht.»

 

Weitere Informationen:

In folgenden Blogbeiträgen erfahren Sie, wie der Patient Hansjörg Brücker seine Krankheit erlebt hat und was ein Physiotherapeut zum Thema sagt:

Weitere Hintergrund- und fachliche Informationen unter: www.hirslanden.ch/herzrhythmusstoerungen