Sechs Wochen nach der Geburt. Das sogenannte Wochenbett ist laut Definition beendet und Ihr Neugeborenes ist nun offiziell ein Säugling. Es durchlebt enorme Entwicklungsschritte und erlebt seine Welt immer wieder neu. Dadurch kann es regelmässig schlaflose Nächte und grosse Unruhe im Alltag geben. Die Tage scheinen dann wie im Flug zu vergehen und zu nichts reicht die Zeit aus. Wo sind die 24 Stunden vom Tag bloss geblieben? Und welche Tipps könnten den Baby-Alltag erleichtern?

Nachfolgend einige Gedanken und Tipps von mir, einerseits als Fachfrau, aber auch als frisch gebackene Mutter selber getestet.

Neuer Tages- und Nachtablauf

24-Stunden-Job oder (Mutterschafts-) Urlaub? Wann ist Feierabend?

Sobald Väter wieder arbeiten gehen, ergeben sich wieder ganz neue Herausforderungen, vor allem am Abend, wenn alle müde vom Tag sind. Die Arbeit fordert die Männer, der Haushalt und Kinderbetreuung die Frauen. Wenn Ihr Partner am Abend nach Hause kommt, erwarten Sie nicht von ihm, dass er Ihnen voller Energie das Kind abnimmt. Die gegenseitige Wertschätzung ist nun sehr wichtig und der ehrliche, regelmässige Austausch essenziell.

Besprechen Sie die Babybetreuung, vor allem am Abend und in der Nacht. Brauchen Sie Unterstützung in der Nacht vom Partner oder können Sie am Tag nachschlafen? Könnte er einen tieferen Beschäftigungsgrad in Betracht ziehen? Wie lösen Sie es nach dem Mutterschaftsurlaub? Ein Schichtsystem kann bei intensiven Nächten hilfreich sein. Oder Sie machen Zeitinseln ab, in denen Sie Zeit für sich oder für Kurse haben. Für eine Beziehung ist ein Baby immer wieder herausfordernd. Jedoch werden auch entspanntere Zeiten kommen, in denen Sie Ihre Energie wieder mehr darin investieren können.

Sind Rituale veraltet?

Im Gegenteil. Auch in der heutigen Fachliteratur werden Rituale nach wie vor empfohlen. Das Gehirn des Neugeborenen ist zwar noch nicht fähig, einen festen Tagesrhythmus zu verstehen, jedoch geben dem Kind bereits im frühen Alter Rituale ein gewisses Sicherheitsgefühl. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:

  • Welches Einschlaflied liebten Sie als Kind?
  • Wo ist es Ihnen am bequemsten zum Stillen?
  • Welche Kinder-Reime machen Mutter und Kind auch nach dem tausendsten Mal noch Spass?

Auch Struktur im Tagesablauf kann für einige Frauen entlastend sein. Suchen Sie diese Struktur, aber nur solange sie Sie nicht blockiert und einengt. Mit einem Baby werden Sie immer wieder zu Flexibilität und Spontanität gezwungen sein. Versuchen Sie, dies als spannende Abwechslung zu betrachten.

Ein guter Tag ist, wenn Sie Zeit zum Duschen finden. Und wenn nicht?

Hat Ihr Kind ein Gespür für das Timing und lässt Sie nicht in Ruhe duschen? Wenn Sie gerne unter der Dusche singen, ist dies nun offiziell erlaubt. Ihr Kind stören die Misstöne nicht, im Gegenteil, es merkt so, dass Sie noch da sind. Am einfachsten ist es, wenn Sie das Baby auf den Badezimmer Boden legen. Das Wassergeräusch, die Wärme und die Nähe zu Ihnen beruhigen es. Spass macht es auch, gemeinsam zu duschen. So lernt Ihr Baby auch, mit Wasser von oben umzugehen. Vielleicht haben Sie so später ein weniger wasserscheues Kind.

Kleiderschrank und Fitness

Können Sie nur noch Still-Shirts für die nächsten Monate tragen?

Nach der Schwangerschaft freuen sich viele, ihre Lieblingskleider wieder aus dem Kleiderschrank zu holen. Doch vieles eignet sich überhaupt nicht zum Stillen. Damit Sie nicht nur immer dieselben Still-T-Shirts anziehen können, eignet sich auch ein Bauchband aus der Schwangerschaft. Lieblings-Shirt hochziehen und trotzdem nicht bauchfrei sein. Eine Klammer kann bei Bedarf auch helfen, dass es nicht runterrutscht.

Sind die Lieblingshosen zu eng?

Die Schwangerschaft dauerte 9 Monate. Sie können von Ihrem Körper also nicht erwarten, sofort wieder in Topform zu sein. Unbedingt zu empfehlen sind jedoch die Rückbildungskurse für den geschwächten Beckenboden. Dabei können auch schon mal paar Kilos purzeln.

Finden Sie zuhause keine Zeit für die Übungen der Rückbildungskurse?

Wenn Sie Ihr Kind viel herumtragen müssen, gehen Sie am besten auf Zehenspitzen. Aktivieren Sie dabei immer wieder aktiv den Beckenboden und ziehen Sie den Bauchnabel Richtung Wirbelsäule. Wenn Sie lange auf den Bus warten müssen, wippen Sie langsam hoch und runter mit den Füssen. Viele Übungen lassen sich auch spielerisch mit dem Kind auf einer Gymnastikmatte machen.

Zeit, sich etwas Gutes zu tun

Liegt Ihr Kind gerne stundenlang auf dem Wickeltisch?

Nutzen Sie diese Zufriedenheit, um Ihren Füssen etwas Gutes zu tun. Setzen Sie einen Fuss auf einen genoppten Ball und massieren Sie so kreisend die müden Fersen und Ballen. Währenddessen kann das Baby wieder mal ohne Windeln strampeln und Luft kann an die Haut. Dies ist die beste Vorbeugung gegen Rötungen beim Gesäss.

Wer hat schon Zeit für die Fusspflege?

Auch ohne Kind kommen die Füsse meistens zu kurz. Lagern Sie eine Creme bei den Socken und benützen Sie sie vor dem Anziehen. So bleibt die Haut weich und Sie vermeiden zeitaufwändiges Hornhaut entfernen.

Haben Sie eine(n) oberflächliche(n) Schläfer/-in?

Ein guter Grund, das Staubsaugen und Geschirrspüler-Ausräumen auf später zu verschieben. Endlich haben Sie Zeit, die tausend Babyfotos auszusortieren. Auch Pedicure und verschmähtes Zahnseiden sind geräuscharm und nötig. Wenn Ihr Kind immer wieder aus dem Schlaf aufschreckt, können Sie ein gebrauchtes T-Shirt von Ihnen zum Zudecken oder Einpucken benützen. Der wohlvertraute Geruch beruhigt Ihr Kind.

Finden Sie kaum Zeit, um genügend zu essen und trinken?

Wenn Sie stillen, benötigen Sie genügend Energie- und Flüssigkeitszufuhr für eine ausreichende Milchmenge. Deponieren Sie an Ihren Still-Orten leckere Snackboxen mit Nüssen, getrockneten Früchten und Riegeln. Kaufen Sie schöne Flaschen und stellen diese in jedem Raum in Ihrer Wohnung, so dass Sie genügend Wasser trinken. Gerade wenn Ihr Kind Wachstumsschübe durchläuft, wird es mehr Hunger haben. Wenn Sie Stilltees nicht mehr mögen, dann mischen Sie milchanregende Gewürze in Ihr Essen. Fenchel, Anis, Kreuzkümmel und Bockshornklee-Samen eignen sich wunderbar für schmackhafte orientalische Gerichte oder für einen Braten. Wenn Sie Bier mögen, dann machen Sie sich auf die Suche nach gutem alkoholfreiem Bier. Es gibt mehr, als Sie denken.

Stilldemenz und schlechte Laune

Leiden Sie unter der bekannten Stilldemenz?

Nach der Schwangerschaft wird es bei vielen Frauen nicht besser mit dem Erinnerungsvermögen. In der rasanten Entwicklung Ihres Babys werden Sie unzählige spezielle Erlebnisse geniessen. Und wieder vergessen. Wenn Sie keine Zeit finden, sie in einem schönen Tagebuch zu notieren, könnte eine Notiz in der Agenda Abhilfe schaffen. Es werden wieder ruhigere Zeiten kommen, in denen Sie die Erlebnisse genauer notieren können.

Haben Sie einen Schlechte-Laune-Tag?

Gerade wenn das Kind viel weint und Sie sehr beansprucht, kann Ihre Laune darunter leiden. Frische Luft ist die beste Abhilfe dagegen. Schon ein paar Schritte auf dem Balkon können den Bann in einem Schreianfall brechen. Oder Musik. Am besten den Lieblingssong aufdrehen und mit dem Kind dazu durch die Wohnung tanzen. Viele Eltern berichten auch vom beruhigenden Effekt des Dampfabzugs. Dies eignet sich vor allem zum ungestörten Kochen. Eine Mutter erzählte mir auch, dass sie ihr Kind beim Kochen in das Spülbecken setzte. Alles im Überblick sei ihre Tochter dort am glücklichsten gewesen.

Schleppen, Tragen und Wäscheberge

Haben Sie zu viel zu schleppen?

Gerade Mütter, die Ihr Kind tragen, sind mit dem Einkauf überladen. Lassen Sie sich Schweres nach Hause liefern. Viele Lebensmittel-Läden bieten dies zu einem tiefen Preis an. Oder lassen Sie sich saisonales und regionales Obst durch ein Gemüsekorb-Abo liefern.

Haben Sie ein ausgeprägtes Tragekind?

Abgelegt werden und sich selber beschäftigen ist für viele Kinder nur eine kurzzeitige Unterhaltung und sie fühlen sich am geborgensten bei der Mutter getragen. Für Ihr Kind ist es am spannendsten, wenn es die Welt so erblicken kann, wie Sie sie erleben. Ab einem gewissen Gewicht und einer Zeitdauer ist es aber sehr ermüdend, ein Kind zu tragen. Bei einigen Verrichtungen ist das Kind auch blockierend. Besser eignet sich dann das Rückentragen. Es bietet viel mehr Freiheiten und ist für den Rücken und Beckenboden entlastend.

Haben Sie plötzlich bergeweise Wäsche?

Ihr kleines Menschlein kann Ihren Waschplan ziemlich durcheinanderbringen. Vieles müssten Sie aber nicht gleich in die Waschmaschine tun. Ein bisschen Milchspucke oder paar Tropfen Urin lässt sich mit wenig Handspülmittel schnell reinigen. Gegen gelbe Milchstuhlgang-Flecken eignet sich eine Gallenseife.

Langeweile?

Möchten Sie schon lange ein Instrument spielen?

Zum ernsthaften Lernen ist es vielleicht nicht der geeignete Zeitpunkt. Aber auch einzelne Töne haben einen unterhaltenden Effekt auf die Kinder.

Ist Ihnen beim Spaziergang langweilig?

Erstellen Sie eine WhatsApp-Gruppe von Eltern mit gleichaltrigen Kindern. Viele sind auch spontan für ein paar Schritte und einen Austausch zu haben. Die soziale Isolation ist bei vielen Müttern leider eine belastende Tatsache. Wenn Sie im Freundeskreis keine Gleichgesinnten haben, finden Sie vor allem in Kursen viele Leute, welche dieselben Babythemen interessieren. Hüten Sie sich aber vor dem Vergleichen der Kinder, manchmal macht dies unzufriedener, als man zuvor war. Oder Sie laden sich für den Spaziergang unterhaltsame Hörbücher auf das Telefon herunter.

Ist Ihnen beim Stillen langweilig?

Wenn sich das Stillen eingependelt hat, braucht das Kind kaum noch Unterstützung dabei. Viele Mütter geniessen einfach das Nichtstun oder das Baby zu bestaunen. Gerade aber mit einem gemütlichen Esser verbringen Sie sehr viele Stunden mit dem Stillen. Bei vielen steigert dies den Handykonsum enorm. Wenn Sie dies aus diversen Gründen nicht möchten, eignet sich genauso gut ein spannendes Buch. Sie können Ihrem Kind auch vorlesen. Ihr Kind hört nichts lieber als Ihre Stimme, der Inhalt ist dabei einerlei.

Ist Ihnen grundsätzlich langweilig?

Es mag für einige schwierig nachvollziehbar sein, doch es gibt immer wieder Frauen, denen das Muttersein mit den Wochen zu monoton wird. Wenn Sie also zu viel Zeit haben, versuchen Sie etwas Neues. Wenn Sie gerne kochen, dann ist es der richtige Zeitpunkt, die verstaubten Kochbücher durchzustöbern. Oder üben Sie sich im Brotbacken, das Kneten stärkt den Bizeps. Welche Stadt in der Nähe wollten Sie schon immer einmal erkunden? Oder sortieren Sie Ihren Kleiderschrank neu und nähen ungetragene Lieblingsstücke zu Babykleidern um.

Ob Sie zu den gestressten oder gelangweilten Müttern gehören, der Alltag mit einem Baby ist anders als bisher. Und manchmal anders als erwartet. Alltagshelfer können das Leben mit einem Baby erleichtern. Schlussendlich braucht es aber vor allem Fantasie, Geduld und Humor, um durch den Tag zu kommen. Das Lachen und die gewaltigen Fortschritte Ihres Kindes werden der Dank für Ihren Aufwand sein. Die ersten Monate werden vielleicht die anstrengendsten, jedoch auch die intensivsten für alle sein. Versuchen Sie, immer wieder Zeit zu finden, kurz im Trubel des Alltags anzuhalten. Um einen tiefen Atemzug zu nehmen, reicht die Zeit immer.