4 Stunden nach Spitaleintritt wieder nachhause und dazwischen eine Knieoperation? Ist heute bereits in vielen Spitälern Alltag. Seit Januar 2019 gelten nämlich schweizweite Vorgaben, dass bestimmte medizinische Eingriffe nur noch ambulant, also ohne Übernachtung im Spital, durchgeführt werden dürfen. Was heisst das für die Patienten? Wie geht Hirslanden damit um? Und mit welchem Gefühl würde der neue Hirslanden-CEO Daniel Liedtke selber in eine solche ambulante Operation gehen? Die Antworten gibt er uns gleich selbst.

Hand aufs Herz: Stellen Sie sich vor, sie hätten eine ambulante Operation vor sich, die früher stationär erfolgte, zum Beispiel wegen einer Meniskusverletzung. Mit welchem Gefühl würden Sie so einer Behandlung entgegensehen?

Daniel Liedtke: Ich hätte durchaus ein bisschen Respekt davor. Nicht wegen der Operation an sich, sondern eher, wie gut ich mit der Situation unmittelbar nach der OP zurechtkomme, z.B. ob ich dazu zuhause mit meinen Kindern die Tage danach genug Ruhe finde.

Wie würde die Privatperson Daniel Liedtke mit diesen Bedenken umgehen?

Daniel Liedtke: Ich würde mich vor allem gut im Vorfeld informieren. Deshalb würde ich vom Anbieter erwarten, dass er umfassend darüber informiert, was mich erwartet und wie ich mich vorbereiten muss, zum Beispiel auf seiner Website. Wichtig sind sicher auch das Gespräch mit dem Arzt und wie mich die Klinik persönlich vor dem Eintritt schriftlich und mündlich informiert.

Welche Erwartungen hätten Sie sonst noch?

Daniel Liedtke: Als zusatzversicherte Person würde ich mir auch im ambulanten Bereich eine spezielle persönliche Betreuung wünschen. Und zwar nicht, weil ich besonders anspruchsvoll bin, sondern weil ich mit meinem Job einfach nur beschränkt Zeit habe. Das heisst, ich müsste den OP-Termin zum Beispiel auf Freitag legen können, damit ich am Montag wieder arbeiten kann. Auch möchte ich gerne einen sehr erfahrenen Arzt bzw. den Arzt meines Vertrauens selber wählen können.

Es gibt nur wenige einzelne spezielle Zusatzversicherungen für den ambulanten Bereich, die mir bekannt sind. Ambulante Zusatzversicherungsprodukte werden aber immer mehr zum Thema bei den Versicherungen. Also würde ich mich von meiner Versicherung beraten lassen, inwiefern ich auch für solche Eingriffe spezielle Leistungen beziehen kann, wie freie Arzt- und Terminwahl. Sollte dies vonseiten Versicherung nicht angeboten werden, würde ich für diese Mehrleistung auch selber zahlen.

Und nun wieder eine Frage an den CEO einer Privatklinikgruppe: Wieso muss sich der Patient bei einer solchen ambulanten Behandlung keine Sorgen machen, ob sie gleich sicher und erfolgreich ist wie eine stationäre?

Daniel Liedtke: Weil diese Eingriffe, die nun auch in der Schweiz per Definition ambulant erfolgen, schon tausend-, wenn nicht gar millionenfach im ambulanten Setting im Ausland erprobt wurden. Es sind also Eingriffe, bei denen dies aufgrund des medizinischen Fortschritts auch machbar ist und die Risiken entsprechend sehr klein sind. Und sollten die Risiken aus bestimmten Gründen (zum Beispiel bei einer Nebenerkrankung) dennoch grösser sein, gibt es sogenannte Ausnahmekriterien. Anhand dieser kann der Arzt entscheiden, die Behandlung dennoch stationär durchzuführen. Die ganze Risikoevaluation und die Erfahrung sind also so gut, dass diese Eingriffe selbstverständlich gut ambulant durchgeführt werden können.

Medizinische Qualität und Sicherheit sind das eine, subjektives Empfinden das andere. Haben Sie schon Erfahrungen, wie die Patienten damit umgehen?

Daniel Liedtke: Die Operation (OP) an sich ist vom Technischen her gesehen in aller Regel ja sehr ähnlich wie bei einem stationären Aufenthalt. Während der OP ist einzig die Narkoseart häufig etwas anders. Die grossen Unterschiede hingegen bestehen vor- und nachgelagert zur OP. Die Patienten verlassen die Klinik sehr schnell wieder, bei den meisten Patienten dauert der gesamte Aufenthalt weniger als 4 Stunden. Deshalb ist natürlich alles ziemlich durchgetaktet. Die Patienten melden uns, dass dies sehr gut organisiert ist und man so sehr speditiv durch die OP kommt. Viele Patienten schätzen dies sehr. Dann gibt es aber auch Patienten, die es gerne gemächlicher haben möchten. Solche Patienten buchen in der Regel eine Übernachtung.

Alles in allem haben wir ambulant im gleichen Ausmass sehr gute Feedbacks, wie wir sie im stationären Bereich haben. Entscheidend ist die persönliche Betreuung durch die Ärzte und die Pflege. Auf diese legen wir im ambulanten Bereich genau gleich viel Wert wie im stationären Bereich – nur dass sie im ambulanten Bereich deutlich kürzer und komprimierter ausfällt.

Was empfinden die Patienten als besonders ungewohnt? Was sind häufige Fragen?

Daniel Liedtke: Gemäss Rückmeldungen ist für viele Patienten das telefonische Anästhesiegespräch vor dem Eingriff eine ungewohnte Neuerung. Man sieht den Anästhesiearzt also erst am Tag der Operation in «echt». Schlussendlich schätzen es die meisten aber, da sie hierfür nicht extra in die Klinik kommen müssen. Weiter tauchen oft Fragen zum Transport in die Klinik und wieder nachhause auf. Hier helfen unsere Kliniken und OP-Zentren gerne mit Informationen oder der Organisation.

Bodymap mit Eingriffen, die nur ambulant vergütet werden

Eingriffe, die nur ambulant vergütet werden

Wie geht Hirslanden mit dieser Veränderung um?

Daniel Liedtke: Für uns ist klar: Wir stehen für eine ausgezeichnete Medizin, top Services, Effizienz und Menschlichkeit. Es ist unsere Pflicht, die sichere, wirksame und effiziente Medizin gemäss KVG (Krankenversicherungsgesetz) weiter zu entwickeln und in der Schweiz voranzutreiben. Das bedeutet, dass wir nutzenstiftende Trends in der Medizin, Technologien und Innovation frühzeitig antizipieren und einsetzen. Das gehört zu unserer DNA. Deshalb ist es auch sonnenklar, dass wir die ambulante Chirurgie stark vorantreiben. Das machen wir zum Wohle des Patienten, aber auch zum Wohle der breiten Gesellschaft, weil sie einfach günstiger und dennoch gleich gut ist. Selbstverständlich entwickeln wir auch in dieser neuen und stark wachsenden ambulanten Versorgungsrealität Zusatzleistungen, welche darauf ausgerichtet sind, spezifische individuelle Bedürfnisse von Patienten bedienen zu können und entsprechend direkt oder indirekt, z.B. via eine Zusatzversicherung, bezahlt werden.

Wieso braucht es für ambulante Operationen spezielle Infrastrukturen, wie sie Hirslanden schon mit den ambulanten OP-Zentren in Zürich und Luzern geschaffen hat?

Daniel Liedtke: Genau deshalb, weil der Patient vor und nach der OP nicht lange in der Klinik ist. Die ganzen vor- und nachgelagerten Prozesse, die früher über einen oder zwei Tage verteilt werden konnten, müssen nun innerhalb weniger Stunden passieren: Instruktion vor und Überwachung nach der OP, Wundversorgung, Instruktion für zuhause, z.B. betreffend Medikamente, etc. – all dies und vieles mehr muss viel komprimierter durchgeführt und vermittelt werden. Diese Prozesse sind also ganz anders getaktet als bei einem stationären Eingriff. Das geht nicht in einem normalen Operationsumfeld, denn dieses ist dafür nicht ausgelegt. Wege müssen kürzer sein, alles auf einem Stockwerk, es braucht Umziehkabinen und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Kleider und Wertsachen der Patienten. Weiter müssen teils andere Medikamente verfügbar sein. Das sind viele Details, die stimmen müssen, um den Ablauf effizient machen zu können.

Wann und wo macht ein solches ambulantes OP-Zentrum Sinn?

Daniel Liedtke: Wie bei einem Spital ist auch für ein ambulantes OP-Zentrum entscheidend, dass die Infrastruktur möglichst gut ausgelastet ist. Dies kann nur erreicht werden, wenn genügend Nachfrage besteht, wir sprechen aktuell von Fallzahlen von mindestens grösser als 3000. Sind diese nicht hoch genug, fehlt die Übung mit solchen schnell getakteten Prozessen. Es braucht also ein gewisses Volumen für spezialisierte Strukturen, um sie sicher für den Patienten und kostendeckend betreiben zu können. Dieses Volumen muss man im Vorfeld in einer Versorgungsregion abschätzen. Man kann nicht einfach ein Zentrum hinstellen und meinen, die Patienten kommen dann schon. Deshalb poolen wir solche Zentren, wie an einem Bahnhof Luzern oder bei einer Klinik Im Park in Zürich.

Ist das nötige Volumen nicht vorhanden, integriert man die ambulanten Eingriffe besser in die bestehenden Strukturen und ist einfach nicht ganz so effizient. Das kann bedeuten, dass eine Klinik zum Beispiel die ambulanten OPs nur am Vormittag durchführt, damit der Patient danach noch etwas länger versorgt werden kann – dies, weil diese Prozesse dort etwas weniger eng getaktet umgesetzt sind als in einem speziellen Zentrum.

Weiter ist für uns die Standortfrage sehr entscheidend. Wir bauen nur spezielle ambulante Zentren auf, wo eine Hirslanden-Klinik eine Notfallstation hat und auf keinen Fall völlig dezentral. So haben Patienten bei Bedarf auch nach dem Eingriff 24 Stunden eine Anlaufstelle, sollte ein Problem oder eine Frage auftauchen.

Schlussendlich ist es ja wie bei jedem Eingriff: In aller Regel geht er gut, aber Komplikationen sind immer möglich. Das liegt einfach in der Natur der Sache, weil der Mensch keine Maschine ist und manchmal auch ganz paradox reagieren kann. Dies müssen nicht schlimme Komplikationen sein, sondern zum Beispiel Schmerzen, Übelkeit oder andere Nachwirkungen einer Narkose. Da braucht es auch nachts den Zugang zu einem Spezialisten, der in einem ambulanten Zentrum alleine an sich nicht gewährleistet ist. Hier bietet unser medizinisches Netzwerk pro Klinik natürlich einen riesigen Vorteil.

Herzlichen Dank für das spannende Interview!

Ambulant vor stationär – das Wichtigste in Kürze

Welche Eingriffe?

Seit 1. Januar 2019 wird neu bei folgenden sechs Gruppen von Eingriffen nur noch die ambulante Durchführung vergütet, ausser es liegen besondere Umstände vor, die eine stationäre Durchführung erfordern:

  • Einseitige Krampfaderoperationen der Beine
  • Eingriffe an Hämorrhoiden
  • Einseitige Leistenbruchoperationen
  • Untersuchungen/Eingriffe am Gebärmutterhals oder an der Gebärmutter
  • Kniearthroskopien inkl. arthroskopische Eingriffe am Meniskus
  • Eingriffe an Tonsillen und Adenoiden (Mandeloperationen)

Dies ergänzend zu den Eingriffen, die auch bisher nur ambulant vergütet wurden, wie Materialentfernung (z.B. Schrauben, Platten), Gefässrekonstruktion (Ballondilatation), Beschneidung, Nierensteinzertrümmerung, Behandlung Grauer Star, Herzschrittmacherimplantation, Teilgebiete der Handchirurgie, diagnostische Herzuntersuchungen, Korrekturen deformierter Kleinzehen.
Zusätzlich haben einige Kantone weitere Vorgaben erlassen, wonach noch andere Eingriffe betroffen sind.

Gilt auch für Zusatzversicherte

  • Die Grundversicherung deckt bei ambulanten Eingriffen keine Übernachtungen ab, ausser eine Überwachung im stationären Setting ist medizinisch indiziert. Das ist jedoch bei ambulanten Eingriffen normalerweise nicht der Fall.
  • Eine stationäre Spitalzusatzversicherung umfasst den stationären Leistungsbereich und deckt deshalb bei ambulanten Eingriffen normalerweise keine Übernachtung. Es gibt aktuell nur vereinzelte Zusatzversicherungen, die bei ambulanten Eingriffen Mehrleistungen wie z.B. freie Arzt- und Terminwahl oder mehr Privatsphäre decken Am besten Fragen Sie bei Ihrer Versicherung nach.
  • Möchte ein Patient dennoch in der Klinik übernachten, sei dies aus einem subjektiven Sicherheitsbedürfnis heraus oder auch aus Komfortgründen, oder weitere Mehrleistungen in Anspruch nehmen ist dies grundsätzlich auch möglich, wenn keine Versicherungsdeckung besteht, und zwar als Selbstzahler. Über unsere angebotenen Mehrleistungen können Sie sich direkt bei der Klinik informieren.

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