Ich hatte mir meine zweite Geburt wunderbar vorgestellt. Da ich bei der ersten nur wenige Stunden Wehen hatte, wurde überall mit einem Lächeln erwähnt, dass es beim zweiten Mal dann ja ganz schön flott gehen würde. Nach der Akupunktur und der ganzen Himbeerblättertee-Trinkerei war ich also sehr positiv und freudig eingestellt.
Am 20. März kam dann doch alles etwas anders. Ich hatte meinen mittlerweile 2-wöchentlichen Kontrolltermin bei meiner Frauenärztin, da meine Maus im Bauch nicht optimal an Gewicht zugenommen hatte. Beim Ultraschall war ihr Gefühl eigentlich sehr gut, die Messungen des Computers haben dann jedoch etwas anderes zusammen gerechnet. Keine Gewichtszunahme seit der letzten Kontrolle. Also direkt ins Spital für ein CTG, um die Herzschläge des Babys und allfällige Wehenaktivitäten zu messen.
Das erste CTG
Als ich dort ankam, empfing mich eine super Hebamme. Mein CTG war unauffällig, meine Kleine quietschfidel. Keine Wehen weit und breit. Mein Geburtsarzt machte nochmals eine Ultraschall-Untersuchung und wir kamen zur Entscheidung, dass es ihr ausserhalb des Bauchs wohl besser gehen würde. Denn: Im Bauch kann man ein Kind leider nicht gleich gut überwachen als ausserhalb. Also Einleitung. Kurz nach Hause, meinem Sohn noch ein Happy Meal mitgebracht, noch ein letztes Mal gekuschelt. Ich versprach ihm, dass die Kleine am nächsten Tag da sei, wenn er mich besuchen kommen würde. Ich hatte viele Vorstellungen davon, was nun kommen sollte, doch keine hatte etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Von diversen Seiten hatte ich über Einleitungen schon gehört, das meiste leider nicht sehr positiv…
Das wirkungslose Zäpfchen
Mit einem Zäpfchen «befruchtet» wurde ich nach ewigen CTGs und Warterei dann auf mein Zimmer zum Schlafen gebracht – mein Mann ging nach Hause. Erst wollte er in einem Stuhl an meinem Bett schlafen, wir dachten es ginge bestimmt schnell voran. Zum Glück entschieden wir uns dagegen. Kaum war er aus der Tür, liefen bei mir die Tränen. Ohne Mann, ohne Sohn – mit lauter Fragen im Kopf. Bis um 1 Uhr telefonierten wir noch, einschlafen fiel uns beiden schwer. Um 06.30 Uhr hätte ich geweckt werden sollen, um 06.20 kam mein Mann herein. Er war extra aufgestanden, damit er mich wecken konnte.
Um 7 Uhr wieder CTG, in der Erwartung, es würde sich nun etwas tun. Nein. «Gehen Sie spazieren» – diesen Satz will ich in meinem Leben bitte nie wieder hören! Da ich privat versichert bin, hatte ich ein tolles Einzelzimmer, in welchem ich dann herumtänzelte. Ich kam mir so richtig doof vor, aber okay. 11 Uhr, wieder CTG, juhui einige Wehen, jedoch nichts Ernstes. Also wieder vertröstet worden, «Gehen Sie Mittagessen und danach spazieren.» En Guete denn. Nach dem Mittagessen schliefen wir beide im Bett für eine halbe Stunde ein, noch ganz k.o. von der kurzen Nacht. Danach wieder Herumgehopse im Zimmer, ich bin einfach nicht der Typ Mensch, der durch die Flure schleicht. Nächstes CTG um Viertel vor 3, Horror! Obwohl ich die Wehen durch die ganze Bewegung nun ziemlich gut spürte, war das doofe CTG anderer Meinung. Keine Wehen mit öffnender Wirkung. Gemäss Hebamme ganz normal, was das CTG schreibt, muss nicht mit dem persönlichen Empfinden übereinstimmen. Meine Nerven lagen blank. Ich wollte einfach nur nach Hause. Das Zäpfchen könne da unten gute 24 Stunden sein, ohne etwas zu bewirken, man müsse abwarten.
Schichtwechsel
Da lächelte mich die Hebamme an, welche mich bereits am Abend zuvor empfangen hatte. Ihr Name ist Jelena. «Ja, ich bin immer noch da.» Die Leiterin der Hebammenstation, welche mich bis um 15 Uhr betreut hatte, meinte noch scherzhaft «Nicht, dass ich Sie morgen wieder sehe!» Wehe mir!
Ich vermisste meinen Sohn, so wahnsinnig doll. Also ging mein Mann los und brachte ihn zu mir. Als mein Sohn rein kam, war er ganz durcheinander. Er war verwirrt, der Zugang in meinem Arm machte ihm auch etwas Angst. Wo denn seine kleine Schwester nun sei, fragte er mich. Ja, wo bleibt sie nur? Wir assen dann zusammen. Als wir in der Kantine unten etwas für ihn und meinen Mann aussuchten, begegnete uns Jelena. Sie hatte bemerkt, dass ich ziemlich down war. Sie schaute mich an und sagte leise zu mir, dass wir die Kleine noch zusammen holen würden. Sie gab mir da ein unglaubliches Stück Hoffnung und Kraft zurück.
Jetzt wird es ernst
Beim CTG um 19 Uhr hatte sich bei mir wehenmässig leider immer noch nichts getan, also entschieden mein Geburtsarzt und Jelena zusammen, mich an den Wehentropf zu hängen. Das war um 19.30 Uhr, 1 Stunde muss das Zäpfchen entfernt sein, bevor man die wehenfördernde Infusion anhängen kann. Da habe ich mich von meinem Sohn verabschiedet und wusste, es wird das letzte Mal sein, dass es nur ihn gibt. Ich war schon total fertig von der kurzen Nacht und der ganzen Hüpferei, also fragte ich Jelena, ob es denn wohl noch ginge, eine PDA zu machen, wenn die Wehen durch den Wehentropf so stark und schnell aufeinander kommen würden. Sie war super, wirklich. Herzlich, wunderbar positiv und total gelassen. «Wir holen die Kleine noch zusammen, vor Schichtwechsel um 23 Uhr!»
Bei 2 cm offen, um ca. 21 Uhr, rief sie den Anästhesisten, um Himmels Willen, so eine Angst hatte ich noch nie. Irgendwie hatte sich von der ersten Geburt ein schlimmes Bild von der PDA in meinen Kopf gebrannt. Ich zitterte am ganzen Körper, Schüttelfrost, hatte Mühe, ruhig zu bleiben. Dabei – dass muss jetzt einfach mal gesagt werden – tut eine PDA überhaupt nicht weh! An dieser Stelle möchte ich allen Frauen die Angst davor nehmen. Man spürt die Betäubung, also wie eine Spritze am Arm, den richtigen Stich spürt man nicht. Wenn das Mittel in den Körper fliesst ist es ein ganz komisches Gefühl, man erschrickt einen Moment, da es sich so schnell ausbreitet, aber da ist kein Schmerz. Als der Anästhesist 5 Minuten später bei der Hebamme nach Wehen nachfragte, lächelte ich nur und sagte nein, jetzt hätte ich schon lange keine mehr gespürt. Falsch gedacht – das CTG zeigte wunderbare Wellen an. So wunderbar, dass um 22.10 Uhr der Muttermund bei 5 cm war. Keine 5 Minuten später verspürte ich einen unglaublichen Drang zu pressen und teilte dies meiner Hebamme Jelena mit. Sie lächelte zuerst, da sich in der kurzen Zeit ja eigentlich nicht so viel getan haben konnte, und kontrollierte nochmal. Ups, Muttermund voll offen, alles steril machen und vorbereiten – meinem Geburtsarzt wurde telefonisch mitgeteilt, es gehe jetzt los, doch Jelena machte mir klar, dass er es nicht mehr schaffen würde. «Wir holen die Kleine jetzt zusammen auf die Welt».
Die Presswehen spürte ich doch ziemlich heftig, wahrscheinlich auch, weil es so unglaublich schnell ging. Darauf, dass die Kleine schon zur Hälfte auf der Welt war, ich nicht pressen durfte (was doch wirklich fast unmöglich ist) und auf die nächste Wehe warten musste, will ich jetzt gar nicht weiter eingehen. Heute bin ich unglaublich dankbar dafür, dass die Kleine nicht mit Glocke und Dammschnitt wie mein Sohn geholt worden war, sondern mit guter alter Hebammen-Weisheit, mit Zeit. Auch wenn es dann doch nicht wirklich viel Zeit war, der Augenblick kommt einem ewig vor.
Jana ♥
Jana kam um 22.36 Uhr zur Welt, unser kleines schnelles Wunder. Winzige 45 cm, doch 2880 Gramm (da hatte meine Frauenärztin wohl doch nicht daneben gelegen mit ihrem Gefühl). In nur 20 Minuten war sie da. Wir waren so erleichtert, dass alles in Ordnung war. So unglaublich glücklich und gesegnet. Einfach komplett. ♥-lich Willkommen Jana.
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