Niemand ist näher dran bei der Geburt als die werdende Mutter. Niemand kann besser beschreiben, was dabei in Körper, Kopf und emotional passiert. Deshalb möchten wir auf unserem Blog Mamis zu Wort kommen lassen, die mit uns ihre persönliche Geburtsstory teilen möchten. Den Anfang macht Manuela Pinggera: Sie war Produktmanagerin bei Hirslanden, betreute das Kundenprogramm Hirslandenbaby und erzählt uns, wie sie die Geburt ihrer Tochter erlebt hat.

Zirka zum fünften Mal diese Nacht wache ich auf und muss auf die Toilette. Es ist halb 2 Uhr. Im Badezimmer angekommen bricht die Fruchtblase. Ich schaue zu meinen Füssen hinab auf eine kleine Pfütze. Wie praktisch, denke ich, dass «es» ausgerechnet auf den Fliessen passiert und nicht im Bett. Am Vorabend, ganz entspannt nach dem Schwangerschafts-Yoga, hatten wir uns erst auf den Vornamen geeinigt. Für unsere Maus wohl ein klares Zeichen, dass wir nun bereit sind.

Ich gehe noch gemütlich duschen, liebäugle mit der roten Nagellackflasche, entscheide mich dann aber doch gegen eine spontane Pediküre. Mein Mann schläft tief und fest und das ist auch gut so. Ich decke den Esstisch und freue mich auf ein stärkendes Frühstück in Zweisamkeit bevor das Abenteuer losgeht. Um 2:57 Uhr rollt die erste «Welle» an. Puh, ganz schön kraftvoll. Ich gehe zurück ins Bett und versuche, mich zu entspannen. Die zweite Welle treibt mich wieder auf die Beine. Ich hopse auf dem Gymnastikball und sauge last-minute nochmals alles Wissen aus dem Buch «HypnoBirthing» in mich auf. Wie ging das nochmals schnell mit der sich öffnenden Blütenknospe und dem Nach-unten-Atmen?

Ich notiere die Abstände der Wehen. Manche werden von mir als weniger intensiv eingestuft und bekommen eine Klammer – im Nachhinein muss ich selbst über mich und meine (Fehl-)Einschätzung lachen. Die Abstände werden rasch kürzer. Um 4:15 Uhr tapse ich ins Schlafzimmer zurück und flüstere meinem Liebsten ins Ohr: «Es geht los.» Er ist schlagartig hellwach. Wir sind bei 3 Minuten Abstand und der gedeckte Frühstückstisch bleibt unangerührt zurück. Wir hasten zum Taxi – er mit Krücken (Bänderriss vor 2 Wochen am rechten Fuss), ich mit dickem Bauch. Der Taxifahrer ist nicht sicher, wer von uns beiden der Patient ist und fährt vorsichtshalber doppelt so schnell.

In der Klinik angekommen wird gleich ein CTG gemacht (mit dem CTG misst man über Schall die Herzschläge des Babys und die Wehenaktivitäten) und die Öffnung des Muttermundes kontrolliert – 5 cm geöffnet – Strike!

Die Wanne wird eingelassen und ich muss noch wichtige Entscheidungen treffen: Soll mein Frühstücksei nun hart oder weich sein. SCHATZ, sag du’s ihnen, ich veratme inzwischen die nächste Welle!

Das Badewasser hat gefühlte 60 Grad und ich gehe nur zögernd und stufenweise hinein. Mein «persönlicher Assistent» nimmt hinter mir am Kopfende Platz und reicht mir abwechselnd Wasserglas und Lippenpflegestift. 9 cm offen. Alle sind ruhig, ich konzentriert. Um ca. 5:45 Uhr schneit gut gelaunt holter-die-polter die Arztvertretung in den Gebärsaal. Mein Gynäkologe geniesst ausgerechnet diese Woche seine wohlverdienten Ferien. Ich fahre ihn an, er möge doch etwas leiser sein, schliesslich leiste ich hier Schwerstarbeit. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen Beteiligten entschuldigen, eigentlich bin ich ganz umgänglich und wenig aggressiv.

Die Presswehen haben ihr Epizentrum im unteren Rücken, kriechen langsam über die Seite zur Bauchmitte und entladen sich dort wie ein Gewitter. Der Arzt wird unruhig, weil es ihm zu langsam geht. Die Hebamme motiviert mich, stärker und länger zu pressen. Ich bin voller innerlicher Überzeugung: Hier wird nichts geschnitten oder rummanipuliert – mein Mäuschen und ich schaffen das ganz allein! Ich presse nochmal auf Teufel komm raus, dann geht alles ganz schnell und unsere Kleine flutscht mit einem Male in die Arme der Hebamme. 6:43 Uhr.

Ich bin müde, glücklich, neugierig, stolz. Meine Tochter wird mir Haut auf Haut in die Arme gelegt. «Hallo mein Schatz, das hast du richtig gut gemacht.» Wir geniessen diese ersten Momente zu Dritt und die Welt steht still. Während ich blutüberströmt und zitternd von der Hebamme aus der Wanne geleitet werde, kommt der neue Erdenbürger zum Bonding erstmal auf Papas nackte Brust. Das Verhältnis zwischen Baby und Eltern wird durch diesen direkten Hautkontakt unmittelbar nach der Geburt noch verstärkt. Ich werde versorgt, gewaschen und kuschle mich in eine warme, weiche Decke. Ich habe gerade ein Kind zur Welt gebracht! Dieser wunderschöne und beängstigende Gedanke wird mich noch lange begleiten …

 

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