Komplikationen nach einem Hüftgelenkersatz sind selten. Entsprechend gering ist der Anteil an Patienten, bei denen ein Revisionseingriff notwendig wird. Dennoch gewinnt die Revisionschirurgie aus einem einfachen Grund an Bedeutung: Mit der wachsenden Zahl an Hüftprothesenoperationen werden auch Revisionen häufiger.

Die Orthopädie der Hüfte hat in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Das gilt für die hüfterhaltende Chirurgie genauso wie für die Kunstgelenkversorgung. Es stehen heute sehr gute Implantate zur Verfügung, die sich dank neuer Operationstechniken schonender einsetzen lassen. Die meisten künstlichen Hüftgelenke bereiten den Patienten keine Beschwerden. Dennoch kommt es vor, dass eine Prothese nicht oder nicht mehr funktioniert und Probleme verursacht. In solchen Fällen wird eine Revisionsoperation nötig. Dabei wird die Prothese in der Regel entfernt und durch eine neue ersetzt. Aber auch hier profitieren die Patienten vom Fortschritt: Wir verstehen zum einen immer besser, warum Hüften nicht gut funktionieren und schmerzhaft sind. Zum anderen werden die Revisionsimplantate laufend benutzerfreundlicher.

Lockerung der Prothese

Bei den neuen Hüftprothesen dürfen wir von einer Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren ausgehen. Es ist jedoch möglich, dass aufgrund einer Lockerung schon nach der Hälfte dieser Zeit eine Revision nötig wird. Lockern kann sich sowohl die Pfanne, die den Gelenkkopf umschliesst, als auch der Schaft, der im Oberschenkelknochen verankert ist. Entscheidend für den Erfolg einer Revisionsoperation sind die Knochenqualität und das Ausmass der Defekte im Becken oder im Oberschenkel.

Revisionschirurgie bei festsitzenden Implantaten

Anspruchsvoller ist die Revisionschirurgie bei festsitzenden Implantaten. Diese lassen sich teilweise nur mit grösserem Aufwand entfernen, da die Prothesenschäfte heute meist mit einer Hydroxylapatit-Schicht überzogen sind. Das hat den Vorteil einer sehr guten Stabilität und Fixation am Knochen. Die Kehrseite ist eine erschwerte Entfernbarkeit. Die Entfernung von festsitzenden Implantaten kann aus folgenden Gründen notwendig werden:

Akute und chronische Infekte

Ist eine Infektion nicht durch Antibiotika und eine Spülung beherrschbar, muss zu ihrer Behandlung das Implantat entfernt werden. Nach einer Regenerationszeit von etwa acht Wochen, die der Patient ohne Hüftgelenk verbringt, wird eine neue Prothese eingesetzt. Dieser Wiedereinbau bereitet in der Regel wenig Schwierigkeiten.

Fehlstellung des Implantats

Es kommt immer wieder vor, dass Implantate nicht in der richtigen Stellung eingesetzt werden – obwohl man heute relativ gut weiss, was eine solche auszeichnet und welche Streubreite vom Patienten toleriert wird. Die Folgen sind chronische Schmerzen, Bewegungseinschränkungen oder Gehschwierigkeiten. Das Implantat muss entfernt und korrekt eingesetzt werden.

Periprothetische Frakturen

Periprothetische Frakturen, d. h. Brüche des Knochens um die Prothese herum, sind die Folge von Stürzen oder aber einer schon während der Operation aufgetretenen Schwächung des Knochens, die postoperativ plötzlich zu einem Versagen führt. Eine Fraktur des Trochanters (Knochenvorsprung des Oberschenkelknochens) ist aufgrund des Muskelzugs des Hüftmuskels oft schwierig zu versorgen. Brüche um den Prothesenschaft sind dagegen meist einfacher zu behandeln. Eine Schwierigkeit besteht darin, korrekt festzustellen, ob das Implantat noch festsitzt oder aufgrund einer unfallbedingten Lockerung ausgewechselt werden muss.

Weichteilprobleme

Auch die Weichteile um eine Hüfttotalprothese herum können chronische Schmerzen bereiten, häufig etwa die Psoassehne, die über den vorderen Pfannenrand zieht und bei vorstehender Kunstpfanne an dieser scheuert. Neben der Durchtrennung der Sehne am Ansatz (bei älteren Patienten) bietet sich in solchen Fällen ein Pfannenwechsel an. Dieser ist jedoch genau abzuwägen. Er darf nicht zu noch grösseren Knochenverlusten oder zu einer Instabilität der neuen Pfanne führen.

Beinlängendifferenz

Eine Beinlängendifferenz nach einer Hüfttotalprothese ist ein nicht allzu seltenes Problem und kann für den Patienten sehr störend sein. Die Ursachen von Beinlängendifferenzen sind mitunter komplex, wobei postoperative Beinverlängerungen häufiger auftreten als Beinverkürzungen. Die Herausforderung liegt darin zu erkennen, welcher Patient sich an eine Beinlängendifferenz gewöhnen wird und bei welchem sie zu Unzufriedenheit führt. Um eine Beinlängendifferenz zu korrigieren, ist je nach Befund die Pfanne, der Kopf oder der Schaft auszuwechseln.

Muskelschwäche nach Hüfttotalprothese

Der kräftige Hüftmuskel setzt an einem Knochenvorsprung des Oberschenkelknochens (Trochanter major) an und ist sozusagen der Motor der Hüfte. Vor allem der früher übliche seitliche Operationszugang führte nicht selten zu einer Schädigung dieses Muskels. Gefährdet ist er heute noch bei Revisionen, die durch den Muskel ausgeführt werden. Ausserdem kann der Hüftmuskel auch spontan abreissen, was ebenfalls zu einer Schwäche mit hinkendem Gang und chronischen Schmerzen führt. Die Therapie besteht in beiden Fällen im operativen Wiederannähen des Muskels in den Trochanter.

Nach unserer langjährigen Erfahrung kann der Muskel nur stabil anwachsen, wenn er über acht Wochen wenig bis gar nicht belastet und entsprechend verkürzt wird. Diese Verkürzung erreichen wir durch einen Ausbau der Hüfttotalprothese (vgl. Abb. 1 und 2) oder durch eine Entfernung des Hüftkopfes bei nicht voroperierter Hüfte. Nach acht Wochen wird erneut ein Implantat eingesetzt (vgl. Abb. 3). Unsere Erfahrungen bei nun schon mehreren hundert Patienten sind positiv: Der Muskel zeigt ein erstaunlich gutes Anwachsverhalten. Er übersteht den Stress der kurzzeitigen Verlängerung beim Wiedereinbau gut und reisst auch später in der Regel nicht wieder ab. Für den Patienten ist die hüftlose Zeit – oft im Rollstuhl – naturgemäss unangenehm. Er wird jedoch belohnt durch eine zumeist schmerzfreie, gut funktionierende Hüfte.

Beweglichkeit zurückgewinnen

Revisionschirurgische Eingriffe sind komplexer als das erstmalige Einsetzen einer Prothese und erfordern deshalb viel Erfahrung und eine moderne Infrastruktur. Für eine erfolgreiche Hüftrevision ist auch entscheidend, dass aus der grossen Anzahl an Implantaten das jeweils richtige ausgewählt wird. Es muss gelingen, das Implantat stabil zu verankern und korrekt zu positionieren. Von Bedeutung sind ferner die Wiederherstellung der Beinlänge und die optimale Einstellung der Weichteile. Normalerweise verbringen Patienten nach einer Revision etwa zehn bis vierzehn Tage im Spital. In einzelnen Fällen schliesst sich daran ein Reha-Aufenthalt an. Obwohl die operierte Hüfte von Anfang an belastbar ist, dauert es drei bis vier Monate, bis der Patient vollständig erholt ist und wieder normal gehen kann.

Glossar:

  • Hüfttotalprothese: vollständiger Ersatz eines kranken Hüftgelenks: In das Becken wird eine Kunstpfanne eingesetzt, in den Oberschenkelknochen ein Metallstift, der den künstlichen Hüftkopf trägt.
  • Periprothetische Fraktur: Bruch des Knochens um ein künstliches Gelenk herum
  • Trochanter: das obere Ende des Oberschenkelknochens, an dem die wichtige seitliche Hüftmuskulatur ansetzt

 

Autor: Dr. med. Otmar Hersche, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates und ehemaliger Belegarzt an der Klinik Hirslanden in Zürich