Die Badisaison ist in vollem Gange. Fördern regelmässige Schwimmbadbesuche tatsächlich Scheidenpilzinfektionen? Was sind die weiteren Ursachen und was die häufigsten Trugschlüsse? Und vor allem: Was kann Frau dagegen tun? Wir haben unseren Belegarzt Dr. med. Jörg Obwegeser, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, dazu befragt:

Wie gross ist die Gefahr, sich durch Schwimmbadbesuche einen Scheidenpilz „aufzulesen“?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Einen Scheidenpilz „liest man sich in der Badi nicht auf“. Ein Scheidenpilz aber kann nach einem Badibesuch plötzlich Symptome machen (Juckreiz, flockiger Ausfluss, eventuell Brennen und Schmerzen). Die Ursache ist die Reaktivierung eines meist „stillen“ Scheidenpilzes in der Scheide durch Veränderungen des Scheidenmilieus (pH-Wert, Wegfall der Laktobazillen). Diesen hat man irgendwann einmal „aufgelesen“. Dies muss nicht, wie man immer meint, nur durch Geschlechtsverkehr geschehen. Auch kleine Mädchen können schon einen Scheidenpilz haben. Dieser Scheidenpilz, vor allem Candida albicans, bleibt dann meist ein „stiller Mitbewohner“ und der Körper kann ihn gut kontrollieren.

Was sind die sonstigen Ursachen von Scheidenpilz und was die häufigsten Trugschlüsse über dessen Ursachen?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Jede Veränderung des Scheidenmilieus kann zu Symptomen eines Scheidenpilzes führen (Geschlechtsverkehr, Menstruation, Antibiotika etc.) Zuckerkranke Frauen sind anfälliger für Scheidenpilze. Ebenso soll der Verzehr von viel Süssigkeiten zu vermehrt Scheidenpilzen führen. Auch gibt es Daten, dass die „Pille“ Scheidenpilze begünstigen soll. Dies wird aber sehr kontrovers diskutiert, vor allem bei den Pillen mit höherem Östrogenanteil. Der häufigste Trugschluss ist, dass man ihn in der Badi aufgelesen hat.

Wie wird ein Scheidenpilz in der Regel behandelt?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Der Scheidenpilz wird meist lokal mit sogenannten Scheidenzäpfchen und Cremen behandelt. Eine sehr effektive Behandlung ist aber auch die Einnahme einer Tablette (zum Beispiel Fluconazol). Damit kann ein einfacher Scheidenpilz gut behandelt werden und das oft lästige Schmieren bei Zäpfchen und Salben fällt weg. Bei sehr starkem Juckreiz hilft auch eine Pilzcreme in Kombination mit etwas Cortison.

Empfehlen Sie die Mitbehandlung des Partners, um einen „Pingpong-Effekt“ zu vermeiden?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Bei einem erstmaligen Auftreten des Infektes und Symptomen kann der Partner mitbehandelt werden. Bei wiederholenden Infekten bei gleichbleibendem Partner verhindert die Mitbehandlung des Partners einen Reinfekt nicht.

Im Handel gibt es zahlreiche rezeptfreie Mittel zur Behandlung von oder Vorsorge gegen Scheidenpilz und sonstige Scheideninfektionen. Wann können diese sinnvoll eingesetzt werden und wann sollte eine betroffene Frau besser ihren Gynäkologen kontaktieren?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Es hat sich gezeigt, dass nur etwa ein Drittel aller Selbstdiagnosen betreffend Scheidenpilz richtig sind. Ein Therapieversuch mit den rezeptfreien Pilzmitteln kann bei den klassischen Symptomen versucht werden. Wenn die Therapie aber nicht anspricht, dann sollte sich die Frau an ihren Gynäkologen/ihre Gynäkologin wenden, um eine andere Ursache der Symptome auszuschliessen. Vorsicht geboten ist bei allen Vaginalspülungen, die gerne abgegeben werden. Diese bewirken oft das Gegenteil, denn die wichtige Vaginalflora wird damit ausgespült.

Was können Frauen, die anfällig auf Scheidenpilz sind, vorbeugend tun, zum Beispiel beim Schwimmbadbesuch?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Beim Schwimmbadbesuch kann vorgängig ein Tampon, eingeschmiert mit einer üblichen Pilzcreme, eingeführt werden und dann nach dem Schwimmbadbesuch erst am Abend entfernt werden. Eventuell reicht auch das Einstreichen mit Nature-Jogurt (Bifidus). Allerdings hängt der Erfolg vom Lactobacillus-Typ ab, der im Joghurt vorhanden ist. Auch sollte die nasse Badehose schnell gewechselt werden.

Kann bei wiederkehrender Erkrankung auch die Einnahme von Milchsäurebakterienprodukten helfen? Warum?

Dr. med. Jörg Obwegeser: Die Einnahme von sogenannten Probiotika wie Laktobazillen zeigen durchaus ermutigende Resultate. Ihr Erfolg wird aber noch kontrovers diskutiert. Man schreibt den Laktobazillen eine fungizide und immunstimmulierende Eigenschaft zu. Man kann diese sowohl oral als auch lokal vaginal einnehmen. Bei wiederkehrender Erkrankung muss man immer lang genug behandeln, allenfalls auch eine Typisierung der Candida (Pilzart) durchführen. Hier gilt es, zum Beispiel die Pilzarten Candida glabrata und Candida krusei auszuschliessen, da diese anders behandelt werden müssen und zum Teil auch gegen die üblichen Antimykotika resistent sind. Diese Behandlung gehört aber in fachärztliche Hand.