Seltene Tumorkrankheiten stellen für Patienten neben den Ängsten und Schmerzen eine zusätzliche Belastung dar: Einerseits können sich die Betroffenen kaum persönlich austauschen. Andererseits war die Forschung in der Vergangenheit stärker auf andere Krankheiten fokussiert. Diese und weitere Erkenntnisse habe ich im Gespräch mit  Prof. Markus Raderer in Wien gewonnen.

Der Begriff «selten» im Zusammenhang mit einer Erkrankung bedeutet in Europa, dass nicht mehr als 5 pro 10’000 Einwohner daran leiden. In den USA liegt die Quote der sogenannten «orphan diseases» bei 7,5 pro 10’000 Personen. Auch wenn diese Zahlen auf den ersten Blick sehr klein erscheinen, so zeigen jüngste Schätzungen, dass in Europa etwa 30 Millionen Menschen an einer «seltenen Erkrankung» leiden. Das zeigt Ihnen als Betroffener ganz deutlich: Sie sind nicht allein!

Fortschritte in der Forschung

Der im Englischen verwendete Terminus «orphan» bedeutet wörtlich übersetzt «Waise». Der Begriff nimmt im übertragenen Sinn Bezug auf die unpersönliche Pflege vieler Patienten. In jüngerer Zeit sind aber auch die seltenen Erkrankungen in den Vordergrund und damit das Bewusstsein von Ärzten, Forschern, Medikamentenentwicklern und Firmen gerückt.

Für mich persönlich hat sich diese Entwicklung in meinem eigenen Arbeitsbereich gezeigt: Nach fast Jahrzehnten der Stagnation sind innerhalb weniger Monate gleich 2 neue Medikamente zur Behandlung einer sehr seltenen Tumorform der Bauchspeicheldrüse zugelassen worden.

Patienten informieren sich online

Eine andere Eigenheit seltener Krankheiten ist die Tatsache, dass sich die Betroffenen kaum mit anderen Patienten austauschen können. Deshalb informieren sich viele online und lesen Erfahrungsberichte. Für Patienten bedeutet das Internet Fluch und Segen zugleich: Auf der Suche nach Information trifft eine ungefilterte Flut an Information auf den User. Laien sind unter Umständen in einer emotionalen Ausnahmesituation nicht in der Lage, die Seriosität und den Wahrheitsgehalt der Informationen zu beurteilen. Und kein Besuch auf einer Website kann das persönliche Gespräch mit einem spezialisierten Arzt ersetzen oder gar direkte therapeutische Ratschläge erteilen.

Aber einen unschätzbaren Vorteil bieten Internetplattformen, vor allem bei seltenen Erkrankungen: Sie ermöglichen den Erfahrungsaustausch und die Interaktion von Betroffenen  – ganz egal, wie weit diese räumlich getrennt sein mögen! Und wenn die Tumorerkrankung noch so selten sein mag, es gibt sicher einen Arzt, der sich auf die Behandlung und Beratung von Patienten mit dieser Erkrankung spezialisiert hat. Es gilt ihn zu finden – und das gelingt oft über den Erfahrungsaustausch mit Betroffenen und Leidensgenossen.