Pro Jahr erkranken in der Schweiz etwa 5‘900 Männer (rund 16 pro Tag; Stand 2014) an Prostatakrebs. Das macht den Prostatakrebs mit 30% aller Krebsdiagnosen zur mit Abstand häufigsten Krebsart bei Männern. Die Frage nach der Notwendigkeit von Vorsorgeuntersuchungen stellt dementsprechend ein wichtiges Thema dieser Erkrankung dar.
Prostataerkrankungen sorgten in jüngster Zeit für zahlreiche Schlagzeilen. Leider wurden dabei auch viele Halb- und Unwahrheiten verbreitet, wie folgende Beispiele zeigen:
- «Prostata reagiert auf Veilchenduft.»
- «Softdrinks erhöhen das Risiko für Prostatakrebs.»
- «Bei Prostatakrebs nicht sofort Gewebe entnehmen.»
- «Mit neuen Behandlungswegen lassen sich Bestrahlung und OP vermeiden.».
Solche Botschaften haben die Männer stark verunsichert. Zuverlässige und richtige Informationen von Urologen zur Vorsorge bei Prostatakrebs haben deshalb stark an Bedeutung gewonnen. Im Zentrum der zweiteiligen Artikelserie steht deshalb die Frage, welche Patienten wie behandelt werden sollen.
Die männliche Vorsteherdrüse (Prostata)
Die Prostata liegt unmittelbar unterhalb der Blase und umschliesst die Harnröhre ringförmig. Die Harnröhre verläuft durch die Mitte der Prostata. Bei einer Grössenzunahme der Prostata – entweder aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses (gutartige Prostatavergrösserung) oder aufgrund eines bösartigen Tumors – kann durch Druck auf die Harnröhre der Harnfluss behindert werden. Die führt dazu, dass der Patient Mühe mit Wasserlösen bekommt.
Der Prostatatumor
Der Prostatatumor ist ein knolliges, hartes, blumenkohlartiges Gebilde, welches zunächst innerhalb der Prostata wächst und später auf die Umgebung übergreift. Für den Patienten ist es wichtig, dass der Tumor möglichst früh entdeckt wird – und zwar solange sein Wachstum sich nur auf die Prostata beschränkt und nicht darüber hinauswächst. Wird der Prostatakrebs in diesem Stadium entdeckt, ist eine Heilung noch möglich.
Klagt ein Patient mit Prostatakrebs jedoch bereits über Beschwerden, ist es meist für eine Heilung zu spät. Denn: Ein Prostatakrebs führt in der Regel erst bei fortgeschrittener Erkrankung zu Symptomen. Meist bestehen dann auch bereits Metastasen (Krebsableger).
Prostatatumore sind häufig – führen aber selten zum Tod
Mit dem Alter nimmt die Häufigkeit der Prostatatumore stark zu: 40% aller 50-jährigen, 50% aller 60-jährigen und 60% aller 80-jährigen Männer sind betroffen. Dennoch ist hinsichtlich der Vorsorgeuntersuchung sowie einer möglichen Behandlung der Patienten Zurückhaltung geboten. Denn: Wenige Patienten müssen tatsächlich behandelt werden und noch viel weniger sterben am Prostatakrebs, wie die Resultate einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2004 bestätigen. In der Studie fand man zwar bei 40% der 1‘800 verstorbenen 50-jährigen Männern einen Prostatatumor, 80% davon hatten jedoch Zeit ihres Lebens keine Beschwerden und nur bei 8% galt nachträglich der Prostatakrebs als Todesursache.
Aggressivität des Tumors ist entscheidend
Das Risiko an einem Prostatakrebs zu sterben hängt mit der Aggressivität des Tumors zusammen. Beispiel: Ein 64-jähriger Mann, mit einem wenig aggressiven Tumor hat ein geringes Risiko. Nur etwa 4% dieser Patienten werden am Prostatatumor sterben.
Bei mittlerer Aggressivität des Tumors hingegen sterben unbehandelt 80% der Patienten in den nächsten 15 Jahren am Prostatakrebs. Je älter der Patient ist und je weniger aggressiv der Tumor ist, desto seltener wird operiert, da der Patient voraussichtlich nicht an den Folgen des langsam wachsenden Prostatatumors sterben wird.
Was bedeutet dies für die Vorsorge bei Prostatakrebs? Die wichtigste Aufgabe und Herausforderung des Urologen, Hausarztes oder Internisten besteht nun darin, diejenigen Tumoren zu identifizieren und zu behandeln, die unbehandelt zu Beschwerden und mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Tode führen. Drei Untersuchungen stehen dabei zur Verfügung:
- Tastuntersuchung mit dem Finger, die so genannte Digital Rektale Untersuchung
- Bestimmung des PSA-Wert
- Gewebeentnahme (Biopsie) mit anschliessender feingeweblicher Untersuchung unter dem Mikroskop (Histologie)
Digital rektale Untersuchung
Durch den Anus untersucht der Arzt die Prostata mit dem Finger. Dabei kann er die Grösse, Form und Konsistenz der Vorsteherdrüse gut beurteilen. Normalerweise fühlt sich die Prostata wie der angespannte Daumenballen an: fest, aber elastisch. Ein verdächtiger Tumor fühlt sich dagegen hart oder knotig an.
Allerdings kann der Tumor erst getastet werden, wenn er eine gewisse Grösse erreicht hat, respektive über die Prostata hinaus ins umliegende Gewebe gewachsen ist. Ein kleiner Tumor innerhalb der Prostata kann nicht getastet werden und verursacht auch keine Beschwerden.
PSA-Wert – was ist das?
Das PSA (Prostata-Spezifische Antigen) ist ein Eiweiss (Protein), das ausschliesslich in der Prostata gebildet wird und im Blut gemessen werden kann. Der PSA-Wert ist der wichtigste Tumormarker für das Prostatakarzinom. Allerdings gibt die PSA-Messung nur einen indirekten Hinweis auf einen Prostatakrebs. Denn: PSA wird auch von der gesunden Prostata gebildet und auch bei der gutartigen Prostatavergrösserung sowie bei einer Prostataentzündung steigt der PSA-Wert an. Aus diesem Grund wird die Bedeutung der PSA-Messung im Rahmen der Krebsvorsorge seit Jahren kontrovers diskutiert.
PSA-Werte: Wann sind sie zu hoch?
Da auch die gesunde Prostata PSA bildet und der Wert unter anderem von der Grösse der Prostata abhängig ist, müssen zunächst die «Normalwerte» festgelegt werden. Der PSA-Normwert bei einem gesunden Mann liegt zwischen 0-4 ng/ml. Bei fast allen Männern vergrössert sich die Prostata im Laufe des Lebens (gutartige Prostatavergrösserung), wodurch auch der PSA-Wert steigt. Je grösser die Prostata ist, desto mehr PSA wird gebildet – auch ohne jeglichen Krankheitswert.
Regelmässige PSA-Kontrollen hilfreich
Grundsätzlich ist ein einmalig gemessener PSA-Wert wenig aussagekräftig. Zur genauen Abklärung und Diagnose ist eine Verlaufskontrolle mit mehreren Messungen notwendig. Ein schwankender PSA-Wert (mal höher, mal tiefer), deutet eher auf eine Prostataentzündung hin. Rasch ansteigende PSA-Werte – etwa eine Verdoppelung innerhalb eines Jahres – erhärten hingegen den Verdacht auf Prostatakrebs. Regelmässige PSA-Messungen beim Hausarzt oder Urologen verhindern, dass ein Anstieg und damit ein möglicher Prostatakrebs zu spät erkannt werden. In jedem Fall sollte jeder Mann über die tatsächliche Aussagekraft des PSA-Wertes und über die möglichen Konsequenzen im Falle einer PSA-Erhöhung aufgeklärt werden.
Biopsie bei Tumorverdacht
Zur Diagnose müssen zum PSA-Wert weitere Kriterien wie Ergebnis des Tastbefundes, allgemeiner Gesundheitszustand und das Alter des Patienten hinzugezogen werden. Bei einem auffälligen Befund bei der Tastuntersuchung und/oder bei sehr hohen oder rasch ansteigenden PSA-Werten besteht ein Tumorverdacht und der Arzt wird eine Biopsie vornehmen.
Verzicht auf eine Biopsie
Bei einer geringen PSA-Erhöhung und unauffälligem Tastbefund ist eine Biopsie hingegen nicht dringlich. Im höheren Lebensalter kann sogar darauf verzichtet werden. Denn: Auch wenn in der Biopsie ein Tumor gefunden wird, ist aufgrund des langsamen Tumorwachstums, nicht in jedem Fall eine Therapie notwendig. In solchen Fällen kann der Patient vor der Diagnose Prostatakrebs geschützt werden, da er höchstwahrscheinlich nicht daran sterben wird.
Wie wird eine Biopsie gemacht?
Eine Biopsie kann in der Praxis des Urologen unter Lokalanästhesie vorgenommen werden. Über den Enddarm wird mit einer Punktionsnadel, die mit einem Ultraschallgerät gekoppelt ist, der Prostata an acht verschiedenen Stellen Gewebe entnommen. Anschliessend werden die Gewebestücke unter dem Mikroskop nach Tumorzellen untersucht. Liegen solche vor, ist die Diagnose «Prostatakrebs» gestellt. Im Anschluss wird anhand des Zellbildes die Bösartigkeit (Aggressivität) des Tumors bestimmt und mit dem sogenannten Gleason-Score angegeben. Mit dem Gleason-Score wird die Abweichung der bösartigen Tumorzellen von den normalen Prostatazellen festgelegt. Die Einteilung wird in einer Skala von 2-10 vorgenommen, wobei ein Tumor mit einem Gleason Score 2 die geringste und ein Tumor mit Gleason-Score 10 die höchste Bösartigkeit aufweist.
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Sehr geehrter Herr Dr. Rüedi,
Mit Ihren aufklärerischen Aussagen zu Beginn dieser Website, rate ich Ihnen ebenfalls vorsichtig zu sein. Ich lege Ihnen den Link zur Uni Bochum bereit, auch wenn diese Erkenntnisse noch nicht therapeutisch umgesetzt werden können: http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2009/msg00148.htm
Wie Sie wissen tut sich viel in Sachen Krebs und wer glaubt den Überblick zu haben, wird vermehrt bestraft. (Vgl. hierzu aktuell den Artikel aus dem Tages-Anzeiger Seite 40, Mittwoch, 20. Dezember 2017 „Der Selbstheiler“).
Ich selber habe die Diagnose Prostatakrebs mit 44 Jahren erhalten (Gleason 5+3), radikale Prostatektomie / Rezidiv nach 7 Jahren. Ich habe den vorgegebenen Therapieweg anschliessend nicht eingehalten, was mir bis jetzt weitere qualitativ gute 8 Jahre ermöglicht hat, ohne auf esoterisch, zweifelhafte Umwege zu gehen.
Ich bitte Sie diese Zeilen wohlwollend zu interpretieren. Ihnen besinnliche Festtage.
Philipp Sacher
Sehr geehrter Herr Sacher
Besten Dank, dass Sie Ihre Geschichte mit uns teilen und für Ihre ergänzenden Informationen zum Blogbeitrag. Wir werden diese gerne an Dr. med. Christian Rüedi weiterleiten.
Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute und auch Ihnen besinnliche Festtage!
Freundliche Grüsse
Barbara Ott
Junior Projektleiterin Social Media