Bis vor kurzem galten in Blutgefässe eingewachsene Tumoren als inoperabel. Neue kombinierte viszeral- und gefässchirurgische Techniken bringen auch bei Tumoren in der Leber oder der Bauchspeicheldrüse Hoffnung für die Betroffenen.

Kaum ein Gebiet in der Chirurgie hat sich in den letzten Jahren so verändert wie die operativen Möglichkeiten bei bösartigen Tumoren der Leber und der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Noch vor wenigen Jahren war ein Einwachsen der Tumoren in wichtige Blutgefässe eine Kontraindikation für eine Operation. Zudem galten in vielen Fällen Lebermetastasen, primäre bösartige Lebertumoren und Tumoren des Pankreas als unheilbar. Auch wenn noch immer nicht alle Probleme gelöst sind, gibt es doch enorme Fortschritte in der Behandlung dieser Erkrankungen.

Dank einer neuartigen Kombination von gefässchirurgischen Techniken und viszeralchirurgischen Operationsmethoden ist es heutzutage oft möglich, solche eingewachsenen Tumoren zu operieren. Neben den operativen Kenntnissen bedarf es einer ausgeklügelten Vor- und Nachbehandlung unter Einbezug verschiedener Spezialisten.

Die Regenerationsfähigkeit der Leber nutzen

Lebermetastasen von vielen Tumoren werden durch sogenannte multimodale Therapieansätze – Chemotherapie, Bestrahlung, Embolisation, lokale Hitzebehandlung und Operation – von verschiedenen Seiten her angegriffen, verkleinert und schliesslich entfernt. Hierbei machen sich die Ärzte die einzigartige Fähigkeit der Leber zunutze, nach einer Teilentfernung wieder nachzuwachsen. Dies zeigt das nachfolgende Beispiel.

Lebermetastasen eines bösartigen Dick- oder Mastdarmtumors treten häufig auf. Liegen diese am Rand der Leber, können sie relativ leicht durch eine sogenannte Keilresektion entfernt werden, auch wenn es viele sind. Dabei werden einzelne Gewebeteile entfernt, mit dem Ziel, möglichst viel gesundes Gewebe zu erhalten. Je zentraler und tiefer die Tumoren liegen, desto schwieriger ist der Eingriff. So beispielsweise bei einer Leber mit insgesamt sechs Metastasen, wovon zwei im linken Lappen, vier im rechten liegen und eine davon nahe an den die Leber versorgenden, grossen Blutgefässen (Abb. 1).

So läuft die Operation ab

Zunächst wird die linke Leberhälfte von den 2 Herden mit einer Keilresektion befreit (Abb. 1a ). Da diese linke, von den Tumoren befreite Hälfte, zu diesem Zeitpunkt zu klein wäre, um ohne ihr rechtes Pendant ein Weiterleben zu ermöglichen, wird das nach rechts gehende Blutgefäss verschlossen (Abb. 1b). Das gesamte Pfortaderblut strömt nun in die linke, kleinere Leberhälfte. Von nun an wird rund 3 bis 4 Wochen abgewartet.

In dieser Zeit wächst die linke Leberhälfte nun rasch heran, während die rechte kleiner wird. In einer zweiten Operation erfolgt dann die Durchtrennung der linken Pfortader, vor und nach dem tumorbefallenen Bereich (Abb. 2). Danach wird die Pfortader wieder zusammengefügt. Nun kann die gesamte rechte Leberseite entfernt werden (Abb. 2c).

Leberkrebs

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Der Patient ist jetzt tumorfrei und hat eine Heilungschance von rund 50%. Selbst wenn im verbleibenden Leberteil nach einigen Jahren wieder ein Tumor oder eine Metastase nachwachsen sollte, kann man oft noch einmal operieren, da die Leber fast wieder die ursprüngliche Grösse erreicht hat. Darüber hinaus erhöht eine anschliessende Chemotherapie die Heilungschance zusätzlich.

Mit Kälte Zeit gewinnen

In besonders schwierigen Fällen, wenn die vom Tumorbefall betroffenen zentralen Blutgefässe sehr tief in der Leber liegen, kann manchmal in vollständiger Blutleere der Leber und mit lokaler Kälteeinwirkung operiert werden. Dabei wird die ganze Leber von der Blutzirkulation isoliert und mit einer kalten Konservierungslösung durchströmt. Diese Unterkühlung (Hypothermie) ermöglicht es dem Chirurgen, in Blutleere auch langwierige Rekonstruktionen von vital wichtigen Blutgefässen, welche die Leber versorgen (Pfortader, Leberarterien) oder entsorgen (Lebervenen), durchzuführen; denn die Leber benötigt in kaltem Zustand wesentlich weniger Sauerstoff und kann so viel länger ohne Durchblutung überleben.

Ein Blick auf den Bauchspeicheldrüsenkrebs

Ein anderes Beispiel verdeutlicht die Fortschritte bei der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs, einem besonders aggressiven Tumor. Noch vor Kurzem blieb mehr als 80% der Patienten eine chirurgische Entfernung versagt, weil entweder Metastasen oder noch häufiger ein lokal fortgeschrittenes Wachstum mit Befall von grossen Blutgefässen im Bauchraum vorhanden waren.

Leberkrebs

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Das Bild zeigt einen Pankreaskrebs, der in die Pfortader eingewachsen ist (Abb. 3). In diesem Fall kann der Tumor, zusammen mit dem Zwölffingerdarm, dem Kopfteil der Bauchspeicheldrüse, der Gallenblase und den umgebenden Lymphknoten fast immer entfernt werden, wenn das befallene Venenstück mitentfernt wird und entweder ersetzt oder gekürzt wieder vernäht wird. Anschliessend werden dann der Verdauungstrakt und die Pfortader wieder rekonstruiert (Abb. 4).

Die heutigen operativen Möglichkeiten erlauben es unter Umständen, auch betroffene Arterien nach Vorbestrahlung zu entfernen und beispielsweise mit körpereigenen Beinvenen zu rekonstruieren. In Einzelfällen können sogar Metastasen oder lokale Rezidive wieder entfernt werden. Auch hier kann eine nachfolgende Chemotherapie die Aussicht auf Heilung und/oder Lebensverlängerung wirkungsvoll verbessern.

Weitere Informationen zum Thema:

Website Chirurgisches Zentrum Zürich