Die Schulter hat einen grossen Bewegungsradius und wird aufgrund der fehlenden knöchernen Verankerung nur durch Bänder und Sehnen stabilisiert. Diese Sehnen werden als Rotatorenmanschette bezeichnet. Abnutzungen oder Unfälle können Rissbildungen in der Rotatorenmanschette verursachen. Eine Funktionsbeeinträchtigung am Schultergelenk beeinflusst den Alltag stark. Sind konservative Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel physiotherapeutische Massnahmen ausgeschöpft, ist oftmals eine Operation der nächste Schritt.
Bei der Operation wird die Funktionsfähigkeit der Rotatorenmanschette wiederhergestellt. Um nach der Operation wieder gute Beweglichkeit und Kraft in der Schulter zu erlangen, ist die physiotherapeutische Unterstützung massgeblich. In der Klinik St. Anna in Luzern begleiten spezialisierte Therapieexpertinnen alle Patientinnen und Patienten nach dem Eingriff. In sogenannten Therapievisiten werden die Beweglichkeit und die Kraft vor und nach der Operation überprüft und die Patientinnen und Patienten bezüglich des weiteren Behandlungsverlaufes beraten und instruiert. Die Erkenntnisse aus den Therapievisiten werden an die Operateure Dr. med. Philipp Meyer und Dr. med. Laszlo Molnar von der Orthopädischen Klinik Luzern weitergeleitet, welche diese Zusatzinformationen für die nachfolgende Sprechstunde nutzen.
Was ist eine Therapievisite und warum wird sie gemacht?
Die Therapievisite ist ein standardisiertes Verfahren, um die Outcome Parameter wie Schulterbeweglichkeit und Schulterkraft der Patientinnen und Patienten zu messen sowie die therapeutische Nachbetreuung durch Expertinnen und Experten sicherzustellen. Sie findet in enger Zusammenarbeit und Absprache mit den Operateuren statt und ist Teil der kontinuierlichen Qualitätskontrolle rund um die Operation. Die Patientinnen und Patienten erhalten die Möglichkeit, sich von spezialisierten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten beraten und unterstützen zu lassen. Die Therapievisite findet unabhängig von der ambulanten Physiotherapie statt und besteht aus drei Einzelterminen, welche nach drei Monaten, sechs Monaten und einem Jahr geplant werden. Das Ziel der Therapievisiten ist, Abweichungen vom Standardverlauf nach dem Eingriff sowie Komplikationen frühzeitig zu erkennen und dadurch die Ergebnisqualität zu sichern.
Wie ist die Beweglichkeit nach der RM-Naht Operation?
Die ersten sechs Wochen nach der Operation wird die Schulter durch ein Kissen ruhiggestellt. Sie darf von den Patientinnen und Patienten nicht aktiv bewegt werden. Ab der siebten Woche nach der Operation liegt der Fokus der physiotherapeutischen Nachbetreuung in der Verbesserung der Beweglichkeit. Drei Monate nach der Operation gelingt es den meisten Patientinnen und Patienten, den Arm selbstständig über die Horizontale zu bewegen. Sechs Monate nach der Operation ist die Beweglichkeit im Vergleich zur gesunden, nicht operierten Seite noch leicht eingeschränkt. Zwölf Monate nach der Operation kann grundsätzlich gesagt werden, dass die Schulterbeweglichkeit der operierten Schulter wieder mit der gesunden, nicht operierten Schulter vergleichbar ist. So können die meisten Patienten nach zwölf Monaten den Arm wieder über Kopf heben, um beispielsweise einen Gegenstand aus einem hohen Regal zu nehmen oder sich die Haare zu waschen und zu kämmen. Einzig bei Patientinnen und Patienten über 79 Jahre zeigt sich, dass die Beweglichkeit der operierten Schulter im Vergleich zur nicht operierten Schulter geringer bleibt. Die Alltagsaktivitäten werden dadurch jedoch nur minim eingeschränkt.
Wie ist die Kraft nach der Operation?
Beim ersten Therapievisitentermin drei Monate nach der Operation ist die Kraft der operierten Schulter im Vergleich zur nicht operierten Schulter noch deutlich eingeschränkt. Dies ist zu erwarten und gehört zu einem normalen Heilungsverlauf. Der Kraftunterschied verringert sich jedoch mit der Zeit stetig. Zwölf Monate nach dem operativen Eingriff unterscheidet sich auch die Kraft in der operierten Schulter nur noch wenig von der Kraft in der nicht operierten Schulter. Das leichte Kraftdefizit beeinträchtigt die Patientinnen und Patienten im Alltag kaum.
Allgemein kann gesagt werden, dass Männer im Durchschnitt mehr Kraft aufbringen als Frauen. Zudem wurde ersichtlich, dass die Kraft mit zunehmendem Alter abnimmt.
Kann man davon ausgehen, dass ein Jahr nach dem Eingriff «alles wieder gut ist»?
Die Daten zeigen einen vielversprechenden Verlauf. Im Durchschnitt wiesen die Patientinnen und Patienten ein Jahr nach dem operativen Eingriff fast seitengleiche Beweglichkeit und Kraft auf. Wichtig ist vor allem im ersten halben Jahr nach der Operation eine engmaschine Betreuung durch die Physiotherapie und dass die gelernten Übungen regelmässig durchgeführt werden. 94% der Patientinnen und Patienten im St.Anna haben in Bezug auf Kraft und Funktionsfähigkeit von der Intervention profitiert.