«Ist das normal so?» – Eine Frage, die Stillberaterin Céline Wälti oft zu hören bekommt. Ihr Arbeitsalltag in der Klinik Hirslanden ist sehr vielfältig: Sie bereitet schwangere Frauen aufs Stillen vor, betreut frischgebackene Eltern und hilft bei Stillproblemen wie Brustentzündungen und Milchstau. Im Blogbeitrag lesen sie mehr über ihren spannenden Alltag.
Liebe Céline, was genau macht eine Stillberaterin?
Eine Stillberaterin ist eine professionelle Begleitung und Unterstützung für Mütter, Väter und ihre Kinder. Sie beantwortet auftretende Fragen und gibt Tipps, wie Probleme beim Stillen leichter bewältigt werden können. Eine Stillberaterin bietet Fachwissen auf qualifizierter Basis, berät zu Stillhilfsmitteln und verfügt über wissenschaftlich fundierte Informationen über das Stillen. Ziel der Stillberatung ist es, dass die Mutter das Stillen und die Zeit mit ihrem Baby geniessen kann.
Wie wird man Stillberaterin? Welche Ausbildungen gibt es?
Wer Stillberaterin werden möchte, muss das Certificate of Advanced Studies (CAS) an der Berner Fachhochschule erlangen. Die Voraussetzungen dazu sind wie folgt:
- Eine abgeschlossene Berufsausbildung im medizinischen Bereich, mindestens auf HF-Stufe und zwei Jahre Berufserfahrung.
- Mindestens 1 000 Praxisstunden in der direkten Beratung von Mutter und Kind in den letzten fünf Jahren.
- Mindestens 90 Stunden Fortbildung auf dem Gebiet «Laktation und Stillen» innerhalb der letzten fünf Jahre.
Weshalb hast du dich dazu entschieden, Stillberaterin zu werden?
In den letzten Jahren durfte ich viele Stillberaterinnen kennenlernen, die mich sehr inspiriert haben. Ich wollte mir dieses umfangreiche Wissen auch aneignen und begann deswegen die Ausbildung zur Stillberaterin. Das Stillen nach der Geburt ist sehr zentral und klappt selten von Anfang an. Die Eingewöhnungszeit ist bei jeder Familie unterschiedlich, durchschnittlich dauert sie aber insgesamt ca. 2-3 Wochen. Aus diesem Grund möchte ich die Mütter beim Stillen unterstützen. Das Faszinierende am Stillen ist die individuelle Situation. Jedes Mutter-Kind-Paar funktioniert und agiert anders miteinander.
Wie sieht der Arbeitstag einer Stillberaterin in einer Klinik aus?
Ich schätze mich sehr glücklich, weil mein Alltag so vielseitig ist. Am Vormittag besuche ich die Wöchnerinnen auf der Station. Dabei nehme ich mir viel Zeit, die Frauen und ihre Neugeborenen kennenzulernen, um sie bestmöglich zu unterstützen. Am Nachmittag habe ich Zeit für ambulante Beratungen. Von Montag bis Freitag bietet die Klinik Hirslanden ambulante und telefonische Stillberatungen an.
Was sind die grössten Herausforderungen bei deinem Job?
Das Stillen ist ein Lernprozess, der viel Zeit und Geduld braucht. Im Akutspital ist jedoch genau dies nicht immer möglich. Wenn die Wochenbettabteilung vollständig belegt ist, hat man für die einzelne Wöchnerin kaum Zeit, sie beim Stillen zu unterstützen, Tricks zu zeigen oder Fragen zu beantworten. Um als Stillberaterin optimal zu unterstützen, ist es wichtig, eine gute Vertrauensbasis mit der Frau aufzubauen, um individuell auf Frau und Kind eingehen zu können. Dies benötigt jedoch Zeit. Deshalb ist für mich das Zeitmanagement die grösste Herausforderung, da ich schliesslich jeder Wöchnerin gerecht werden möchte.
Wie unterstützt eine Stillberaterin die Familien vor der Geburt, wie nach der Geburt?
Als Stillberaterin berate ich Frauen in der Schwangerschaft und in der gesamten Stillzeit. Alle Frauen, die Fragen zum Stillen oder Stillprobleme haben, auch jene, die nicht in der Klinik Hirslanden geboren haben, können sich bei uns zur Stillberatung melden. Gerne beraten wir auch Frauen während der Schwangerschaft, z.B. Frauen mit Flach- oder Hohlwarzen, oder Frauen, die ein Kind mit einer Behinderung erwarten oder selbst eine Grunderkrankung haben. Auch Mütter, die nicht stillen wollen und sich gerne über Alternativen zum Stillen informieren möchten, sind bei uns willkommen.
Wie lange unterstützt die Stillberaterin die Mütter? Bis zum Ende des Wochenbetts – oder auch darüber hinaus?
Das ist sehr unterschiedlich. Im Wochenbett unterstützen wir die Frauen nach der Geburt, um einen guten Stillstart zu ermöglichen, denn dieser ist entscheidend für den weiteren Stillverlauf. Danach ist es unterschiedlich. Ich begleite Frauen teilweise über Monate hinaus bis zum Abstillprozess. Nicht jede Familie braucht gleich viel Unterstützung.
Welche Unsicherheiten haben frischgebackene Mütter, wenn es um das Stillen geht?
Die Frage: «Ist das normal so?» kommt bei mir mehrmals täglich zum Einsatz. Mütter lassen sich durch ihr Umfeld oder durch in der Schwangerschaft gelesene Informationen teilweise stark verunsichern und beeinflussen. In dieser Situation ist es als Stillberaterin sehr wichtig, empathisch zu sein. Verunsicherte Frauen brauchen viel Halt und jemanden, der sie professionell begleitet, ihnen zuhört und sie vorbehaltlos stärkt. Als Stillberaterin ist man oft einfach auch eine mentale Unterstützung, um die Frauen in ihrem Tun zu ermutigen und zu bestärken.
Kann man sich denn aufs Stillen vorbereiten?
Nein, aufs Stillen kann man sich nicht vorbereiten. Alles, das man bereits in der Schwangerschaft tun kann, ist es, sich bequeme Still-BHs zu kaufen, die man in die Klinik mitnehmen könnte. Ich rate davon ab, während der Schwangerschaft die Brustwarzen mit irgendwelchen Hilfsmitteln abzuhärten. Dies führt nur zu Verletzungen und bringt im Nachhinein gar nichts. Man kann aber schon während der Schwangerschaft darauf achten, die Haut mit Feuchtigkeit gut zu verpflegen, beispielsweise mit Ölen oder reichhaltigen Bodylotionen. Dies kann helfen, Dehnungsstreifen zu reduzieren – auch an den Brüsten.
Welche Informationen wünschen sich Mütter in Bezug aufs Stillen und die Ernährung?
Frauen freuen sich nach der Schwangerschaft wahnsinnig darauf, wieder alles essen zu dürfen, was während der Schwangerschaft verboten war. Ich weise die Frauen nach der Schwangerschaft jeweils darauf hin, dass sie sich ausgewogen und gesund ernähren sollen. Auch empfehle ich Frauen in der Stillzeit keine Diät zu starten, da man mit dem Stillen täglich bis zu 500 kcal zusätzlich verbraucht und so einen erhöhten Kalorienbedarf aufweist. Lebensmittel wie Pfefferminze, Salbei und Petersilie können die Laktation negativ beeinflussen, darum rate ich davon ab. Koffeinhaltige Lebensmittel und Getränke dürfen konsumiert werden, allerdings nicht zu viel. 3-4 Tassen Kaffee täglich sind beispielsweise völlig unbedenklich.
Die richtige Ernährung in der StillzeitIm Blogbeitrag «Wie ernährt sich Mami in der Stillzeit richtig?» erklärt Ernährungsberaterin Sandra Müller, wie sich die Mutter in der Stillzeit gesund und ausgewogen ernähren kann. |
Kommt eine Stillberaterin bei jeder frischgebackenen Mutter zum Einsatz?
Ja, die Stillberaterin besucht nach der Geburt jede frischgebackene Mutter. Auch Mütter, die nicht stillen können oder möchten, könnten Fragen zu Alternativen zum Stillen haben oder Beschwerden an den Brüsten entwickeln.
Ist die Stillberatung in der Krankenkassen-Grundversicherung abgedeckt?
Die Grundversicherung übernimmt bei allen Frauen drei ambulante Stillberatungen. Bei akuten Brustproblemen, wie z.B. Entzündungen, wunden Brustwarzen und Milchstau, übernimmt ebenfalls die Krankenkasse die Kosten.
Was war das schönste Erlebnis in deiner Hirslanden-Zeit?
Es gab so viele bereichernde Momente. Es ist besonders schön, wenn man eine Frau mehrere Tage auf der Wochenbettabteilung betreut hat und dann beobachtet, wie die Familie mit Freude und einem guten Gefühl nach Hause geht. Oft wird uns zum Abschied reichlich gedankt. Dies erfüllt mich mit grosser Freude und bestätigt mich in meiner Arbeit. Eine glückliche Familie beim Verlassen der Klinik zu sehen ist das Schönste in meinem Beruf.
Vielen Dank, liebe Céline, dass du uns einen Einblick in deinen Alltag als Stillberaterin gegeben hast.
Weitere InformationenHier finden Sie weitere Blogbeiträge zum Stillen, u.a. zu den Themen Stillpositionen, Brustpflege und Ernährung in der Stillzeit sowie Milchstau. |
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