Die Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) ist der wichtigste Risikofaktor für Gebärmutterhalskrebs. Neben dem konsequenten Gebrauch von Kondomen kann auch eine entsprechende Impfung sexuell aktive Frauen und Männer vor den gefährlichsten HP-Viren schützen. Regelmässige Kontrolluntersuchungen sind aber selbst nach einer Impfung unumgänglich, wie Dr. med. Matti S. Kuronen, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Hirslanden Klinik Aarau, im Interview erklärt.

Welche Frauen haben ein besonders hohes Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Grundsätzlich kann es jede Frau treffen. Der wichtigste Risikofaktor ist jedoch die Infektion mit bestimmten Arten von humanen Papillomaviren (HPV). Einige davon können eine Veränderung des Gewebes auslösen. Das wiederum kann zu Gebärmutterhalskrebs führen.

Im Umkehrschluss bedeutet jedoch eine HPV-Infektion nicht zwangsläufig Gebärmutterhalskrebs?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Nein, keineswegs. Tatsächlich erkranken Schätzungen zufolge rund 70 Prozent der sexuell aktiven Frauen und Männer im Laufe ihres Lebens irgendwann einmal an HPV. In drei von vier Fällen heilt die Infektion jedoch aus, ohne irgendwelche Symptome zu verursachen. Gefährlich wird es erst dann, wenn die Infektion chronisch wird.

Gibt es weitere Risikofaktoren, die eine Erkrankung begünstigen?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Rauchen, Geschlechtsverkehr in sehr jungem Alter und mit häufig wechselnden Sexualpartnern, zusätzliche Infektionen der Geschlechtsorgane durch sexuell übertragbare Krankheitserreger sowie chronische Störungen der Immunabwehr können das Risiko in der Tat erhöhen.

Gibt es Altersgruppen, bei denen die Erkrankung besonders häufig vorkommt?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Da besonders sexuell aktive Frauen mit häufig wechselnden Partnern gefährdet sind, lässt sich eine gewisse Häufung der Erkrankung bei den 20- bis 30-Jährigen und wiederum bei den 50-Jährigen feststellen.

Was kann man tun, um das Erkrankungsrisiko zu reduzieren?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Der konsequente Gebrauch von Kondomen kann das Risiko, sich mit HPV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu infizieren, massgeblich senken.

Wie sinnvoll ist eine Impfung gegen HPV?

Dr. med. Matti S. Kuronen: In der Tat können sich junge Frauen zwischen 11 und 26 Jahren gegen die gefährlichsten HP-Viren impfen lassen (grundsätzlich auch noch danach). Im Idealfall erfolgt die Impfung bereits vor dem ersten Geschlechtsverkehr, um einen optimalen Schutz zu gewährleisten.

Wie lange hält die Impfung an?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Der Impfschutz hält für mindestens zehn Jahre.

Wie sieht der Impfplan genau aus?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Die Eidgenössische Kommission für Impffragen empfiehlt die HPV-Impfung als Basisimpfung für alle Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren. Im Alter von 15 bis 19 Jahren sollte dann eine zweite Impfung erfolgen. Für junge Frauen von 20 bis 26 Jahren sowie für Jungen und Männer im Alter von 11 bis 26 Jahren wird die HPV-Impfung als ergänzende Impfung empfohlen.

Die Impfung wird immer wieder auch kritisiert. Zu Recht?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Es gibt natürlich zahlreiche Impfgegner. Eines der Hauptargumente, die ich teilweise gerechtfertigt empfinde, ist jenes, dass die Impfung eben nur vor einem Teil der Viren schützt. Folglich erfährt man durch die Impfung keinen 100-prozentigen Schutz. Dennoch überwiegt aus meiner Sicht der Nutzen, der aus einer systematischen Impfung junger Mädchen hervorgeht.

Ein Krebsabstrich ist also weiterhin für jede Frau empfehlenswert?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Nicht nur empfehlenswert, sondern absolut essentiell. Denn keine andere Krebserkrankung kann durch entsprechende Vorsorgeuntersuchungen so effektiv verhindert werden wie der Gebärmutterhalskrebs. Seit der Einführung des zytologischen Screenings in den 1960er-Jahren konnte die Anzahl neu auftretender Erkrankungen hierzulande massiv reduziert werden und ist heute auf einem der tiefsten Niveaus weltweit. Gemeinsam mit dem Krebsabstrich kann je nach Situation auch gleich ein HPV-Screening stattfinden, um so allfällige Viren zu bestimmen.

Ab wann sollten Screenings durchgeführt werden?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Im Gegensatz zu anderen Ländern werden Frauen in der Schweiz nicht aktiv zu einem Screening eingeladen, sondern sind selbst dafür verantwortlich, einen entsprechenden Termin zu vereinbaren. Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) empfiehlt, unabhängig vom Beginn der sexuellen Aktivität oder von anderen Risikofaktoren, ab 21 Jahren mit den Screenings zu beginnen.

Wie häufig sollten die Screenings durchgeführt werden?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Hier gehen die Meinungen etwas auseinander. Die SGGG empfiehlt Frauen in den Zwanzigern, alle drei Jahre ein Screening durchzuführen. Ich persönlich halte das für zu wenig und würde eine engmaschigere Kontrolle im Jahresrhythmus empfehlen.

Wie läuft der Untersuch ab?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Es handelt sich dabei um eine sehr simple Untersuchungsmethode, bei welcher der Arzt oberflächliche Zellen vom Gebärmutterhals und vom äusseren Bereich des Muttermunds mit Hilfe eines Stäbchen abstreicht. Daher kommt auch die bekannte Bezeichnung „Abstrich“. Anschliessend kann man sehr schnell erkennen, ob es bei den Zellen zu Veränderungen gekommen ist. Der Untersuch ist weder schmerzhaft noch birgt er irgendwelche Risiken.

Was, wenn der Abstrich tatsächlich auffällig war?

Dr. med. Matti S. Kuronen: In diesem Fall empfehlen sich Halbjahreskontrollen, um die Entwicklung im Auge zu behalten. Eine Kolposkopie, sprich eine Scheidenspiegelung, lässt eine noch genauere Diagnose zu. Wenn man nach zwei bis drei Krebsabstrichen eine Dynamik feststellen kann, ist unter Umständen eine Konisation empfehlenswert. Hierbei wird ein kleines Stück vom Muttermund entfernt. Dieser Eingriff ist gleichermassen diagnostisch wie auch therapeutisch.

Und das Risiko eines solchen Eingriffs am Muttermund?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Tatsächlich können sich durch diesen Eingriff minimale Risiken im Zusammenhang mit künftigen Schwangerschaften ergeben. Es kann etwa eher zu Frühgeburten kommen. Letztlich ist es immer eine Frage, ob die spezifische Diagnose einen solchen Eingriff rechtfertigt oder man besser auf eine Spontanheilung hofft.

Eine Spontanheilung ist möglich?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Ja, die Werte können sich innerhalb von ca. 23 Monaten durchaus verbessern. Bei unklaren Krebsabstrichen kann zudem auch die temporäre Anwendung eines Vaginalgels am Gebärmutterhals helfen. Das Gel lässt sich selbstständig während drei Monaten applizieren und kann eine Heilung begünstigen.

Besteht nicht das Risiko, dass sich die Zellen in diesem Zeitraum gefährlich stark verändern?

Dr. med. Matti S. Kuronen: Zerfixkarzinome, also Gebärmutterhalskrebse wachsen in der Regel sehr langsam. Deshalb und dank der guten Vorsorge kann man meistens schon in der Vorstufe therapeutisch reagieren, bevor sich tatsächlich eine Krebserkrankung entwickelt.

Weitere Informationen zum Thema Gebärmutterhalskrebs finden Sie unter: 
www.hirslanden.ch/gebaermutterhalskrebs