Ist Golf ein Sport? Ja, und wie! Das sagt Dr. med. Matteo Rossetto, Leiter konservative Sportmedizin an der Sportklinik Basel. An seinem Vortrag in der Hirslanden Klinik Birshof referierte der Facharzt über das Thema «Der Golfschwung aus medizinischer Sicht».

Golf ist eine Aktivität für ältere Semester. Für reiche Leute, die häufig ein wenig übergewichtig sind und für einen komplizierten Spaziergang in seltsamer Bekleidung auf dem Golfplatz erscheinen. Etwa so lauten die Vorurteile gegenüber Golf. Die Realität sieht anders aus. «Golf ist durchaus ein Sport. Vor allem, wenn man die Eckpunkte anschaut, die eine Golfrunde mit sich bringt», stellt Matteo Rossetto klar. Mit 18 Löchern sind Golfer vier bis fünf Stunden unterwegs und legen bis zu zwölf Kilometer zurück. Von den über 435 Muskeln des Körpers sind rund 400 im Dauereinsatz. Während einer Golfrunde erfolgen 100 bis 200 Schwungbewegungen. Der Energieverbrauch auf einer 18-Loch-Golfrunde beträgt rund 1400 bis 1500 Kilokalorien.

Der Golfschwung ist ein komplizierter Bewegungsablauf

«Nach dem Bewegungsablauf im Stabhochsprung ist der Golfschwung die komplizierteste Bewegung im Sport», weiss der Facharzt für Sportmedizin. Ein guter Golfschwung benötigt eine konsistente Bewegungskontrolle, eine harmonische Körperrotation, eine hohe Schlägerkopfgeschwindigkeit, einen optimalen Ballkontakt (Impact) und die Reproduzierbarkeit auch in schwierigen Lagen. Die Beschleunigung des Golfschwungs erfolgt in einer Kette von unten nach oben. Von Beinen und Becken über Rumpf und Schultergürtel bis hin zum Führungsarm und Golfschläger.

Ist der Golfschwung gesund?

Der Golfschwung ist durch die Kombination aus axialer Rotation, Seitneigung und Streckung-Beugung mit einer hohen Belastung der Wirbelsäule verbunden. Die Problematik tritt beim Abschwung, Impact und Durchschwung auf. Je höher Golfer seitlich neigen, umso mehr belasten sie die Bandscheiben. Tipp: Beim Abschlag aufrechter stehen, Rückschwung abkürzen und Schulterdrehung und Hohlkreuz nicht forcieren.

Profis leiden häufig an Überlastungsbeschwerden der Wirbelsäule, Amateure verletzen sich hingegen meist aufgrund körperlicher und technischer Defizite, hier sind vor allem obere Extremitäten und Wirbelsäule betroffen. Laut einer deutschen Studie spielen nur 8 Prozent der Golfenden eine Saison ohne Beschwerden. Freizeitgolfer sind im Schnitt 5,2 Wochen pro Jahr ausser Gefecht (Liem D. et al, 2005: Verletzungen und Überlastungsschäden im Golfsport).

Allgemeine Leistungsfähigkeit und spezifisches Training

«Der Golfschwung ist nur so gut, wie Ihr Körper es zulässt», so Dr. med. Matteo Rossetto. Es gilt also, die eigene körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Heisst: Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination üben. Andererseits ist ein spezifisches Training nötig, um die Defizite beim Golfschwung zu beseitigen. Übungen für Stand, Gleichgewicht, Bewegungskontrolle und Konsistenz sind hilfreich. Oder ein Golfprofi. Aber: «Trotz Tipps verbessern sich die Golfer oft nicht. Weil aus der Vorstellung, etwas genau so zu machen, wie es der Pro einem gesagt hat, der ganze Bewegungsablauf nicht mehr stimmt. Der Trainer kann nicht viel dafür. Warum? Weil die Golfer nichts an den körperlichen Voraussetzungen ändern.»

So sieht die ideale Saisonplanung eines Golfamateurs aus:

Speziell in den golffreien Wintermonaten soll ein Golfspieler an seinen golfspezifischen körperlichen Fähigkeiten arbeiten. Ein spezieller Golfscreening-Test des auf die Golfgesundheit spezialisierten Titleist Performance Institutes entlarvt die individuellen körperlichen Defizite, die im Wintertraining spezifisch korrigiert werden können. Auch in der eigentlichen Golfsaison von März bis Oktober lohnt es sich, nicht einfach drauflos zu spielen, sondern auch an Schwungtechnik und Taktik zu feilen.

Vor jedem Golfspiel immer gut aufwärmen, um Verletzungen und Beschwerden vorzubeugen. Aber Achtung: Nur ein Warm-up von über zehn Minuten ist hierfür effektiv.

Viel Spass und ein verletzungsfreies Golfen!

 

So trainieren Sie neben dem Golfplatz

  • Ausdauer (Herz-Kreislauf): 1–2-mal pro Woche, 30–60 Minuten, indoor oder outdoor (Fahrrad, Crosswalker, Laufband, Rudergerät, Jogging etc.)
  • Beweglichkeit: Stretching und Gymnastikübungen so oft wie möglich
  • Kraft: 2-mal pro Woche ca. 60 Minuten alle Körperpartien, vor allem den Rumpf, bis zur Ermüdung
  • Technik: Schwungtraining für Rhythmus, Tempo und Gefühl mit kurzen Eisen

Weitere Trainingstipps für den Golfsport finden Sie im Blogbeitrag Trainingsprogramm für den Golfsport