Eierstockkrebs ist selten, aber gefährlich. Bei einer Diagnose ist eine Operation unumgänglich, meist braucht es zusätzlich noch eine Chemotherapie. Im folgenden Beitrag erkläre ich Ihnen, wie Eierstockkrebs erkannt wird und welche Behandlung auf die Patientin zukommt.
Wie in meinem früheren Blogbeitrag zum Thema Eierstockkrebs dargelegt, wird diese Erkrankung leider meistens erst in einem fortgeschrittenen Stadium erfasst, da Frühsymptome gering und meistens uncharakteristisch sind. Eierstockveränderungen sind allerdings häufig. Bei Frauen vor der Menopause (Ausbleiben der Periode) sind sie in 7% bösartig, später in über 30%. Die Krankheit tritt am häufigsten zwischen dem 50. und 70. Altersjahr auf, in einem Lebensabschnitt, in dem oft Bauchbeschwerden beklagt werden, die andere Ursachen haben (entzündete Divertikel, Ausstülpungen des Dickdarms, Neuralgien durch Druck von Bandscheiben auf die Nervenwurzeln), was das Deuten der Symptome erschwert. Jedoch kann diese Erkrankung auch in jüngeren Jahren auftreten (meine jüngste Patientin mit Eierstockkrebs war erst gerade 16-jährig!).
Diagnose durch Gewebsprobe
Bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall, CT, Röntgen können eine Eierstockerkrankung vermuten lassen, sind jedoch nicht beweisend, weshalb lediglich eine Gewebsuntersuchung (Histologie) die Diagnose bestätigt oder ausschliesst. Dies geschieht immer operativ, mittels Laparaskopie (Bauchspiegelung), wenn eher eine gutartige Veränderung wahrscheinlich ist, oder bei vermuteter Bösartigkeit, durch eine Laparatomie (Bauchschnitt). Bei einem Bauchschnitt kann der Arzt zugleich die Ausdehnung der Erkrankung erfassen und in der gleichen Operation die nötigen Operationsschritte vornehmen.
Umfang der Operation
Eierstockkrebs zeigt sich selten als einheitliches Krankheitsgeschehen, sondern sehr facettenreich, weshalb die Behandlung individuell sehr stark variiert. So ist es zum Beispiel unterschiedlich, auf welche weiteren Organe der Tumor sich bereits ausgedehnt hat. Dies können Bauchfell, Lymphknoten, Darmabschnitte und weitere sein. Diese müssen, soweit möglich, radikal vom Tumorgewebe «befreit» werden, was oft einen ausgedehnten Eingriff verlangt.
Lokal beschränkte Operationen sind nur zu verantworten, wenn die Eierstockveränderungen gutartig sind, wenn sich ein Tumor auf den Eierstock beschränkt und minimal aggressiv ist oder bei dringendem Kinderwunsch. Dabei muss der Arzt die Patientin umfassend über die Ernsthaftigkeit der Erkrankung und das Rückfallrisiko informieren. Eine umfassende operative Behandlung, also die komplette Entfernung des Eierstockes oder beider Eierstöcke und der Gebärmutter, stehen für mich aufgrund der Risiken immer im Vordergrund, auch wenn sich bösartige Veränderungen noch im Frühstadium befinden oder eine geringe Aggressivität zeigen.
Fertilitätserhaltende Eingriffe bei bösartigen Eierstockerkrankungen nur ausnahmsweise
Durch die Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter vor der Menopause (Ende der fruchtbaren Lebensphase) wird es den betroffenen Frauen verunmöglicht, schwanger zu werden. Ebenso bewirkt die Entfernung der Eierstöcke, dass sie «schlagartig» mit den Wechseljahren konfrontiert werden. Zwei Aspekte, die Frauen in diesen Lebensphase zusätzlich zur Ernsthaftigkeit der Krankheit stark belasten. Dennoch sollte eine fruchtbarkeitserhaltende Behandlung bei bösartigen Eierstockerkrankungen nur ausnahmsweise erfolgen.
Fast immer Chemotherapie nach der Operation
Wie weiter oben erwähnt, sind die Facetten eines Eierstockkrebses vielfältig. Bei fortgeschrittenen und aggressiven Befunden wird deshalb eine entsprechend intensive Chemotherapie empfohlen, um Nacherkrankungen zu vermeiden oder zu verzögern. Verfügt das onkologische Team über alle Daten (Ausdehnung des Tumors, Aggressivität und Befall von Organen), wird es abwägen, ob und in welcher Intensität eine Chemotherapie erfolgen sollte.
Auch wenn Eierstrockkrebs schwer zu erkennen ist, sind regelmässige gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen unabdingbar und eine Basis zur Früherkennung. Ebenso rate ich jeder Frau, jedwelche Beschwerden im Unterbauch ernst zu nehmen und mit ihrem Gynäkologen zu besprechen. Denn: Je früher ein Eierstockkrebs erkannt wird, umso höher sind die Heilungschancen.
Kontakt:
Zentrum für gynäkologische Onkologie
Schulhausstrasse 5
8002 Zürich
T +41 78 830 62 27
Autor: Dr. med. Reto Stoffel ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, speziell Operative Gynäkologie und Geburtshilfe, und Spezialist für Senologie / Brustmedizin. Er war als Belegarzt an der Klinik Im Park in Zürich tätig, bevor er 2019 in den Ruhestand trat.
Lesen Sie auch den folgenden Artikel, der sich mit der Vorsorge und Früherkennung von Eierstockkrebs befasst: |