Mit ca. 30 % sind Knieverletzungen die häufigsten Skiunfälle auf den Pisten. Ganz vorne dabei in der Statistik ist der Kreuzbandriss. Es gibt verschiedene Kriterien, die bei der individuellen Entscheidungsfindung zur Behandlung einfliessen.
Wir durften zwei Patientinnen von Dr. med. Andreas Krüger, Belegarzt in der Klinik im Park und Klinik Hirslanden in Zürich, kennen lernen. Beide lieben das Skifahren und beide verletzen sich hierbei das vordere Kreuzband. Unterschiedlicher können ihre Geschichten nicht ausfallen. Ehemalige Skinachwuchs-Kader- vs. Hobby-Skifahrerin, Operation vs. konservative Behandlung.
Wie alles geschah und welche Behandlung gewählt wurde, erfahren Sie in unseren beiden Patienteninterviews:
- Gabi Dürig: «Kreuzbandriss: Ich wurde konservative also ohne Operation behandelt»
- Natalija Oehri: «Kreuzbandriss: Ich entschied mich für eine Operation»
Im folgenden Interview erklärt uns Dr. med. Andreas Krüger, wieso der Kreuzbandriss eine typische Skiverletzung ist. Gleichzeitig erklärt er, wann die konservative und wann die operative Behandlung Sinn macht.
Herr Dr. Krüger, wir durften zwei Patientinnen von Ihnen kennen lernen. Beide haben sich beim Skifahren eine Kreuzbandverletzung geholt. Überraschend war die Unfallart von Frau Oehri. Sportliche junge Frau, die über das eigene Kind im Zeitlupen-Tempo stürzte und sich so das vordere Kreuzband riss. Hat die Sportlichkeit der Person einen Einfluss auf den Verletzungsgrad des Kreuzbandrisses?
Dr. med. Andreas Krüger: Bei vielen Kreuzbandrissen spielt die Sportlichkeit (also die Fitness) nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend für den Verletzungsgrad sind der Unfallmechanismus und die wirkende Kraft. Typische Knieunfälle beim Skifahren passieren nicht nur auf der Piste, sondern auch beim Anstehen am Lift, wenn es beispielsweise bei fixiertem Unterschenkel zum Sturz kommt und die Skibindung nicht auslöst.
Drei Mechanismen sind häufig zu finden:
- Der Unterschenkel und der Oberschenkel werden gegeneinander rotiert.
- Das Knie erfährt eine X-Beinfehlstellung.
- Eine Kombination, auf die das Knie nicht gut mit muskulärer Stabilisation reagieren kann.
Zusätzlich muss erwähnt werden, dass auch geistige und körperliche Ermüdung den Verletzungsgrad oft massgeblich beeinflussen. Prinzipiell sind nach dem Mittagessen und bei der letzten Fahrt die Unfallquoten erhöht.
Ist der Kreuzbandriss ein typischer Skiunfall? Wieso ist das so?
Dr. med. Andreas Krüger: Skifahren gehört mit zu den Knie beanspruchenden Sportarten. Bei den Skifahrern, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen, ist das Knie die am häufigsten verletzte Körperstelle. Jährlich verletzen sich gemäss Beratungsstelle für Unfallverfütung (bfu) ca. 46 000 Wintersportler. Die vordere Kreuzbandruptur mit 38% aller Knieverletzungen ist die am häufigsten auftretende spezifische Diagnose (Brucker et. al, Alpiner Skibreiten- und Skileistungssport, 2014).
Wieso das so ist, lässt sich mit dem oben beschriebenen Mechanismus erklären. Je nach Sturz können die Fixation des Unterschenkels und die Rotation des Oberschenkels das Knie stark belasten und somit auch die Kreuzbänder.
Kann man vor dem Skifahren was tun, um die Verletzungswahrscheinlichkeit zu minimieren?
Dr. med. Andreas Krüger: Ein wesentlicher Faktor ist die Vorbereitung auf die Skisaison und die Risikominimierung. Eine gut trainierte Muskulatur, die weiss, wann sie wie zu funktionieren hat, kann helfen, die Unfallwahrscheinlichkeit im Risikobereich zu senken.
Das richtige Skiequipment und die korrekte Einstellung der Bindung aus Expertenhand sind eigentlich selbstverständlich.
Zwei Ihrer Patientinnen erlitten eine ähnliche Verletzung. Sie wählten aber unterschiedliche Behandlungen. Wann eignet sich die operative Massnahme, wann die konservative Massnahme?
Dr. med. Andreas Krüger: Ob sich eine konservative oder operative Massnahme für den Patienten eignet, hängt von verschiedenen Kriterien ab: biologisches Alter (wie alt fühlt er sich), / tatsächliches Alter, Vorhandensein einer Meniskusverletzung, Schmerzintensität, Sportausübung (Stop-and-Go-Sportarten wie Tennis, Fussball oder harmonische rhythmische Bewegungen wie Schwimmen, Golfen), Kniestabilität und zuletzt auch die persönlichen Ansprüche des Patienten.
Entscheidend für den Erfolg der konservativen Behandlung ist die Unversehrtheit des Meniskus und des Knorpels sowie der anderen Bänder im Knie. Aktuelle Studien haben gezeigt: Wenn das Knie neben einem Kreuzbandriss auch eine Meniskus- und/oder Knorpelverletzung aufweist, ist das Ergebnis besser, wenn das Knie operiert wird. Dabei wird das Kreuzband in der Regel durch eine körpereigene Sehne ersetzt. Die Operation dient in diesem Fall gleichzeitig auch als Schutz des Meniskus, um Folgeerkrankungen wie Arthrose, die durch eine zusätzliche Meniskusverletzung begünstigt wird, zu vermeiden bzw. minimieren.
Das heisst zusammengefasst:
Konservative Methode:
- Gute Belastbarkeit direkt nach Unfall
- Geringe Leistungsanforderung an das Kniegelenk
- Keine weitere Verletzung von Meniskus oder Knorpel
Operative Massnahme:
- Hohes Anforderungsprofil mit Stop-and-Go-Sportarten, subjektive Instabilität
- Zusatzverletzungen an Meniskus, Knorpel oder anderen Bändern
Ist eine Behandlungsart weniger schmerzhaft als die andere?
Dr. med. Andreas Krüger: Die operative Methode ist direkt nach der Operation nur in Einzelfällen schmerzhafter, wobei dies durch moderne Anästhesieverfahren gut gesteuert werden kann. Später sind der Verlauf und die Beschwerden sehr ähnlich.
Was muss man sich bewusst sein, wenn man sich für die eine oder die andere Massnahme entscheidet?
Dr. med. Andreas Krüger: Das Swiss Medical Board empfiehlt, Kreuzbandrisse während der ersten drei Monate mit konservativen Massnahmen zu behandeln, da es eine 30%-Chance gibt, dass das Kreuzband ohne Operation heilt. Bei guter initialer subjektiver Kniestabilität kann auch ohne Operation ein wieder gut belastbares Kniegelenk resultieren. Zu bedenken gelten aber die Faktoren Zeit, das Schwinden der Muskulatur respektive die Gefahr der sekundären Meniskusverletzung bei anhaltender Instabilität. Die sekundäre Meniskusverletzung durch die anhaltende Knieinstabilität ist einer der entscheidendsten Faktoren für die Langzeitprognose.
Verheilt das Kreuzband bei der konservativen Behandlung nicht, kann es zu einem sekundären Schaden am Meniskus oder Knorpel kommen. In diesen Fällen wird dann ebenfalls eine operative Behandlung empfohlen.
Die Empfehlung zum operativen Eingriff ist nach den Kriterien der internationalen Kniespezialisten bei der Patientin Natalija Oehri sicher die richtige Entscheidung.
Wie sieht die Rehabilitation aus? Gibt es Unterschiede?
Dr. med. Andreas Krüger: Die Rehabilitation ist in verschiedene Phasen gegliedert.
- In der ersten Phase werden vor allem der Schmerz und die Schwellung behandelt.
- In der nächsten Phase steht die Förderung der muskulären Stabilisation im Fokus.
- Die letzte Phase befasst sich mit der Steigerung der Belastung auf das Knie. Das Knie wird sportspezifisch auf die anstehende Belastung vorbereitet. Bevor die Patienten wieder wie gewohnt Sport ausüben dürfen, werden sie dem Ready-to-Sport-Test unterzogen, wobei mindestens 90% Leistung der Kraft und Stabilität der unverletzten Gegenseite erreicht werden müssen.
Nach der operativen Behandlung wird an Gehstöcken über drei Wochen teilentlastet mit erlaubter Vollbelastung in Streckstellung. Bei zusätzlicher Meniskusnaht muss der Patient für vier Wochen entlasten und dann allmählich bis zur sechsten Woche die Belastung aufbauen.
Die nicht-operative Methode erfordert einen ähnlichen Aufwand in der Physiotherapie, jedoch erfolgt die Belastung nach Massgabe der Beschwerden und Schwellung mit erlaubter Vollbelastung mit angelegter Knieschiene.
Das ist ein sehr guter, hilfreicher und informativer Artikel. Die meisten Ärzte wollen in der Regel meistens operieren bei einem Kreuzbandriss. Ist schön zu lesen dass das nicht immer sein muss, da es auch Fälle gibt bei denen es durchaus ohne Operation zu einer guten Regeneration kommen kann…
Freundliche Grüsse Sen G.
Der Artikel ist sehr informativ, ich habe 2015 einen Riss des vorderen Kreuzbandes beim Skifahren erlitten, der nicht operiert wurde. Dank eines tollen Phsiotherapeuten habe ich bereits 4 Monate später wieder einem Wanderurlaub in den Bergen machen können. Mit leichter Belastung und Schiene als Schutz (die nehme ich auch heute noch mit in die Berge, aber mehr als „Sicherheit für den Kopf“), aber jetzt nach 3 Jahren kann ich nur jeden, der überlegt, auch so zu handeln, dazu raten. Regelmäßiges Muskeltraining, was aber ja ins Sportprogramm integriert werden kann, muss man aber schon machen. Schlendrian merke ich schnell, aber wer sowieso gemäßigt Sport als Hobby hat, kommt gut klar.
Guten Morgen Frau Sterley
Danke für Ihren Kommentar und das Teilen Ihrer Geschichte.
Es freut uns, dass Sie wieder gesund sind und Ihr Kreuzband gut verheilt ist.
Wir wünschen Ihnen alles Gute.
Freundliche Grüsse
Barbara Ott
Social Media Specialist
ich, 69 jahre hatte einen bikeunfall mit kreuzbandriss vorne, kreuzband hinten sowie meniskus angerissen und knorpel verletzt. mein hausarzt hat entschieden, dass wir das ohne op lösen können. ich bin jetzt 3 wochen mit schiene ruhig zuhause und lese querbeet diverse artikel über kreuzbandrisse. was mich sehr verunsichert, ist, dass mein arzt physiotherapie nicht für nötig hält und ich noch 3 wochen so weiterfahren soll (darf abrollen beim gehen). meine knie waren vor dem unfall schon sehr instabil, da ich schlottergelenke habe und auch arthrose. das knie ist immer noch etwas geschwollen und hat auch noch wasser. auf was soll ich speziell achten und kann ich selber zur heilung beitragen. ich lege immer noch eis auf uns lagere mein bein hoch.
herzlichen dank für ein feedback ind freundliche grüsse
anita hirt
Habe am 2. März das Kreuzband gerissen und teilriss Innenband… habe eine eine orthopädische Schiene für 6 Wochen bekommen… gehe in die Physiotherapie und bin dort am velofahren… die Beugung geht noch nicht so gut…. aber die Stabilisation ist gut… bleibe positiv dass ich nicht operieren muss… bin zwar in meinem Job.. viel auf den Beinen.. ( Gastgewerbe).. haben sie mir noch einige Tipps die mir noch helfen…. viele Grüsse Fr. Bachmann..
Grüezi Frau Bachmann
Innerhalb der ersten Wochen ist es wichtig dass beim wieder gut belasten zu können und das Knie gut beugen und strecken zu können. In der Folge sollte die Muskulatur so bearbeitet werden dass sie genug Kraft haben um das Knie zu stabilisieren in Ihrem Beruf. Die Physiotherapie ist hier immens wichtig. Vor allem wieder Beginn des Sports sollte in der Physiotherapie einen sprechender Test durchgeführt werden um die Stabilität zu beurteilen. In der Anfangsphase ist deine Bandagen Versorgung hilfreich. Ziel sollte sein die Belastung stufenweise zu steigern. Bei Problemen mit dem Belastungsaufbau sollte eine Arzt Kontrolle stattfinden.
Hallöchen,
ihr Artikel sind sehr sehr hilfreich. Ich habe mir vor einer Woche d. vordere Kreuzband und einen schräg verlaufenden Innnenmeniskusriss (Hinterhof) zugezogen. Mein Arzt hat empfohlen, es ohne Op ausheilen zu lassen, 2 Wochen mit Krücken begleitend mit Knieorthese und sofort mit Physiotherapie zu beginnen. Mir macht allerdings d. Riss im Innenmeniskus Sorgen, denn davon habe ich erst erfahren, nachdem ich selber d. MRT-Bericht gelesen habe. Sind die Heilungschancen generell mit einer vergleichbaren Verletzung wie meine dennoch gut ohne OP oder hätten sie bei mir zu einer OP geraten? Ich bin sportlich u. habe davor Ausdauer u. Kraftsport gemacht.
Vielen Dank und herzliche Grüße