Vor mehr als zehn Jahren flüchtete Ismail Abdalla aus Somalia in die Schweiz. Dass er ohne Schulabschluss seine Lehre als Logistiker in der Klinik Birshof bestanden hat, ist ein Erfolg fürs ganze Team – und ein Beweis dafür, dass es sich lohnt, selbst bei Rückschlägen nicht aufzugeben.

Das Reich von Ismail Abdalla ist das Lager. Stolz zeigt der 30-Jährige auf die gefüllten Regale in der Klinik Birshof in Münchenstein. Fast alles hat er selbst bestellt. Die Warenbestellung und deren Kontrolle liegt ganz in seiner Verantwortung. Nach seiner Flucht aus Somalia ist die Festanstellung als Lagerist im Birshof das Ende einer langen Reise. «Ich habe mein Ziel erreicht», sagt der junge Mann. «Ich habe einen Beruf und einen festen Arbeitsplatz. Endlich kann ich meine Familie richtig unterstützen und mein Leben planen.»

Corsin Kohlbrenner lächelt, als er Ismail Abdalla so reden hört. Der Lehrlingsbeauftragte ist sichtlich stolz auf den jungen Mann, der im Sommer seine Ausbildung als Logistiker EBA bestanden hat. «Ismail regelt selbstständig einen Grossteil der Bestellungen für die Klinik, verteilt die Wäsche und sammelt den infektiösen Abfall ein. Bis auf die Implantate füllt er das ganze OP-Lager auf», sagt Corsin Kohlbrenner. Doch bis dahin war es ein langer Weg. «Das gesamte Team stand hinter der Ausbildung von Ismail und unterstützte ihn.»

Der Schlüssel zum Erfolg: Motivation und Sprachkenntnisse

Ismail Abdalla packte diese Chance. Als einziger Sohn der Familie hatte er seit seinem zehnten Lebensjahr in der somalischen Hauptstadt Mogadischu im Elektronikladen der Mutter mitgeholfen. Vor mehr als zehn Jahren war er vor dem Bürgerkrieg geflohen und in die Schweiz gekommen.

Acht Monate lebte der junge Mann mit 36 anderen Flüchtlingen in einem Bunker. «Das war eine schwierige Zeit», sagt er. Und ihm war klar: «Ich muss schneller Deutsch lernen.»

Doch in seiner Heimat hat Ismail Abdalla nur drei Jahre lang eine Schule besucht. Vieles hier war ihm fremd. «In Somalia gab es fast 20 Jahre lang keine Regierung», erzählt er. Alles sei chaotisch. «In der Schweiz gibt es für alles Regeln.» Schwer sei das nicht – wenn man die Regeln kenne. Heute kann er darüber lachen. Aber als sein Deutsch noch nicht so gut war, mussten die Kollegen vieles mehrmals erklären. Sein Vorteil: Die Kollegen hatten viel Geduld und er selbst war hochmotiviert. «Ismail kam nie zu spät und hat nie gefehlt», sagt Kohlbrenner. Die Rückmeldungen aus den Abteilungen seien durchwegs positiv gewesen.

Volles Engagement des Lehrlingsbetreuers

Zu Hirslanden gekommen ist Ismail Abdalla über die Jobfactory, die in Basel für die Arbeitsintegration von Flüchtlingen zuständig ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Somalier bereits mehrere Jahre lang Deutsch gelernt. Nach zwei Wochen schnuppern konnte er als Hilfsarbeiter bleiben. «Er hätte auch weiter über die Sozialhilfe bei uns beschäftigt bleiben können, aber wir erkannten sein Potenzial und seinen starken Willen und wollten ihm eine Ausbildung ermöglichen», sagt Birshof-Direktorin Beatriz Greuter, die damals als Bereichsleiterin zuständig war. Doch dem Bewerber fehlte für die Lehre nicht nur der Schulabschluss, er war auch zu alt. Der Kanton genehmigte die Ausbildung dennoch, und Zuschüsse von der Sozialhilfe gab es auch.

Zum bürokratischen Aufwand kam die persönliche Betreuung. Kohlbrenner half seinem Lehrling nicht nur bei privaten Behördenschreiben, etwa um einen temporären Reisepass zu beantragen, damit Abdalla mit seiner Fussballmannschaft in Holland spielen konnte. Auch für die Berufsschule brauchte der Lehrling Unterstützung. Drei Jahre lang ging Kohlbrenner einen Tag pro Woche mit seinem Lehrling die Bücher und Übungsklausuren durch. Zudem durfte der angehende Logistiker einmal in der Woche eine halbe Stunde früher Schluss machen, um die von Gewerbeverband und Ausbildungsverbund speziell für ihn angebotene Nachhilfe zu besuchen.

Nächstes Ziel: Das eidgenössische Fähigkeitszeugnis

«Bei jedem Test hat das ganze Team mitgefiebert», sagt Corsin Kohlbrenner. Der Lehrmeister habe immer sofort per SMS gefragt, wie es gelaufen sei, erzählt Abdalla. Am Ende musste er dann doch das zweite Lehrjahr wiederholen. «Das war natürlich ein Dämpfer», erinnert sich Kohlbrenner. «Aber wir haben per Handschlag beschlossen: Wir schaffen das.» Das Extra-Jahr hat sich gelohnt. «Jetzt bringt Ismail für den Job wirklich alles mit», sagt Kohlbrenner. Das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis sei ihr nächstes Ziel. Und Ismail Abdalla weiss: Zusammen können sie es schaffen. Nach zehn Jahren in der Schweiz ist der 30-Jährige angekommen. Er fühle sich bei Hirslanden wie in einer grossen Familie. «Corsin ist wie ein grosser Bruder für mich.»

Ishmails Abschluss

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Text: Kerstin Conz