Der Sommer naht und Ihre Haut wieder öfter der Sonne ausgesetzt. Um nicht unter den ultravioletten (UV-)Strahlen zu leiden, sollten Sie sich richtig verhalten.
Wir haben mit Dr. med. Alexandre Campanelli und Dr. med. Constance Pournaras Dinichert gesprochen, beide Spezialisten im Bereich Dermatologie und Venerologie und Mitglieder der FMH, tätig in der Hirslanden Clinique La Colline. Das Dermatologiezentrum ist ein medizinisches Praxiszentrum, spezialisiert auf die Prävention sowie die medizinische und/oder chirurgische Behandlung von Hauterkrankungen bei Patienten jeden Alters.
Beide sind sich einig: Um Krankheiten zu vermeiden, die durch falschen Sonnenschutz oder übermässiges Sonnenbaden entstehen, ist es wichtig, die Risiken zu kennen und einige Ratschläge zu befolgen.
Warum können Sonnenstrahlen gefährlich sein?
Dr. med. Constance Pournaras Dinichert: Sonnenstrahlen bestehen aus energetischen Teilchen unterschiedlicher Wellenlänge, darunter die unsichtbaren ultravioletten (UVA, UVB) und die Infrarotstrahlen, die mal mehr, mal weniger tief in die Haut eindringen können.
UV-Strahlen verursachen unter anderem Sonnenbrand oder Akne, Sonnenallergien oder Lichtdermatosen, eine Verdickung der Epidermis, eine verzögerte Pigmentierung (Bräunung), eine Verringerung der Abwehrkräfte des Immunsystems der Haut (Immunsupression), eine vorzeitige Hautalterung und die Bildung bösartiger Hauttumore (Karzinogenese).
UVB-Strahlen dringen meist nur in die oberen Schichten der Haut, die Epidermis, ein und können faktisch starke Zellveränderungen hervorrufen. Diese Veränderungen können langfristig zur Bildung von Hautkrebs wie einem Karzinom oder Melanom führen.
UVA-Strahlen kommen viel häufiger in der Atmosphäre vor als UVB-Strahlen und dringen direkt in die tieferen Schichten der Haut, die Dermis, ein. Sie lassen die toxischen freien Radikale entstehen, die wiederum die DNA der Zellen in den tieferen Hautschichten angreifen und Hautkrebs verursachen.
Der Zusammenhang zwischen Sonnenexposition und Krebsrisiko ist sehr komplex, aber im Grossen und Ganzen lässt sich sagen, dass häufiges und intensives Sonnenbaden schädlich für die Haut ist.
Wie kann ich meine Haut vorbereiten?
Dr. med. Alexandre Campanelli: In kleinen Mengen ist die Sonne für unseren Körper nützlich, denn er benötigt Vitamin D, um das Kalzium in den Knochen anreichern zu können. Der Grossteil des Vitamin D wird über unserer Haut gebildet, wenn sie den UVB-Strahlen ausgesetzt ist.
Indirekt ist die Sonne also gut für unser Knochengerüst, aber auch als Prävention, unter ärztlicher Aufsicht, bei Krankheiten wie Osteoporose, Rachitis, Schuppenflechte, Ekzemen, Gelbsucht und Winterdepression. Aber hierfür ist kein übermässig langes Sonnenbaden erforderlich.
Man kann die Haut nicht auf die Sonne vorbereiten: Eine positive Bräune gibt es nicht, es ist eine Reaktion der Haut auf die aggressiven UV-Strahlen. Die Melanozyten bilden Hautpigmente, sogenannte Melanosome, die einen Teil der Sonnenstrahlen absorbieren können. Es muss sich also jeder, egal welchen Hauttyp er oder sie besitzt, vor der Sonne schützen.
Welche Sonnencreme sollte ich verwenden und wie benutze ich sie?
Dr. med. Alexandre Campanelli: Zuallererst einmal ist es wichtig, seinen Hauttyp zu kennen. (Der Hauttyp ist eine Klassifizierung der unterschiedlichen Hautarten entsprechend ihrer Empfindlichkeit und Reaktionsfähigkeit gegenüber der Sonne.) Anhand dieser Klassifizierung lässt sich das Risiko der einzelnen Hauttypen abschätzen, wenn sie den ultravioletten Strahlen ausgesetzt werden. Ihrem Hauttypen entsprechend wählen Sie dann eine Sonnencreme mit dem passenden Lichtschutzfaktor.
Um sich optimal vor der Sonne zu schützen, sollten Sie vor allem Kleidung, eine Kopfbedeckung und eine Sonnenbrille tragen und im Schatten bleiben. Für Menschen mit heller Haut und für Kinder empfiehlt sich sogenannte UV-Schutzkleidung. Sonnencreme dient als eine ergänzende Massnahme.
Die wichtigsten Lichtschutzfaktoren (LSF) sind 15, 30 und 50+. Logischerweise gilt: Je heller der Hauttyp und je intensiver die UV-Strahlung ist, umso höher sollte der Lichtschutzfaktor sein. Allerdings sagt der Lichtschutzfaktor nicht auch gleichzeitig etwas über den Schutz vor UVB-Strahlen aus. Ein LSF von 15 absorbiert 93.3% der UVB-Strahlen, ein LSF von 30 hindert 96.7% der UVB-Strahlen daran, in die Haut einzudringen, und ein LSF von 50+ blockiert 98.3% der Strahlung.
Die Wirksamkeit einer Sonnencreme hängt aber nicht nur vom verwendeten Produkt ab, sondern auch davon, wie wir es verwenden und wie wir uns der Sonne anpassen. So muss die Creme für einen optimalen Sonnenschutz grosszügig (bei einem Erwachsenen mindestens 30 ml für den gesamten Körper) sowie alle 2 Stunden und nach jedem Baden erneut aufgetragen werden.
Letztendlich spielt die UVA-Strahlung, die auch für die Hautalterung verantwortlich ist, eine grosse Rolle bei der Entstehung von Hautkrebs. Also sollte man eine Sonnencreme verwenden, die sowohl vor UVB- als auch vor UVA-Strahlen schützt.
Wenn ich Muttermale habe, bin ich der Sonne gegenüber empfindlicher und muss ich mich dann anders verhalten?
Dr. med. Constance Pournaras Dinichert: Jeder Mensch besitzt Muttermale auf der Haut, die einen nur wenige, die anderen hunderte. Oftmals handelt es sich dabei um kleine, erhabene und braune Flecken, die man Nävi oder Nävus (Singular) nennt. Es sind gutartige Fehlbildungen der Epidermiszellen, der Melanozyten (diese Zellen produzieren das Pigment in unserer Haut, das Melanin). Sie treten mit der Geburt oder im Kleinkindalter bis ins Erwachsenenalter auf. Ihre Form und ihre Anzahl hängt von unseren Erbanlagen und unserer UV-Exposition ab. Jeder besitzt sein ganz eigenes Muttermal-Profil.
Bestimmte Arten von untypischen (unregelmässigen) Nävi, sogenannte dysplastische Nävi, stehen allerdings mit einem erhöhten Risiko bei der Entstehung von Hautkrebs in Verbindung. Sie besitzen die gleichen morphologischen Eigenschaften wie bestimmte Melanome im Anfangsstadium. Die ABCDE-Regel hilft uns, diese zu erkennen:
Es ist wichtig zu wissen, dass sich Melanome oftmals aus bereits vorhandenen Muttermalen entwickeln. Kurz gesagt ist jeder neue Pigmentfleck, der sich schnell verändert (Form, Farbe, Grösse, Kontur, Erhebung), der anders als die restlichen Muttermale aussieht (wie das kleine hässliche Entlein), der blutet oder juckt, verdächtig und sollte von einem Arzt untersucht werden.
Neben der Form und der Anzahl der Nävi existieren selbstverständlich weitere Risikofaktoren für Melanome. Es sind dies zum Beispiel ein heller Hauttyp, so Hauttyp I (rote Haare, helle Augen, weisse Haut, die nicht braun wird), eine familiäre Krebserkrankung eines nahen Verwandten, eine Immunsupression (wie beispielsweise bei einer Organtransplantation), eine berufs- und/oder hobbybedingte UV-Exposition, häufige Besuche im Solarium.
In all diesen Fällen sollten die Massnahmen zum Schutz vor UV-Strahlen, die Dr. med. Alexandre Campanelli oben beschrieben hat, sehr genau befolgt werden, und es empfehlen sich präventive Kontrollbesuche bei einem Dermatologen.
Wie lange kann ich in der Sonne baden?
Dr. med. Alexandre Campanelli: Die Intensität der UV-Strahlung ist von zahlreiche Faktoren abhängig: Die Dauer der Exposition, die Jahreszeit, die Höhenlage, der Breitengrad, aber auch die Oberflächenreflexion wie Schnee, Sand oder Wasser, das Wetter (Wolken ja oder nein), das Ozon in der Stratosphäre (abhängig von der geografischen Lage) und die Luftverschmutzung spielen eine Rolle.
Allerdings kann man sagen, dass die UV-Strahlung zwischen 11.00 und 16.00 Uhr am intensivsten ist. Während dieser Zeit sollte man die Sonne unbedingt meiden.
Wie erkenne ich eine Sonnenallergie (Lichtdermatose)?
Dr. med. Constance Pournaras Dinichert: Als Lichtdermatose bezeichnen wir alle pruriginösen, also juckenden, Ausschläge nach einer UV-Exposition. Die Ausschläge treten in unbedeckten Hautbereichen in Form von Knötchen (kleine, feste, rote oder rosafarbene Erhebungen) oder Bläschen (kleine, mit Wasser gefüllte Erhebungen der Haut) auf.
Es gibt zahlreiche klinische Erscheinungsformen, abhängig vom Lebensalter, mit einem verzögerten Auftreten nach der UV-Exposition von wenigen Minuten, beispielsweise bei sonnenbedingter Nesselsucht, bis zu 48 Stunden bei schwerer, sogenannter polymorpher Lichtdermatose.
Die häufigste Dermatose (bis zu 20% der erwachsenen Bevölkerung) ist die polymorphe Lichtdermatose und sie betrifft hauptsächlich junge Frauen um die 20. Der Ausschlag tritt spätestens 24 Stunden nach der ersten intensiven UV-Exposition im Sommer vor allem im Halsausschnitt und in unbedeckten Bereichen, erstaunlicherweise eher weniger im Gesicht auf. Nach etwa 10 Tagen verschwindet der Ausschlag, kommt aber im nächsten Jahr wieder.
Wie wird es behandelt?
Dr. med. Constance Pournaras Dinichert: Neben dem Aufenthalt im Schatten behandeln wir Lichtdermatosen mit kortisonhaltigen Cremes oder Immunsuppressiva, Antihistaminika-Tabletten (mindestens 2 Mal täglich) und schwerere Fälle mit Kortisontabletten in moderater Dosierung über mehrere Tage hinweg.
Um diesen Ausschlägen vorzubeugen, kann der Patient, neben einem an Hauttyp und Sonneneinstrahlung angepassten Verhalten, dem strikten Meiden der Sonne zwischen 11.00 und 16.00 Uhr und dem Tragen einer Kopfbedeckung und engmaschiger Kleidung, Sonnencreme mit erhöhtem Lichtschutzfaktor gegen die UVA- und UVB-Strahlen (LSF 50) auftragen.
Ausserdem kann dem Patienten auch eine endogene Photoprotektion helfen. Die orale Einnahme von Antioxidantien, wie das mit Vitamin E und C in Zusammenhang stehende Beta-Karotin, und von Selen ab einem Monat vor und während der gesamten Zeit der UV-Exposition hat eine anerkannte lichtschützende Wirkung.
In schwereren Fällen kann die orale Einnahme von synthetischen Wirkstoffen gegen Malaria, sogenannte Antimalariamittel, ab zwei Wochen vor der ersten und während der gesamten Zeit der UV-Exposition die Symptome abschwächen.
Die Phototherapie (medizinische UV-Kabinen in Dermatologiezentren), bei der der Patient 2 Monate vor der ersten Exposition 2 bis 3 Mal pro Woche schrittweise einer UV-Strahlung ausgesetzt wird, erweist sich ebenfalls als sehr effektiv.
Warum darf ich mich nicht der Sonne aussetzen, wenn ich Medikamente einnehme?
Dr. med. Alexandre Campanelli: Einige Medikamente sind phototoxisch. Sie können eine schmerzhafte Hautrötung, wie bei einem Sonnenbrand, nur schlimmer, hervorrufen, wenn die Haut der Sonne ausgesetzt wird, unabhängig von der Dauer und der Intensität der Exposition. Es kann bis zur Blasenbildung führen.
Andere Medikamente reagieren photoallergisch, das heisst, sie können bei besonders anfälligen Menschen nach dem Sonnenbad Allergien wie Ekzeme oder Nesselsucht auslösen.
Wenn man ein Medikament einnimmt, sollte man sich bei seinem Arzt oder Apotheker erkundigen, ob ein spezieller Sonnenschutz erforderlich ist.
Zum Abschluss noch 10 Ratschläge, um sich effektiv vor der Sonne zu schützen:
|