Bei manchen Menschen schwankt das Gewicht innerhalb von Tagen um plus/minus zwei Kilogramm. Und dies bei gleichen Trink- und Essgewohnheiten und ohne die Einnahme von Medikamenten. Sind vielleicht Wassereinlagerungen schuld an solchen rätselhaften Gewichtsschwankungen? Möglich. Prof. Dr. med. Bernd Schultes, Belegarzt an der Hirslanden Klinik Stephanshorn, erklärt.
In der Tat kann es sich bei Gewichtsschwankungen innerhalb weniger Tage durchaus um Wassereinlagerungen handeln. Die Körpermasse (Fett, Muskeln, Bindegewebe usw.) kann sich nicht in so kurzer Zeit um zwei Kilogramm auf- oder abbauen. Pro Kilogramm Körpermasse rechnet man ungefähr mit einem Energiegehalt von 8000 Kalorien, sodass man entweder ein entsprechendes Energiedefizit oder einen Energieüberschuss haben müsste. Das ist aber schwer zu erreichen bei einem geschätzten Energiegesamtumsatz von zirka 2500 Kalorien pro Tag, zumindest nicht ohne eine massive Änderung der Ernährung.
Wassereinlagerungen: Wasser verteilt sich auf ganzen Körper.
Schwankungen des Körperwassergehalts können hingegen schnell auftreten, ohne es zu merken. Das vermehrte Wasser kann sich auf den ganzen Körper verteilen, und es ist zum grossen Teil auch in den Körperzellen. Bei Wassereinlagerungen kann es also durchaus der Fall sein, dass man dabei keine Schwellungen an den Beinen bemerkt. Ein ähnliches Phänomen kennen viele Frauen im Zusammenhang mit ihrem Zyklus, während dessen das Gewicht ebenfalls problemlos um zwei bis drei Kilogramm schwanken kann. Hintergrund hierfür ist, dass die weiblichen Sexualhormone – insbesondere die Östrogene – einen Einfluss auf die Durchlässigkeit der Blutgefässe haben. Somit übertritt mal mehr und mal weniger Wasser aus den Gefässen in das Gewebe.
Verschiedene Faktoren haben einen Einfluss auf Gewichtsschwankungen
Auch die Lymphgefässe, die etwa 90 Prozent des Wasserabtransports vom Gewebe zurück ins Blut gewährleisten, unterliegen einer entsprechenden Regulation und können in ihrer Funktionstüchtigkeit schwanken. Zudem spielt auch die Umgebungstemperatur eine Rolle. Bei Kälte ziehen sich die Blutgefässe eher zusammen, bei Wärme erweitern sie sich. Letztlich haben auch die körperliche Aktivität sowie die Körperposition einen grossen Einfluss auf Wassereinlagerungen und damit zusammenhängende Gewichtsschwankungen. Wenn man einen ganzen Tag lang gesessen oder gestanden hat, lagert man eher Wasser ein, als wenn man mehrheitlich gelegen ist. So ist auch abends das Körpergewicht meist höher als am Morgen.
Ebenso wie Hormone können verschiedene Medikamente einen Einfluss auf den Wasserhaushalt haben. Typische Beispiele sind neben «Wassertabletten» (Diuretika) Blutdruckmedikamente wie Kalziumantagonisten oder Kortisonpräparate.
Allgemein lässt sich Folgendes sagen: Solange das Gewicht in beide Richtungen schwankt und keine weiteren Auffälligkeiten hinzukommen, besteht kein Grund zur Beunruhigung. Im Zweifelsfall kann der Hausarzt abklären: Er wird eine Blut- und eventuell Urinuntersuchung durchführen. Ansonsten empfehle ich, nur einmal pro Tag auf die Waage zu steigen, und dies immer am Morgen direkt nach dem Aufstehen.