Lebermetastasen sind längst nicht mehr gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Prof. Dr. med. Christoph A. Maurer der Hirslanden Klinik Beau-Site erklärt uns, wie dank gründlicher Abklärungen und neuer Eingriffsmethoden für viele Patienten eine passende Therapie gefunden werden kann. Diese können heilend oder zumindest lebensverlängernd wirken.
Lebereingriffe sind eine Herausforderung. Während der Operation kann grundsätzlich viel Blut verloren gehen, was schnell gefährlich werden kann. Zudem kann es nach der Operation zum Versagen der Restleber und dadurch zum Tod kommen. Dank des medizinischen Fortschritts hat sich die Operationssterblichkeit und die Gesamtprognose für Patienten mit Lebermetastasen von Dickdarm– oder Brustdrüsenkrebs jedoch drastisch verbessert.
Bis anhin hatten die Betroffenen nur eine sehr begrenzte Lebenserwartung. Unbehandelt führen die Tumorableger innert 3 bis 12 Monaten zum Tod. Dank der Entfernung isolierter Lebermetastasen können heute jedoch 20 bis 30 Prozent der Patienten vollständig geheilt werden. Und: Für die Hälfte lässt sich die Lebenserwartung dank des Eingriffs auf ganze fünf Jahre steigern.
Wie viel Leber braucht der Mensch?
Ein Viertel gesundes Lebergewebe reicht bereits aus, um die lebensnotwendigen Leberfunktionen aufrechtzuerhalten. Denn innerhalb von vier bis sechs Wochen wächst die Restleber auf bis zu drei Viertel ihrer ursprünglichen Grösse nach.
Dank gezielter Leberfunktionstests kann die Restleberfunktion nach der Operation zuverlässig vorausgesagt werden. Wie gesund und funktionstüchtig der nicht vom Tumor befallene Leberanteil sein wird, kann der Pathologe zudem durch eine Gewebeprobe feststellen. Sollte sich bei diesem Untersuch herausstellen, dass die Leberreserve nach einer Teilentfernung zu klein ist, kann stattdessen zeitlich versetzt in zwei Schritten operiert werden. Alternativ dazu ist es möglich, vier bis sechs Wochen vor der Operation die Blutzufuhr der erkrankten Lebersegmente mit einem eingesetzten Katheter künstlich zu drosseln. Das lässt die erkrankten Leberteile schrumpfen, während die gesunden wachsen. Bei Operationen in erfahrenen Behandlungsteams ist ein Leberversagen nach einem solchen Eingriff äusserst selten geworden.
Wie gefährlich ist Leberchirurgie?
Operationen an der Leber sind anspruchsvoll. Das Organ ist sehr stark durchblutet, zerbrechlich und steht in unmittelbarer Beziehung zur wichtigen Hohlvene. Experten haben mittlerweile aber ein besseres Verständnis für die Leberanatomie entwickelt. Gleichzeitig haben sich die chirurgischen Techniken dank des Einsatzes modernster apparativer Hilfsmittel sowie Fortschritten in der Anästhesie und Intensivmedizin massiv verbessert. So liegt der Blutverlust selbst bei ausgedehnter Entfernung eines Teils der Leber bei weniger als 500 Milliliter.
Der grosse Fortschritt: Früher mussten dazu die Leberstielgefässe vorübergehend abgeklemmt werden. Dies führte allerdings zu einem Sauerstoffmangel der Restleber, was Komplikationen auslösen konnte. Ein neues Verfahren lässt das Blut in den zuführenden Blutgefässen weiterfliessen. Die Leber bleibt dadurch ohne Unterbruch mit Blut versorgt, also auch während der gesamten Operation. Dies bewahrt den Patienten in den meisten Fällen vor allfälligen Komplikationen. Dank dieser Entwicklungen sind selbst grössere Lebereingriffe zu weitgehend ungefährlichen Routineoperationen geworden. Die Spitalsterblichkeitsrate liegt bei unter drei Prozent.
Welche Alternativen gibt es?
Lebertumoren können auch mit einer Nadeltechnik verödet werden. Bei diesem Verfahren erzeugen Radiofrequenzen oder Mikrowellen hohe örtliche Hitze. Die Methode ist für nicht oberflächlich gelegene Lebertumoren mit einer Grösse von bis zu drei Zentimetern geeignet. Sie wird vom Autor und seinem Team seit 15 Jahren angewandt und stetig weiterentwickelt. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen darin, dass weniger normales Lebergewebe verloren geht als bei der Leberteilentfernung. Der Eingriff kann zudem ohne Bauchschnitt durchgeführt werden und ist für Patienten folglich weniger belastend.
Ein massgeblicher Fortschritt für Lebertumoren unmittelbar an grossen Blutgefässen oder Gallengängen der Leber ist das sogenannte NanoKnife, das auch bei Hirslanden zum Einsatz kommt. Dieses bringt ungünstig gefässnahe gelegene Lebertumore durch elektrische Impulse (Elektroporation) zum Absterben, ohne die benachbarten Gefässstrukturen zu zerstören.
Was sind die Erfolgsfaktoren?
Jede Tumorbehandlung beginnt mit einer sorgfältigen Abklärung, bei welcher der Tumortyp und die Ausdehnung des Leidens möglichst genau erfasst werden. In Anwesenheit erfahrener Leberspezialisten, Bauchchirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Pathologen und Radiologen wird an der allwöchentlichen Tumorkonferenz der Klinik Beau-Site oder des Magendarmzentrums Aare ein optimaler Behandlungsvorschlag für jeden Patienten ausgearbeitet. Die beteiligten Fachärzte legen dabei grossen Wert auf die individuelle psychosoziale Situation und die zu erwartende Lebensqualität der Patienten.