Nicole Helm leitet die Notfallstation in der Klinik Permanence in Bern. Als medizinische Praxisassistentin (MPA) kam sie 2012 aus Deutschland und legte bei Hirslanden einen Blitzstart zur Abteilungsleiterin hin. Den Schritt hat sie nie bereut. Die Notfallstation der Klinik Permanence versorgt 7000 bis 8000 Patienten pro Jahr, dies im 24-Stunden-Betrieb. Im Interview berichtet uns Nicole Helm von ihrem Alltag und beruflichen Werdegang.

Mit 7000 bis 8000 Patienten pro Jahr sind die Notfallstation und die Grundversorgung der Klinik Permanence sehr gefragt. Worauf führen Sie die vielen Notfälle zurück?

Nicole Helm: Mit der Schliessung des Zieglerspitals hat die Klinik Permanence den Notfalldienst der Gemeinde Köniz übernommen. Damit wurde die Rolle der Klinik als wichtiger Grundversorger im Westen von Bern noch mehr gestärkt. Dies merken wir insbesondere auch dann, wenn mehrere Hausärzte gleichzeitig in den Ferien sind. Ich führe die hohen Zahlen auch auf die heutige Gesellschaftsstruktur zurück. Früher lebten mehrere Generationen unter einem Dach, pflegten sich gegenseitig und wussten sich zuerst mit Hausmitteln zu helfen. Diese gegenseitige Sorge fällt bei den Kleinfamilien von heute weg.

Wie bewahren Sie als Abteilungsleiterin der Notfallstation da den Überblick?

Nicole HelmNicole Helm: Zu meiner Aufgabe gehört, auf vielen Diensten selbst mitzuarbeiten und die Mitarbeiterinnen sehr nah bei der Arbeit zu begleiten. Ich frage nach, was gut funktioniert und was wir verbessern sollten. Durch diese Nähe zum Personal und zu den Patienten bin ich immer à jour.

Meine Bürozeit beschränkt sich auf etwa zwei Stunden am Tag. Daneben nehme ich an Kadersitzungen teil, rekrutiere neue Mitarbeitende, organisiere Weiterbildungen für Mitarbeitende oder suche Ersatz, wenn jemand krank ist.

 

 

Sie sprechen von den Mitarbeiterinnen – sind Sie ein reines Frauenteam?

Nicole Helm: Tatsächlich; unser Team besteht aus rund 25 Frauen, aufgeteilt in vier Teams. An den Wochenenden und in der Nacht sind die MPAs auch fürs Röntgen, das Labor und die Rezeption zuständig. Natürlich arbeiten wir auch eng mit der Ärzteschaft zusammen.

Welche Ausbildung haben Sie als Abteilungsleiterin mitgebracht?

Nicole Helm: Ich habe bereits in Deutschland den Beruf der MPA gelernt. 2012 habe ich eine Stelle in der Klinik Permanence angenommen. Schon nach zwei Monaten erhielt ich das Angebot, die Leitung des Notfalls zu übernehmen. Ich habe sofort zugesagt und mich später zur diplomierten Abteilungsleiterin im Gesundheitswesen HF weiterbilden lassen.

Sie tragen viel Verantwortung. Wollten Sie schon mal mit einem Bürojob tauschen?

Nicole Helm: Keine Sekunde. Ich kann mir einen «normalen Job» mit festen Tagesstrukturen nicht vorstellen. Ich finde es spannend, dass kein Arbeitstag dem anderen gleicht. Jeden Tag versorgen wir Patienten mit unterschiedlichen Krankengeschichten. Zudem werde ich hier in der Schweiz in meinem Beruf sehr wertgeschätzt. Hier lässt ein Arzt gerne auch die Erfahrung der Pflegefachpersonen einfliessen.

Die Klinik Permanence ist auf Orthopädie spezialisiert. Gilt dies auch für den Notfall?

Nicole Helm: Wir behandeln jeden Notfallpatienten unabhängig davon, welche Beschwerden er hat, und dies in allen Versicherungsklassen. Das reicht vom Hautausschlag über den Husten bis hin zu Brustschmerzen oder Herzinfarkten.

Gehören Hautausschlag und Husten in den Notfall?

Nicole Helm: Grundsätzlich bestimmt jeder selbst, was ein Notfall ist. Unsere Patienten kommen zu uns, wenn sie keine andere Möglichkeit sehen, sich behandeln zu lassen. Natürlich gibt es Fälle, die nicht unbedingt hierhergehören.

Wie organisiert sich die Notfallstation bei interdisziplinären Notfällen, also wenn bspw. bei einem Unfall Verletzungen auftreten, die mehrere Fachgebiete betreffen?

Nicole Helm: In solchen Fällen können wir aktiv auf ein grosses Netzwerk zurückgreifen. Für das Notfallteam stehen Orthopäden oder Chirurgen immer zur Verfügung und helfen uns, für jeden Patienten eine individuelle Therapie in die Wege zu leiten. Falls ein Patient sofort operiert werden muss, steht das Anästhesie- und OP-Team jederzeit für die Patienten zur Verfügung. Auch die beiden anderen Berner Hirslanden-Kliniken sind eine grosse Unterstützung für uns. Für jede Herausforderung finden wir eine Lösung.

Und welche Rolle spielt dabei ihr Team bei der Koordination solcher Notfälle?

Nicole Helm: Das Team spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Koordination. Die MPAs kennen alle Abläufe, wissen genau, wann welcher Spezialist erreichbar ist und welche Formalitäten zu erledigen sind. Somit können wir die Oberärzte und Assistenzärzte aktiv unterstützen, um eine bestmöglichste Versorgung des Patienten zu gewährleisten.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Nicole Helm: Ich hoffe, dass wir ein so eingespieltes und harmonisches Team auf der Notfallstation bleiben, und dass der Fachkräftemangel sowohl in der Pflege als auch auf Seite der Ärzte nachlässt.

Herzlichen Dank für das spannende Interview und weiterhin viel Freude in Ihrem Job!