Inkontinenz – so häufig wie Bluthochdruck. Aber keiner spricht aus Angst und Scham über die fehlende Kontrolle der eigenen Blase. Das Verschweigen macht es für die Betroffenen jedoch noch schwerer. Schliesslich spricht eine Therapie bei fast allen gut an.
Viele Menschen stellen sich den Vorgang des Wasserlösens wie die Entleerung eines Behälters oder Tanks vor. Tatsächlich ist es aber ein kompliziertes Mess- und Regelsystem, welches aus der Blasenentleerung einen präzis gesteuerten Vorgang macht.
Millionen sind betroffen
Erst wenn Probleme beim Wasserlösen oder unfreiwilliger Harnverlust auftreten, rückt die Blase in den Fokus der Aufmerksamkeit. Für viele Menschen ist das unfreiwillige Verlieren von Urin eine sehr einschneidende Erfahrung, die viele Bereiche des täglichen Lebens negativ beeinträchtigt: Familie, Arbeit, Freizeit, Sexualität, Psyche und diverse Gesundheitsaspekte des Körpers. Etwa jeder fünfte Erwachsene ist im Laufe seines Lebens von einer Blasenfunktionsstörung mit oder ohne begleitende Inkontinenz betroffen. Treffen kann es jeden. Damit steht die Störung der Blasenfunktion in der vordersten Reihe der Volkskrankheiten, gleichauf mit Bluthochdruck, Rheuma, Rücken- oder Herzerkrankungen.
Verlust der Lebensqualität
Ungewollter Urinverlust ist für jeden betroffenen Menschen – unabhängig von Alter und Geschlecht – eine schwerwiegende Beeinträchtigung. So etwa die überaktive oder schmerzhafte Harnblase, die Betroffene zu Sklaven ihrer Blase werden lässt. Jede zweite Frau bemerkt nach dem 50. Lebensjahr eine Harninkontinenz unter körperlicher Belastung, etwa beim Husten oder beim Sport. Männer in diesem Alter plagt die Prostata mit häufigem Harndrang und lästigem nächtlichem Wasserlösen.
Nach einer Operation der Prostata ist ein unfreiwilliger Harnverlust oft das grösste Problem. Erkrankungen des Nervensystems, wie die Multiple Sklerose, der Schlaganfall oder die Parkinson-Krankheit, können ebenfalls Auslöser einer Störung der Blasenfunktion oder einer Inkontinenz sein. Bei vielen Betroffenen schränken nicht die klassischen Symptome der Krankheit die Lebensqualität ein, sondern vielmehr die Probleme der Blase und die Inkontinenz.
Überwindung zwingend nötig
Leider werden die Symptome von Betroffenen schamvoll verschwiegen und seitens vieler Ärzte und Therapeuten ignoriert. Dank einem enormen Zuwachs an Wissen in den letzten Jahren ist eine effektive Behandlung der Blasenstörung und der Inkontinenz bei fast allen Betroffenen möglich; so können Komplikationen wie Harnweginfekte und Schäden an der Blase und den Nieren vermieden werden. Als Basis für eine erfolgreiche Behandlung von Störungen der Harnblasen- und Schliessmuskelfunktion dient eine umfassende Abklärung der Beschwerden mit Hilfe von Funktionsuntersuchungen des Harntraktes, des Beckenbodens und der Beckennerven – inklusive Röntgen, Ultraschall und Endoskopie. Die Behandlung kann konservative wie auch operative Verfahren umfassen.
Operative und konservative Behandlung möglich
Zu den konservativen Verfahren zählen die medikamentöse Therapie, die elektromotorisch unterstützten Instillationsbehandlungen der Harnblase, das Biofeedback-Training, die intravesikale Elektrostimulation, die Beckenbodentherapie, die funktionelle Stimulation des Beckenbodens, die temporäre Neuromodulation mit Hilfe von Oberflächenelektroden sowie eine umfassende Inkontinenzberatung und Hilfsmittelversorgung. Als operative Behandlungsverfahren werden die Injektionsbehandlung des Blasenmuskels und des Schliessmuskels mit Botulinumtoxin, ein breites Spektrum an Operationsverfahren zur Therapie der Harninkontinenz sowie verschiedene Methoden der Nervenstimulation von Blase und Beckenboden eingesetzt. Eine umfassende, individuelle Beurteilung einer Vielzahl von Beschwerden und Störungen ist notwendig, um eine erfolgversprechende Behandlung zu erzielen. Dabei steht der ganze Mensch im Mittelpunkt. Sowohl bei der Abklärung als auch bei der Behandlung der Beschwerden sollten die persönlichen Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten jedes Einzelnen berücksichtigt und gemeinsam mit ihm und seinen Angehörigen eine Behandlungsstrategie erarbeitet werden.
Weitere Informationen zum Thema:
– Website Kontinenzzentrum Hirslanden