Die Leichtathletik EM 2014 in Zürich ist ohne nennenswerte Blessuren bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu Ende gegangen. Das ist sicherlich nicht zuletzt der Verdienst der medizinischen Betreuung vor Ort  – Dr. med. Henry Perschak war im Rahmen des Engagements der Klinik Hirslanden im Medical Team und blickt zurück.

Hirslanden war Medical Partner der Europameisterschaft. Was bedeutet das genau?

Gemeinsam mit medbase hat die Klinik Hirslanden die Organisation und Umsetzung des medizinischen Konzepts unterstützt. Gleichzeitig waren wir als medizinische Partner für die Ausführung dieses Konzepts verantwortlich. Das heisst, wir haben im Sinne eines Sponsorings Personalressourcen zur Verfügung gestellt, unter anderem die Chief Medical Officers.

Wie sieht denn die Organisation eines Einsatzes für so einen Grossanlass aus?

Dr. med. Henry Perschak: In allen sechs Stadien (Wettkampf-, Warm-Up- und Trainingsstadien sowie an den Strassenrennen) gab es von uns betreute und geführte Medical Centers mit einem Team aus Ärzten, Physiotherapeuten, medizinischen Praxisassistentinnen und Sanitätern. Die Teams vor Ort kümmerten sich um die Triage und Erstversorgung von Patienten, falls nötig wurden diese an die Klinik Hirslanden überwiesen. Zu diesem Zweck gab es für die Dauer des Anlasses eine spezielle EM-Telefonnummer, diese habe ich selber betreut. Im Notfall konnte ich so schnell Kontakt mit den intern benötigten Abteilungen aufnehmen und dafür sorgen, dass die Athletin oder der Athlet umgehend behandelt wurde.

In diesem Rahmen haben wir verschiedene Leistungen angeboten:

  • radiologische Untersuchungen
  • grössere Labordiagnostik
  • Überwachung Notfall Zentrum (24h)
  • Beratung durch Fachärzte
  • Hospitalisierung (medizinisch / chirurgisch)
  • Material- und Medikamentenbestellung

Das heisst, Ihr Einsatz beschränkte sich nicht nur auf das Letzigrund Stadion?

Dr. med. Henry Perschak: Nein, die sechs Medical Center deckten alle Orte ab, an denen die medizinische Versorgung für die Athletinnen und Athleten sichergestellt werden muss.

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Also hatten die Sportler an jedem wichtigen Ort eine zentrale Anlaufstelle?

Dr. med. Henry Perschak: Nicht nur sie: Nebst den 1’400 Athletinnen und Athleten leisteten medbase und die Klinik Hirslanden auch die medizinische Versorgung für 800 Trainier, 700 Journalisten und Fotografen, das Personal von rund 100 TV- und Radiostationen sowie die 2’100 Helferinnen und Helfer.

Sie haben medbase erwähnt, zusätzlich war auch Schutz&Rettung involviert. Warum braucht es mehrere Partner und welche Rollen nehmen sie wahr?

Dr. med. Henry Perschak: Für solche Grossanlässe braucht man ein sehr gut funktionierendes Team. Gemeinsam mit medbase konnten wir bei der Organisation auf ausgezeichnet qualifiziertes Personal aus dem Medical Volunteer Pool der EM zurückgreifen. Schutz&Rettung und JDMT waren ergänzend zu unserem Aufgabenbereich für die Betreuung der Zuschauer zuständig, was bei Anlässen in diesem Umfang ein sehr wichtiger Part ist. Zudem haben sie uns sehr unterstützt durch ihre enorme Erfahrung mit solchen Grossanlässen.

Wie viele Personen waren insgesamt im Einsatz?

Dr. med. Henry Perschak: Täglich waren knapp 60 Ärzte, Physiotherapeuten, Masseure, Pflegende und Medizinische Praxisassistentinnen im Einsatz. Zusätzlich haben wir für jeden Tag auch noch mehrere Personen aus dem medizinischen Volunteer Pool eingesetzt.

Gab es typische Beschwerden und Verletzungen, die aufgetreten sind?

Dr. med. Henry Perschak: In den Stadien wurden vor allem Schürfungen und kleine Wunden behandelt, auch erste Abklärungen zu Muskel- und Gelenksverletzungen wurden dort vorgenommen. Nach den Laufdisziplinen brauchten auch viele erschöpfte Athleten eine Betreuung. Die Physiotherapeuten «tapten» oder behandelten die Athleten muskulär.

Dr. med. Henry Perschak: In der Klinik gab es vor allem radiologische Abklärungen, um festzustellen, ob Muskelverletzungen vorlagen oder Knochen- bzw. Bänderstrukturen noch intakt sind. Im Notfall ging es meistens um weitere Abklärungen oder EKG-Untersuchungen.

Spielte das wechselhafte Wetter dabei auch eine Rolle?

Dr. med. Henry Perschak: Ja, die Witterung spielt bei Grossanlässen sicher eine Rolle. Wenn es kalt ist, gibt es mehr Muskelverletzungen und die Leute sind eher aus- oder unterkühlt. Wenn es sehr warm ist, was ja jetzt nicht der Fall war, wären die Athletinnen und Athleten eher gefährdet für Erschöpfungszustände aufgrund von Überhitzung.

Welches Fazit ziehen Sie nach dem Anlass?

Dr. med. Henry Perschak: Die Abläufe in den Medical Centers stimmten, unsere Volunteers konnten die Athleten absolut zufriedenstellend behandeln. Auch die Schnittstelle zur Klinik Hirslanden klappte einwandfrei. Unsere Mitarbeitenden haben alle Patienten bestens versorgt.

Besten Dank für das spannende Interview.