Über denn Sinn von jährlichen PSA-Tests zur Prostatavorsorge wird bei Experten weiterhin diskutiert. Gründe dafür sind in der geringen Anzahl Studien und bei der Gewichtung der Risiken der Behandlungen zu suchen.

Studien zur Frage «Prostatavorsorge Ja oder Nein» gibt es nicht in Hülle und Fülle. In den USA werden seit den frühen 90er-Jahren vermehrt Prostata-Screenings (PSA-Tests) bei Männern ab 50 Jahren durchgeführt. Dadurch wurden erheblich mehr Prostatakarzinome entdeckt. Gleichzeitig sanken die Todesfälle durch Prostatakrebs deutlich. In Grossbritannien hingegen, wo keine systematischen PSA-Messungen durchgeführt wurden, sank die Sterberate bei Prostatakrebs kaum und die Zahl der entdeckten Tumore war aufgrund des fehlenden Screenings nur leicht gestiegen.

Laut einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2010 haben Männer, die sich einer regelmässigen Prostatavorsorge (PSA-Test) unterziehen, ein um 44% niedrigeres Risiko an einem Prostatakrebs zu sterben, im Vergleich zu Männern ohne Screening. Experten beurteilen Sinn und Nutzen des PSA-Screenings unterschiedlich:

Argumente für PSA-Screenings (Prof. H. Luboldt, Essen):

  • Dafür, weil Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung beim Mann ist.
  • Dafür, weil eine Heilung von Prostatakrebs nur bei frühzeitiger Erkennung und Therapie möglich ist.
  • Dafür, weil bei einer Operation im Frühstadium weniger Komplikationen auftreten.
  • Dafür, weil in 50% der Fälle bei PSA-Werten über 10ng/ml keine heilende Therapie mehr möglich ist.

Argumente gegen PSA-Screenings (Prof. Schörder, Rotterdam)

  • Dagegen, weil das grösste Problem der Früherkennung in der Überdiagnostik und Übertherapie liegt.
  • Dagegen, weil die Gefahr der Behandlung von nicht relevanten Tumoren mit Operationsfolgen wie Inkontinenz und Impotenz zu gross ist.
  • Dagegen, weil für den tatsächlichen Nutzen eines systematischen PSA-Screenings aller Männer ab 50 zurzeit keine wissenschaftlichen Belege vorliegen.

PSA-Messempfehlungen

Entscheidet man sich für regelmässige PSA-Screenings, empfiehlt der Experte eine individuelle, jährliche PSA-Kontrolle ab 50-70 Jahren. Gesunde, fitte Männer sollten auch nach dem 70. Lebensjahr getestet werden. Da der Prostatakrebs familiär gehäuft vorkommen kann, sollten Männer mit Prostatakrebs in der Familie bereits ab dem 45. Lebensjahr mit der jährlichen PSA-Messung beginnen.

Wenn der Patient selber seinen PSA-Wert kontrolliert haben möchte oder der Urologe eine Messung vorschlägt, muss er über die Aussagekraft des Tests und die möglichen Folgen aufgeklärt werden. Dies gilt vor allem für die eventuell anschliessende Durchführung von Biopsien sowie Behandlungen, die möglicherweise gar nicht notwendig sind. Stichwort: Überbehandlung.

Welcher Patient mit Prostatakrebs wird behandelt?

Bei der Diagnose Prostatakrebs gibt es heute verschiedene Möglichkeiten den Prostatakrebs zu behandeln. Wichtig ist, dass der Patient über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Behandlung und über mögliche Komplikationen und Risiken (Inkontinenz, Impotenz etc.) gewissenhaft aufgeklärt wird.

Prostatakrebs im Frühstadium kann durch eine Operation und/oder Bestrahlung geheilt werden. Bei fortgeschrittener Erkrankung ist meist keine heilende Operation mehr möglich, da das Krebsgewebe aufgrund der grossen Ausdehnung des Tumors nicht mehr vollständig entfernt werden kann. Oft hat der fortgeschrittene Krebs bereits auch Metastasen gebildet. Doch auch Metastasen bedeuten heute kein Todesurteil mehr. Bei fortgeschrittenem Prostatakrebs kommt eine Hormontherapie in Frage, meist in Form von Injektionen, die das Fortschreiten des Tumors verzögern kann.

Bestrahlung

Eine moderne und relativ neue Behandlungsvariante ist die Brachytherapie. Dabei werden mit einer Nadel sogenannte «SEEDS-Stäbchen», die radioaktiv geladen sind, in die Prostata eingebracht. Damit werden die Prostata und der Tumor von innen her bestrahlt. Das bringt den Vorteil, dass nur das Prostatagewebe bestrahlt wird.

Bei der herkömmlichen Bestrahlung von aussen wird hingegen auch umliegendes gesundes Gewebe beziehungsweise Organe wie Blase, Enddarm, Knochen und die Haut durch die Strahlen belastet. Im Gegensatz zu früher hat sich die Bestrahlung aber als Therapie in den letzten Jahren stark verbessert und die Strahlenbelastung hat sich stark vermindert.

Operation (Radikale Prostatektomie)

Bei der Prostataoperation wird die gesamte Prostata mitsamt ihrer Kapsel, den anliegenden Samenbläschen und den örtlichen Lymphknoten entfernt. Für diese, radikale Prostatektomie genannte Operation, stehen in der Regel 3 verschiedene Verfahren zur Verfügung:

  • Offene radikale Prostatektomie
  • Laparoskopische radikale Prostatektomie
  • Computer- und roboterassistierte radikale Prostatektomie (DaVinci-Operation)

Bei allen drei Operationen erfolgt der Zugang zu der Prostata durch die Bauchdecke unter Schonung des Bauchfells, wobei je nach Methode der Schnitt etwas kleiner oder grösser ausfällt. Bei der DaVinci-Methode dauert der Eingriff etwas länger, da das Robotersystem genau auf die Operation eingestellt werden muss.

Hinsichtlich der Resultate sind die drei Methoden gleichwertig. Die Langzeitergebnisse nach der Operation sind bei allen drei Verfahren vergleichbar gut und Komplikationen wie Blutungen, Inkontinenz und Impotenz treten bei allen drei Methoden etwa gleich häufig auf.

Untersuchungen in den USA und in Europa haben gezeigt, dass nicht die Methode, sondern das Können und die Erfahrung des Operationsteams die entscheidenden Faktoren für das Gelingen der Operation darstellen. Zu diesem Schluss kommt die Arbeit von Finkelstein J und Kollegen, erschienen in der Fachzeitschrift Rev Urol (2010 Winter; 12(1): 35–43).

Wichtige Überlegungen bei der Wahl der Behandlungsmethode

Welche Behandlungsmethode zum Einsatz kommt, wird letztlich immer im Dialog zwischen Arzt und Patient unter Berücksichtigung der individuellen Situation entschieden. Vier Punkte sind dabei zu klären:

  • Ist eine Operation notwendig? (Individuelle Entscheidungsfindung zusammen mit dem Patienten)
  • Welche Therapie eignet sich für den Patienten am besten?
  • Gewichtung des Vertrauens des Patienten in den Arzt und in die Behandlungsmethode
  • Gewichtung des Vertrauens des Arztes in den Patienten und in die Behandlungsmethode

Lesen Sie zu diesem Thema auch noch meinen Blogbeitrag von letzter Woche „Vorsorge beim Prostatakrebs„.