Wenn ich an meine erste Schwangerschaft zurückdenke, kommen in mir sofort die Ängste wieder hoch, welche mich neun Monate mal mehr, mal weniger begleitet haben. An meine mindestens acht Stunden Schlaf am Stück gewöhnt, von keinem Tornado der Welt weckbar, fragte ich mich, ob ich das kleine Wesen überhaupt hören würde. Und was, wenn nicht? Die Angst, nicht da zu sein, wenn es mich braucht, war immer da. Wenn die anfänglichen Schwangerschaftsbeschwerden nachlassen und man Zeit hat, darüber nach zu denken, wie es denn wird, kommen viele Fragen hoch.
Hör ich das Baby auch, wenn es nachts schreit, obwohl ich schon zwei Monate keine fünf Stunden Schlaf am Stück bekommen hab? Erkennt mich das Baby noch, wenn die Augenringe runter bis zur Nase gehen? Wie viele Schichten muss das Baby tragen, damit ich nicht alle zwei Wochen beim Kinderarzt wegen Unterkühlung vorbei muss? Wie oft muss man denn die Windeln wechseln? Gibt’s da eine fixe Timeline oder muss ich echt bei jedem Pupsgestank eingreifen und mich und meine Umwelt diesen Gasen aussetzen? Woher soll ich wissen, was das Baby braucht? Woran erkenne ich denn, ob es nun müde, hungrig oder gelangweilt ist? Es wird mir ja wohl kaum zuglucksen «Maama du bist echt langweilig!» Ja, bin ich denn überhaupt BEREIT dafür?
Was du wissen musst: Es wird dich trotzdem lieben.
Jetzt bei Baby 2 weiss ich es: Du bist nie bereit! Egal, wie alt du bist, aus welcher Kultur du kommst oder schon eine Ausbildung zur Kindergärtnerin hast. Bestimmt nehmen dir die 40 gelesenen Babybücher die Angst, weil du denkst, damit bist du auf alles vorbereitet. Ich meine, schaden wird’s bestimmt nicht und ich hab auch Diverses gelesen. Aber nein, auf alles vorbereitet bist du dadurch nicht! Niemand kann vorbereitet sein – Mami sein kann man nicht lernen. Man wird es einfach dann, wenn das Baby da ist. Egal, ob das in der 37. oder der 41. Schwangerschaftswoche ist, wenn das kleine, pupsende, schlafstehlende Schreihals-Mäuschen da ist, dann ist man bereit. Man wird damit konfrontiert und hat null Ahnung, was denn dieses Geschrei bedeuten sollte, denn jedes Baby schreit anders und eine Übersetzungs-App gibt es dafür leider nicht. Du wirst nicht wissen, was ihm fehlt, und doch wird dein Instinkt dich leiten.
Das Schöne ist, dass das Baby dir niemals böse sein wird, auch wenn es Hunger hat und dir das Fläschchen vor lauter Müdigkeit mitten in der Nacht aus der Hand fällt und du es erneut anrühren musst. Oder wenn von den zweihundert gekauften Nuggis keiner auffindbar ist. Es wird dich trotzdem lieben, von ganzem Herzen.
Die Liebe wächst
Man sagt ja, die Geburt sei der schönste Moment im Leben. Doch es werden noch so viele wunderbare Momente kommen, die so warm und kuschlig sind und ohne sieben Stunden (ja, meine erste Geburt war echt ziemlich kurz) Schweiss und Anstrengung. Vielleicht ist dieser Moment der schönste, weil damit alles anfängt. Weil das Abenteuer damit beginnt. Als Mami besteht nach neun Monaten schon eine Verbundenheit, die man mit nichts auf der Welt vergleichen kann.
Vielleicht sind die Ängste anfangs noch gross und man kann sich der Liebe noch nicht ganz hingeben – das ist okay. Ich hatte im Spital den ziemlichen Babyblues bei Baby 1 und war echt überfordert, als wir den kleinen Spatz nach Hause nehmen durften und ich keinen Milcheinschuss hatte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, ich wusste nicht, was ihm fehlte. Und doch hatte ich instinktiv ein Fläschchen gemacht und konnte am Tag darauf mit der Hebamme die Lösung finden. Irgendwie ist dieses Mami-Sein in uns. Auch beim Stillen klappt es vielleicht nicht so, wie man es sich wünscht. Das mag uns vielleicht beschäftigen – das Baby interessiert sich jedoch kaum dafür.
Wie wird das nur mit zwei Kids?
Auch heute noch gibt’s Situationen, in denen ich nicht auf den ersten Blick erkenne, was nun los ist. Bald wird mein Grosser schon vier Jahre alt. Manchmal heult er drauf los, ohne erkennbaren Grund, und oft erkenne ich erst etwas später, dass er eigentlich einfach nur müde oder hungrig war. Er hat mich gelehrt, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein. Und doch bin ich für ihn das perfekte Mami, weil ich seine Mami bin.
Ob ich bei Baby 2 nun besser Bescheid weiss, weil ich ja schon vier Jahre Erfahrung hab? Ich glaube kaum, da werden jetzt einfach viele neue Situationen auf mich zukommen, in denen ich nicht auf Anhieb weiss, wie ich damit umgehen muss. Wird mein Grosser mit seiner Schwester gut auskommen? Wie bring ich ihn ins Bett, wenn Baby 2 gerade auf Ausnahmezustand macht? So viele Fragen und doch schaue ich dem Ganzen ziemlich gelassen entgegen, dafür hab ich ja meinen Mami-Instinkt.