Erika Rohrer arbeitet als Pflegedirektorin in der Hirslanden Klinik St. Anna. In dieser Rolle gefällt ihr vor allem der Mix zwischen Managen, Planen und dennoch Kontakt zu den verschiedenen Kundengruppen zu haben. Ihr höchstes Ziel ist es, dass sich die Patienten gut versorgt und aufgehoben fühlen. Ihr zentrales Thema ist deshalb eine bestmögliche individuelle Pflege durch kompetentes Pflegepersonal. Sie selbst trägt dazu bei, indem sie eine offene Feedbackkultur lebt, das Personal adäquat rekrutiert und die Personen für ihre Funktionen gezielt auswählt. Einmal pro Monat arbeitet sie selbst einen Tag auf einer Station, um in der Praxis zu bleiben und die Probleme des Pflegealltags wahrzunehmen.
Manche Leute bezeichnen Patienten als Kunden. Wie sehen Sie das? Inwiefern ist für Sie der Patient Kunde?
Erika Rohrer: Der Pflegedienst ist ein Dienstleistungsbetrieb für verschiedene Kunden. Die Leistungen, die wir erbringen, sind immer im Sinne des Patienten, abgestimmt auf dessen individuelle Situation. Patienten sind für mich aber Patienten, ich nenne sie nicht Kunden.
Was ist Ihr höchstes Ziel für den Patienten betreffend Pflege? Wie tragen Sie zum Wohl des Patienten bei?
Erika Rohrer: Mein höchstes Ziel ist es, dass sich unsere Patienten gut versorgt, wohl und aufgehoben fühlen. Zentral für mich ist, eine bestmögliche individuelle Pflegequalität durch kompetentes Pflegepersonal gewährleisten zu können. Wir bieten entsprechende Weiterbildung an, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Ich leiste meinen Beitrag dazu, indem ich eine offene Feedbackkultur lebe, das Personal adäquat rekrutiere und die Personen für ihre Funktionen gezielt auswähle.
Sie sind letztlich verantwortlich, dass der Patient eine gute Pflege erhält. Was ist für Sie gute Pflege?
Erika Rohrer: Gute Pflege ist für mich individuelle Pflege, die nach dem Willen des Patienten ausgeführt wird. Also eine Pflege, die er braucht und wünscht. Wir Pflegefachpersonen kompensieren die Selbstpflegedefizite, sind Berater, Seelsorger, Zuhörer.
Wer noch ausser dem Patienten ist Kunde für Sie?
Erika Rohrer: Dies sind unsere Belegärzte, angestellten Ärzte und zuweisenden Ärzte, wie auch die Angehörigen und Besucher der Patienten, ebenso unsere Lieferanten. Aber auch die Öffentlichkeit hat im Sinne eines globalen Partners Kundencharakter.
Haben Sie auch Kontakt zu den zuweisenden Ärzten? Inwiefern und was ist Ihnen dabei wichtig?
Erika Rohrer: Ja, teilweise, jedoch läuft dieser Kontakt primär über die Belegärzte und die Patientendisposition. Der direkte Kontakt erfolgt bei unseren Events für die Zuweiser, wie das Zuweiserfest oder das Patronatskonzert, bei Ärzte-Befragungen und über den Kontakt zu den Ärzten in der Geschäftsleitung. Es lohnt sich für die Zuweiser, über diese Kontaktkanäle ihre Bedürfnisse und Wünsche zu äussern, auf die wir gerne eingehen und auf die wir angewiesen sind. Es ist uns wichtig eine möglichst gute Transparenz der Anliegen zu haben, insbesondere für die Patientenplanung.
Die Medizin wird immer teurer – welche Ausgaben nehmen im Bereich der Pflege zu, weshalb?
Erika Rohrer: Als Dienstleistungsbereich nehmen die Personalkosten in der Pflege einen grossen Anteil ein. Dieser Teil nimmt zu, da die Betreuung mit steigendem Alter der Patienten und häufiger Polymorbidität (Mehrfacherkrankung) aufwändiger wird. Material und Medikamente werden immer besser und somit auch teurer.
Was sind die Herausforderungen in der Pflege für die Zukunft?
Erika Rohrer: Fachkräfte für eine adäquate Patientenbetreuung zu finden und zu behalten, ist die Herausforderung jetzt und in der Zukunft. Es besteht ein Dilemma zwischen Fachkräftemangel und Zunahme der Komplexität des Patientengutes. Viele Experten sind in der Behandlung eines Patienten involviert, das Gremium wird immer interdisziplinärer, weil die Behandlung immer spezialisierter wird. Somit sind mehrere Personen in die Betreuung involviert.
Weshalb haben Sie die Klinik St. Anna als Arbeitsort ausgewählt?
Erika Rohrer: Ich war schon als Lernende im Praktikum hier. Seit 2002 bin ich im St. Anna, aber immer mit wechselnden Funktionen. Angefangen habe ich als Dipl. Pflegefachfrau, dann war ich stellvertretende Stationsleiterin, dann Stationsleiterin und schliesslich wurde ich Bereichsleiterin. Die verschiedenen Funktionen habe ich immer mit berufsbegleitender Weiterbildung gekoppelt. Das St. Anna bietet mit den vielen interdisziplinären Stationen viel Lernpotential und ein grosses Lernfeld. Mir gefällt die Grösse der Institution, die ein familiäres Flair aufrechterhält und Mitbestimmung wie auch Umsetzung unserer Ziele zulässt. Mich beeindruckt die medizinische und pflegerische Kompetenz der Klinik St. Anna.
Weshalb haben Sie sich den Pflegeberuf ausgewählt und was ist Ihre Herausforderung als Pflegedirektorin?
Erika Rohrer: Den Beruf habe ich ausgewählt, weil ich Menschen, die Hilfe benötigen, unterstützen möchte, weil der Beruf viele soziale Kontakte mit sich bringt und weil mich Interaktionen mit Menschen interessieren. Zudem fand ich die Anatomie und Physiologie des Körpers spannend. In der Rolle der Pflegedirektorin gefällt mir der Mix zwischen Managen, Planen und dennoch Kontakt zu den verschiedenen Kundengruppen zu haben. Einmal pro Monat arbeite ich für ca. einen Tag auf einer Station, um in der Praxis zu bleiben und die Probleme des Pflegealltags wahrzunehmen.
Wenn Sie selber Patient wären – würden Sie sich im St. Anna behandeln lassen?
Erika Rohrer: Ja, jederzeit. Wir haben sehr gute Ärzte, Fachpersonen und Infrastruktur. Als ich einmal selber als Notfallpatientin in Sportbekleidung eingeliefert wurde, erlebte ich – beinahe unerkannt – die Aufklärung, die Beratung, den Dienstleistungsgedanken, ja die ganze Philosophie unserer Klinik am eigenen Leib.
Work-Life-Balance ist ein viel gehörtes Schlagwort. Wie erreichen Sie Ihre Balance?
Erika Rohrer: Für mich ist Work ein wesentlicher Bestandteil von Life. Mein Job ist mein Traumberuf, viele meiner Bedürfnisse und Wünsche sind mit meinem Beruf erfüllt. Es gelingt mir immer gut, nach einem Arbeitstag abzuschalten. Als Ausgleich treibe ich Sport oder bin mit Freunden und Familie zusammen. Zurzeit mache ich berufsbegleitend eine Ausbildung, für mich auch ein Ausgleich.
Das Jahresmotto vom St. Anna ist «Unsere Klinik – Ein Orchester». Welches Instrument spielen Sie?
Erika Rohrer: Je nach Situation zum Beispiel die Pauke, auf die ich manchmal schlagen muss. Oder die Trompete, die mit dem Orchester mitspielt und ihre Rolle als Teil des Gesamten akzeptiert. Mir am nächsten kommt jedoch das Horn, welches auf Ordnung und Präzision bedacht ist. Mit seiner Liebe zum Detail arbeitet es eher im Hintergrund, plant und berechnet exakt seinen Einsatz im Voraus.
Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
Erika Rohrer: Da ich zurzeit an meiner Masterarbeit schreibe, sind dies vor allem Fachbücher: Personalmanagement, Umgang mit Generation Y, HR-Strategie 2010. Mein Thema ist Magnetspital – welche Magnetwirkung und Marketingstrategien braucht es, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Besten Dank für das spannende Interview.
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