Es waren anstrengende Monate von der Geburt bis heute; Monate, in denen sich viel veränderte.

Ich habe den Strandspaziergang im Sonnenschein eher als Wanderung durch den dunklen Wald erlebt. Jetzt trägt meine Seele wieder viel Licht in sich, und wenn ich die letzten Monate Revue passieren lasse, ist es fast so als hätte ich sehr viel verpasst. Als wäre ich so mit meinem Schleier aus dunklen Gedanken beschäftigt gewesen, dass ich es verpasst habe, meiner Tochter beim Wachsen zuzusehen. Manchmal am Morgen, wenn ich meinen kleinen Sonnenschein anschaue, denke ich: «Gestern sahst du noch anders aus». Macht man sich darüber aber zu viele Gedanken, ist man bald wieder in der dunklen Gosse. Lieber zeige ich euch den Weg, den ich beschritten habe, um wieder glücklich zu sein. Um endlich dieses Mami zu sein, das ich mir für mich und meine Tochter wünsche.

Realisieren

Die grösste Hürde ist wohl, sich selbst einzugestehen, dass man ein Problem hat. Schön ist es, wenn bereits die Frauenärztin das Thema anschneidet. Noch besser, wenn man selbst auch darauf eingeht: Ich hatte zwar das Gespräch angenommen, brauchte aber zwei Wochen, bis ich den Telefonhörer nahm und weinend einen Termin bei meiner Frauenärztin vereinbarte. Bereits dieser Schritt war eine Erlösung: Zu wissen, dass jetzt das Ganze seinen Lauf nimmt.

Reagieren

Das erste Gespräch mit der Frauenärztin war bereits sehr befreiend. Die Entscheidung, die Milch nicht mehr abzupumpen, war noch viel hilfreicher. Ich hatte leider nicht das Glück, meine Tochter direkt zu stillen – nennen wir es mal ein «Vampir-Problem». Da sie schon Mischkost mit Milch und Pulver-Milch hatte, waren die Entscheidung und der Wechsel für mich leicht.

Ich suchte unterstützende Lektüre, Bücher, die schwarz auf weiss beschrieben, was ich selbst in mir spürte. Nach helfenden Worten, die mir zeigten, nicht alleine zu sein. Die folgenden Bücher kann ich wirklich empfehlen:

Mir half zudem zu wissen, dass weder mein Mann noch meine Familie mich verurteilten. Vielleicht gab es anfangs etwas Unverständnis, das sich aber dank offenen Gesprächen auflöste.

Rehabilitieren

Meinen Weg aus der Dunkelheit wollte ich nicht mit dem Psychologen bestreiten. Dort habe ich in meinem Leben schon zu viel Zeit verbracht. Ich wollte es alleine schaffen, was mir aber nicht ganz gelang. Ich realisierte, dass ich etwas brauchte, um eine gewisse Ruhe in diesen Sturm zu bringen. Ich entschied mich für ein hormonelles Verhütungsmittel, den Nuva-Ring, der mir für einige Monate eine gewisse Grundruhe brachte. Mein Problem war allerdings, dass diese Ruhe eine Passivität verursachte. Diese Passivität führte zu einer immer tieferen Traurigkeit, welche mich wiederum in eine kleine, schon fast latente Depression brachte.

Im November entschied ich mich, den Nuva-Ring nicht mehr zu nehmen. Ich spürte den Willen, es endlich alleine zu schaffen. Die Passivität und Ruhe der letzten Monate hatten mir gut getan, sie sollten jetzt aber ein Ende haben. Denn ich war immer noch nicht ich selbst. Mein Bauchgefühl zeigte mir den Weg, ich hab auf ihn gehört und fühle mich heute viel besser.

Aber wie es manchmal so kommt: Von der Passivität zurück in die Hyperaktivität, zeigt mir der Körper dann doch, wer hier der Boss ist. Mit einer monatelangen Erkältung und Schlappheit habe ich immer noch zu kämpfen. Ich bin aber auch hier der Meinung, dass ich bald mein Gleichgewicht finden werden. Abendliches Lichterlöschen gegen neun Uhr hilft gewaltig.

Reorganisieren

Es gibt einiges zu erledigen, wenn sich der dunkle Schleier lichtet und man plötzlich bemerkt, was war, was ist und was sein kann. Man muss sich selbst den «Neustart» erlauben, sich erlauben, jetzt wirklich glücklich zu sein. Noch viel wichtiger ist, nicht zurück zu blicken und sich nicht mit Gedanken zu belasten, warum es passiert ist, ob man vielleicht etwas verpasst hat, oder ob das Kind womöglich einen Schaden davon trägt. Alle diese Gedanken sind bei mir zwar für kurze Zeit aufgeblitzt; ich habe ihnen aber die Möglichkeit gegeben, wieder zu gehen. Ich will mich damit nicht zu belasten und will das geniessen, was ich im Hier und Jetzt habe. Eine gesunde Tochter, die mir Tag für Tag ein neues Leben zeigt.