Bereits vom ersten Tag an lernen Kinder dazu. Bis das Gelernte jedoch richtig angewendet werden kann, braucht es Zeit. Dies verlangt von den Eltern vor allem Geduld und die Einsicht, dass sich die Kinder auch vermeintlich Selbstverständliches erst einmal einprägen müssen.
Kleine Kinder lernen im Laufe der Zeit unzählige Dinge dazu. Dinge, die für uns so selbstverständlich sind, dass wir oft nicht daran denken, dass man sie überhaupt erlernen muss: Greifen, die Schoppenflasche selbst halten, krabbeln, gehen, die Seite eines Buches umblättern, mit dem Löffel essen und so weiter und so fort. Die Liste wäre unendlich lange fortzuführen. Angesichts der Menge an zu verarbeitender Information ist es eine ausserordentliche Leistung, welche ein Kind jeden Tag erbringt.
Verzögerter Lernerfolg
Das Aufnehmen von neuen Informationen geschieht laufend und unmittelbar, allerdings dauert es eine Weile, bis Kinder das neu Gelernte anwenden können. Es findet sozusagen ein verzögertes Lernen statt. Was ein kleines Kind heute erfahren und somit gelernt hat, kann es nicht sofort umsetzen. So kann es sein, dass sich ein Baby mit der Rassel an den Kopf schlägt und die Erfahrung macht, dass es schmerzt. Wenige Sekunden später macht es dasselbe nochmals. Man könnte denken, dass es nichts dabei gelernt hat. Dies ist natürlich nicht so, aber es braucht seine Zeit, bis die Erfahrungen verarbeitet werden können.
Klare Rollenverteilung
Mit zunehmendem Alter geht das Lernen immer schneller voran, wobei es auch hier noch gewisse Verzögerungen gibt. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass sich ein Kind wehrt, eine Mütze anzuziehen und sie immer wieder vom Kopf reisst. Da hilft es nicht, wenn man dem Kind erklärt, dass es sich vor der Sonne (oder im Winter vor der Kälte) schützen muss. Man kann das Kind auch nicht einfach eine neue Erfahrung machen lassen und darauf hoffen, dass es einsichtig wird, wenn es sich erst einmal einen Sonnenbrand geholt hat. Natürlich müssen sich die Eltern in diesem Fall einfach durchsetzen.
Wie aber bringt man dem Kind bei, dass es sich die Mütze nicht vom Kopf reissen soll? Am ersten Tag vielleicht gar nicht. Sorgen Sie einfach dafür, dass es die Mütze anhat. Wenn Sie sich bestimmt, aber entspannt durchsetzen, kann es gut sein, dass das Kind am folgenden Tag gar keinen Aufstand mehr macht.
Wiederholungen bringen Erfolg
Kinder lernen vor allem durch Wiederholungen, sowohl in dem, was sie tun, als auch in dem, was sie nicht tun (dürfen). Sie sollten also nicht damit rechnen, dass es am selben Tag einsieht, dass Sie Recht haben mit Ihrer Argumentation. Es ist im Übrigen auch nicht die Erklärung Ihrerseits, die das Kind dazu bringt, sich nicht weiter gegen die Mütze zu wehren, sondern die Erfahrung, dass es nichts nützt sich zu wehren.
Erklärungen sind immer gut, denn das Kind soll ja auch lernen, sich intellektuell mit Situationen auseinanderzusetzen. Allerdings sollten Sie nicht nur auf das Verbale setzen, denn damit überfordern Sie das Kind schnell. Sie können einem Kind zwar erklären, warum es keine Süssigkeiten an der Kasse im Supermarkt bekommt, aber das Kind lernt in erster Linie, dass Sie sich durchsetzen und nicht, dass zu viel Zucker ungesund und schlecht für die Zähne ist.
Erwarten Sie also nicht, dass das Kind einsichtig ist, und gestehen Sie ihm auch zu, dass es in diesem Moment enttäuscht und/oder wütend ist. Argumente wie: «Du hattest ja gestern schon was Süsses» oder «Später gibt es noch Dessert» nützen in diesem Moment auch nichts. Kinder leben viel stärker als Erwachsene im Hier und Jetzt. Je jünger ein Kind ist, desto weniger hat es einen zeitlichen Horizont. Säuglinge haben gar keine Vorstellung von «gestern» und «heute» und auch kleine Kinder können wenig damit anfangen, was gestern war oder morgen sein wird. Dafür freuen sie sich auch nach dem fünfzigsten Mal, wenn sie ihm sein Lieblingsbuch noch einmal vorlesen.