Jede Geburt ist ein unvergessliches Ereignis für werdende Eltern. Die Rolle des Vaters ist dabei sehr unterschiedlich. Vom grossen Abwesenden bis zum Motivator in nächster Nähe ist alles möglich. Fest steht: Auch für Väter ist der Kreissaal eine Prüfung.
Möchten Sie bei der Geburt Ihres Kindes dabei sein? Wahrscheinlich ja. Müssen Sie bei der Geburt Ihres Kindes dabei sein wollen? Wahrscheinlich auch. Zumindest wird das unterdessen vom durchschnittlichen Mitteleuropäer erwartet. Neue Studien hinterfragen nun das Rollenverständnis werdender Väter. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Geburten, bei denen der Mann dabei ist, oft komplizierter verlaufen als solche, die ohne Mann stattfinden. Diese etwas überraschende Erkenntnis britischer Forscher soll Sie keineswegs entmutigen, aber dazu anregen, über die Rolle des Mannes während der Geburt nachzudenken.
Mithelfen ist schwierig
Zuerst mal ist es interessant sich gemeinsam zu überlegen, ob der Mann bei der Geburt dabei sein soll oder nicht. Viele Paare gehen heute davon aus, dass es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass sich der Mann an der Geburt beteiligt. Und hier ist schon der Haken: Der Mann kann sich nicht wirklich beteiligen. Es ist tatsächlich die Frau, welche die ganze «Arbeit» leistet. Für viele Männer ist es aber schwer zu ertragen, dass die geliebte Partnerin, solche Schmerzen aushalten muss und immer wieder an den Rand des Erträglichen kommt, ohne dass er ihr irgendetwas abnehmen könnte. Diese Ohnmacht gilt es auszuhalten.
Energie tanken
Oft leiden die Männer so fest mit, dass die Frau anfängt, sich um ihn kümmern zu wollen. Dies ist genau das Verkehrteste, was sie machen kann. Sie sollte ganz bei sich sein und sich voll auf sich konzentrieren können. Halten Sie sich deshalb eher im Hintergrund, ausser Ihre Frau wünscht es anders. Nehmen Sie sich nötigenfalls eine kurze Auszeit, gehen Sie aus dem Zimmer, schnappen Sie frische Luft und kommen gestärkt zurück. So helfen Sie Ihrer Frau viel mehr, als wenn sie stoisch (und vermeintlich heroisch) die ganze Zeit bei ihr bleiben. Dies gilt vor allem dann, wenn die Geburt länger dauert. Packen Sie auch etwas Nahrhaftes für sich in den Geburtskoffer, denn eine Geburt kann sich hinziehen und Sie werden Ihre Kräfte brauchen.
Einen Schritt zurück
Sich im Hintergrund zu halten kann auch durchaus räumlich begriffen werden. Eine Geburt ist nichts Sauberes. Eventuell fliesst Blut, Urin, Stuhl und aus dem Geschlechtsteil der Frau wird ein «Geburtsteil». Es gibt Männer, welche zu nahe am Geschehen dabei waren und nach der Geburt erhebliche sexuelle Probleme hatten. Auch der Frau kann es durchaus unangenehm sein, schutzlos den Blicken des Mannes ausgeliefert zu sein. Halten Sie sich aber hinter Ihrer Frau auf, können Sie sie bestens stützen und begleiten, ohne sich in eine unangenehme Position zu begeben. Natürlich ist vieles rund um die Geburt von individuellen Bedürfnissen abhängig und lässt sich nicht ohne weiteres verallgemeinern, aber es lohnt sich auf jeden Fall, die Rolle des Mannes und seine Position vorgängig zu besprechen.
Nicht alles ist planbar
Im Idealfall wird das Kind nach der Geburt sofort der Mutter übergeben, und auch der Vater kann das Kleine bald in den Arm nehmen. Wenn die Geburt jedoch einen komplizierten Verlauf nimmt, geht es am Schluss möglicherweise sehr schnell, und das Kind wird sofort medizinischen Untersuchungen unterzogen. Diese finden vielleicht in einem anderen Raum statt. Der Vater ist hin und hergerissen, ob er bei der Mutter bleiben oder mit dem Kind mitgehen soll. Besprechen Sie auch solche Szenarien, damit sie im Fall der Fälle gewappnet sind. Und bedenken Sie: Eine Geburt ist immer eine Extremsituation – für Sie und Ihre Partnerin, so dass selbst bei der besten Vorbereitung einiges anders kommen kann. Sie werden sich und Ihre Partnerin von einer ganz neuen Seite kennenlernen und eine eindrückliche Erfahrung machen.
Weitere Informationen
Unter dem Titel „Hilfe ich bekomme ein Baby – Männer im Kreissaal“ begleitete die ZDF-Sendung „37 Grad“ kürzlich Männer vor, während und nach der Geburt ihrer Kinder. Sie zeigt sie in einer existentiellen Situation ihres Lebens und dokumentiert, wie sie den unvergleichlichen Moment erleben, wenn ihr Kind zur Welt kommt.