Die Chancen stehen gut, dass auch Sie zur grossen Gruppe der nicht abstinenten Geniesser gehören, die zu einem gemütlichen Essen oder beim geselligen Apéro gerne einmal ein Glas Wein oder Prosecco trinken. Untersucht man die Angaben «gelegentlich» oder «gerne einmal» etwas genauer, erschrickt manch ein Genusstrinker.
Vielleicht haben auch Sie das Gefühl, dass Tage, an denen Sie alkoholische Getränke konsumieren, die Ausnahme sind. Machen Sie die Probe aufs Exempel und protokollieren Sie zwei Wochen lang Ihren Alkoholkonsum. Ich habe das Experiment durchgeführt. Zugegeben – ich bin erschrocken:
Konsum wird unterschätzt
Die Tage mit Alkohol waren in meinem Trinkprotokoll in der Überzahl! Natürlich gab es immer einen guten Grund: ein feines Essen, ein spontaner Besuch, ein Firmenapéro, kurz anstossen auf einen Erfolg bzw. Geburtstag oder eine angebrauchte Flasche vom Vortag. Die Gelegenheit fehlt selten. In diesem Zusammenhang stellt sich schnell die Frage: Ist das ungesund? Zeigt es allenfalls schon eine beginnende, unterschwellige Abhängigkeit? Oder darf man sich auf die als gesund geltende mediterrane Kost beziehen, bei der das tägliche Glas Wein dazugehört?
Die Menge ist ausschlaggebend
Alkohol ist ein Zellgift und wird in der Leber deshalb schnellstmöglich abgebaut. Die Abbaugeschwindigkeit ist unabhängig von der Alkoholkonzentration im Blut. Sie beträgt ca. 0.15 Promille pro Stunde, unterliegt aber grossen individuellen Unterschieden. Männer bauen Alkohol schneller ab als Frauen – bei ca. 50% der Asiaten ist der Abbau durch eine Enzymveränderung stark verlangsamt.
Einen risikofreien Alkoholkonsum gibt es nicht. Als risikoarme tägliche Höchstmenge gilt für gesunde Frauen zehn Gramm Alkohol. Dies entspricht etwa einem Glas Wein. Bei gesunden Männern ist es das Doppelte: Zwei Gläser Wein bzw. einen halben Liter Bier. Weiter gilt, dass der tägliche Konsum vermieden und alkoholische Getränke nur in Kombination mit Mahlzeiten genossen werden sollten. Was aus gesundheitlicher Perspektive ebenfalls nicht funktioniert, ist das «Sammeln der Wochenration» auf einen Tag.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Der Genuss geringer Mengen Alkohol scheint in Kombination mit einer mediterranen Ernährung einen positiven Einfluss auf Herz-/Kreislauferkrankungen zu haben. Der Grund dafür wird in einer Schutzwirkung von Alkohol gegenüber der Arteriosklerose der Gefässe vermutet. Im Rotwein findet sich zusätzlich das antioxidativ wirkende Resveratrol, welches negative Auswirkungen durch freie Radikale im Körper eindämmen kann. Diese möglicherweise positiven Auswirkungen eines moderaten Alkoholkonsums sind aber nur die eine Seite. In Bezug auf Krebserkrankungen ist jedes Glas Alkohol ungünstig.
Alkohol macht dick
Eine ebenfalls unangenehme Seite des Alkohols ist die Auswirkung auf das Körpergewicht. Nur schwere Alkoholiker sind mager – zuerst führt Alkohol zu einer Gewichtszunahme. Mit ca. 70 kcal pro dl Wein oder 45 kcal pro dl Bier tragen alkoholische Getränke je nach Konsum einiges zur täglichen Kalorienbilanz bei. Weiter ist unser Körper darauf bedacht, Alkohol prioritär abzubauen, das heisst, dass während dieser Zeit andere Stoffwechselprozesse auf ein Minimum reduziert werden. Eine Fettverbrennung ist nach dem Genuss von Alkohol über mehrere Stunden nicht mehr möglich.
Und jetzt: Verzicht?
Aus rein medizinischer Sicht: Ja. Aus der Perspektive «Genuss und Lebensfreude»: Nein. Damit wir das Risiko ungünstiger Auswirkungen auf unsere Gesundheit senken können, sollten wir unseren Alkoholverbrauch aber moderat halten, von Zeit zu Zeit kritisch hinterfragen und auf genussreiche Momente beschränken. Auch hier gilt: Weniger ist mehr.
Weitere Infos zum Thema:
- Spiegel.de: „Rotwein – das Medikament der Geniesser„
- Rosenfluh.ch: „Alkohol und Krebs“ (PDF)
- Beobachter.ch „Promille-Rechner„