Ist Ihnen bekannt, welches Gemüse aktuell Saison hat? Nur gerade ein Drittel der Schweizer Bevölkerung kann die Saisonalität für jedes zweite Produkt richtig einschätzen. Will man sich möglichst nachhaltig ernähren und entsprechend einkaufen, sollte man informiert sein.

In der Gemüseabteilung der Einkaufsläden oder online Shops bekommt man nur wenige Informationen dazu, es scheint alles das ganze Jahr über Saison zu haben. Einzelne Detailhändler helfen einem dabei, dank der Kennzeichnung «Saison» herauszufinden, welche Produkte aktuell auch wirklich anbaubar sind. Reicht dies aus, um die Kundschaft zum Zugreifen zu bewegen, anstelle Produkte aus dem Gewächshaus oder aus der Ferne «by air» zu kaufen? Helfen diese bei der Verkaufsstelle angebrachten Informationen, eigene Kaufentscheide zu ändern und ein Umdenken herbeizuführen?

Diverse Faktoren

Beim Thema Nachhaltigkeit müssen diverse Faktoren wie Transportwege, Wasserverbrauch, der Einsatz von Pestiziden, Energieverbrauch, das eigene Konsumverhalten und anderes miteinbezogen werden, ein Eingrenzen auf die Saisonalität wäre natürlich zu kurz gegriffen. Es ist einer von vielen Puzzlesteinen, welche zu einem bewussteren, Umwelt schonenderen Verhalten führen. Zudem einer, welchen wir mit der nötigen Kenntnis und direkten Anpassungen beeinflussen können.

Das Wissen ist ein wichtiger Faktor, um ein Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit zu erlangen, auch um Konsequenzen für die Umwelt und die Gesellschaft besser abschätzen zu können. Bei einer verhaltensökonomischen Studie des BAFU 2015 hat sich gezeigt, dass das Wissen alleine jedoch nicht reicht, um nachhaltig zu handeln. Ebenso wichtig ist die Bereitschaft des Individuums dazu. Ein ausgeprägtes, ökologisches Werte-Set und ein Aneignen von umweltfreundlichen Gewohnheiten sind dafür zentral. Prägend sind eigens gemachte Erfahrungen, persönliche Überzeugungen, aber auch ökonomische Faktoren. Auch das momentane Wohlbefinden spielen beim Entscheid für ein spezifisches Verhalten oder die Produktewahl eine Rolle.

Ein grosser Teil unserer Ernährungsentscheidungen wird beim Einkaufen getroffen. Gemäss aktueller Studienlage der International Food Council Information Foundation ist Entscheidungsfaktor Nummer eins bei der Essenswahl der Geschmack, gefolgt vom Preis. Der Faktor Nachhaltigkeit kommt erst an fünfter Stelle.

Um das Thema Nachhaltigkeit besser abschätzen zu können, werden Produkte mit Labels versehen, oder es wird, wie bereits erwähnt, mit Saisonalität oder Regionalität geworben. Themen wie Transport, Lagerung, Kultivierung, Wasserverbrauch und Treibhausgasproduktion müssen mitberücksichtigt werden, um eine Beurteilung zu machen. Produkte lassen sich letztlich anhand der daraus gelesenen Ökobilanz vergleichen. Beim Kaufentscheid spielen zusätzliche Faktoren wie Verpackung und Anschrift eine wichtige Rolle: Sind ökologisch angebaute Produkte in Plastik verpackt, führt dies zu einem Präferenzrückgang, was sich durch eine kognitive Dissonanz – eine unangenehme Gefühlsempfindung z.B. aufgrund von differenten Wahrnehmungen – bei ökologisch denkenden Personen erklären lässt.

Ressourcen schonen

Die Herstellung, der Vertrieb und die Zubereitung von Lebensmitteln brauchen Ressourcen. Die Ernährung in der Schweiz hat einen substanziellen Einfluss auf die Gesamtumweltbelastung. 28% der Umweltbelastung (inkl. Produktion, Vertrieb, Konsum) der Schweizer Haushalte entfallen auf den Bereich Ernährung. Am deutlichsten können Ressourcen dank einer Reduktion des Fleischkonsums eingespart werden. In den USA gibt es die Kampagne des «fleischlosen Montag», welche sich in vielen Personalrestaurants und bei Privaten etabliert hat. Tage ganz ohne Fleisch wirken sich zudem auch in den meisten Fällen auf die Gesundheit positiv aus, wenn die wegfallenden Proteine z.B. durch (reichlich) pflanzliche ersetzt werden.

Die einfachste Form, Ressourcen zu schonen, ist weniger zu produzieren und zu konsumieren. Schaut man die Statistiken westlicher Länder an, wird durchschnittlich ein Drittel der hergestellten und angebauten Lebensmittel weggeworfen. Dies entspricht einer ganzen Mahlzeit pro Person und Tag!

Um dieser Verschwendung entgegenzuwirken hat zum Beispiel die Hirslanden Klinik Zürich begonnen, übriges Essen des Personalrestaurants vergünstigt abzugeben, das Projekt heisst «RONDO’s Second Chance». Dank einem durchdachten Konzept können die noch einwandfreien Speisen in wiederverwertbaren, mikrowellentauglichen reCIRCLE Boxen bezogen werden.

Gemäss der Leiterin Restauration Nathalie Anderegg wurde von März bis September 2022 das Angebot von über 900 Personen genutzt. Es konnten damit im genannten Zeitraum von sieben Monaten 455 Kilogramm Lebensmittel vor der Abfalltonne gerettet werden! Zudem führt die Klinik Hirslanden in ihrem Mitarbeitenden Restaurant zweimal pro Monat reine Vegi-Tage durch an welchen kein Fleisch geschöpft wird.

Second Chance

Das Konzept des «Second Chance» kann jeder einzelne – ob unterwegs oder zu Hause – selbst anwenden. Restaurants geben übrig geblieben Speisen mit nach Hause. Resten, ob mitgenommene oder selbstgekochte, werden auch am Folgetag zu Gaumenfreuden, wenn Sie korrekt verpackt aufbewahrt, schonend wieder aufgewärmt und zubereitet werden. Keine Lust, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen dasselbe zu essen? Schmecken Sie die Speisen neu ab. Zum Beispiel lässt sich gekochtes Gemüse püriert in eine Suppe oder einen Brotaufstrich umwandeln, Brot vom Vortag schmeckt getoastet, kurz aufgebacken oder als Brotwürfel ebenfalls sehr gut. Ihre schulpflichtigen Kinder bringen einen Teil des Znünis ungegessen wieder mit nach Hause? Lassen sie sie zum Zvieri fertig essen, oder tun Sie übrige Gemüsesticks gleich in den Suppentopf mit rein. Tauschen Sie sich mit andern darüber aus oder lassen Sie sich online inspirieren, das Wiederverwerten ist ein altes Wissen, welches seit Generationen existiert.

Eine gute Zusammenfassung betreffend nach haltigem Ess- und Trinkverhalten bieten die FOODprints® der SGE (Schweizerische Gesellschaft für Ernährung), eine Anlehnung an die bekannten Footprints:

  • Ich kaufe zu Fuss oder mit dem Velo ein
  • Ich kaufe nur so viel wie nötig ein
  • Ich konsumiere überwiegend pflanzliche Lebensmittel
  • Ich achte auf die Herkunft der Lebensmittel
  • Ich achte auf die Produktionsbedingungen der Lebensmittel
  • Ich trinke Hahnenwasser

Mit dem Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit und dem Wissen ist der erste Schritt getan. Informationen bei den Verkaufsstellen oder Aufklärung an Schulen sind notwendig. Der nächste, noch wichtigere Schritt ist es das Ganze auf die Handlungsebene zu bringen, z.B. dank Projekten in Kantinen und Restaurants, oder auch kreativen Lösungen von jedem von uns. Gehen wir es gemeinsam an!

Wichtigste Quellen:

  • Ernährung und Nachhaltigkeit in der Schweiz; eine verhaltensökonomische Studie; BAFU 2015
  • International Food Council Information Foundation USA
  • Online-Ratgeber | WWF Schweiz
  • SGE FOODprints®