Jeder dritte Arbeitnehmende in der Schweiz leidet unter Stress. Wird dieser chronisch, drohen im besten Fall Verspannungen und Rückenschmerzen, im akuten Fall steigert das erhöhte Stresshormon im Körper sogar das Risiko für Thrombosen, Embolien oder Krebs.

Wir alle streben nach einem ausgeglichenen Alltag, nach einer perfekten Work-Life-Balance. Doch diese herzustellen, ist gar nicht so einfach. Tatsächlich leidet fast jeder dritte Arbeitnehmende in der Schweiz unter Stress und fühlt sich durch den Job emotional erschöpft. Das ergab der Job-Stress-Index 2020 der Gesundheitsförderung Schweiz. Der Anteil der Erwerbstätigen, die überdurchschnittlich mehr Belastungen als Ressourcen wahrnehmen und sich somit im kritischen Bereich befinden, ist das vierte Mal in Folge leicht angestiegen und dürfte sich während des vergangenen Pandemiejahrs wohl kaum reduziert haben.

So wirkt sich Stress auf Ihren Körper aus

Wenn sich der Mensch in einer Stresssituation befindet, steigt der Spiegel des körpereigenen Stresshormons Cortisol. Kurzfristig kann das durchaus hilfreich sein, um eine herausfordernde Situation zu bewältigen. Kritisch wird es allerdings dann, wenn eine Stresssituation die nächste jagt.

Denn dann kann das vegetative, autonome Nervensystem angegriffen werden. Dieses besteht aus zwei Hauptnerven: dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Der Sympathikus zeigt seine volle Reaktion, wenn wir aktiv sind, uns bewegen und Leistung bringen müssen. Der Parasympathikus dominiert, wenn wir uns entspannen, schlafen und uns erholen. Wer dem Körper keine Gelegenheit zur Erholung gibt, zerstört mit dem anhaltend hohen Cortisolspiegel langfristig den Parasympathikus, der für die Erholung zuständig ist. Ist der Parasympathikus erst einmal zerstört, kann man sich nicht mehr erholen.

Stress ist objektiv messbar

All das geschieht nicht über Nacht, sondern ist in der Regel ein langwieriger Prozess, der von zahlreichen körperlichen Frühanzeichen begleitet wird. Dazu gehören beispielsweise Verspannungen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose. Aber auch verschiedene Magen-Darm-Erkrankungen, wie das Reizdarm-Syndrom mit Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Magenschmerzen, Durchfall oder Verstopfung, können die Folge von anhaltendem Stress sein. Überbelastung manifestiert sich allerdings nicht nur physisch, sondern auch psychisch in Form von Unausgeglichenheit, Konzentrationsmangel, Leistungsabfall, Vergesslichkeit, Angstgefühlen und einer erhöhten Reizbarkeit bis hin zur Schlaflosigkeit.

Im akuten Fall kann die dauerhaft erhöhte Cortisolausschüttung zu Thrombosen oder Embolien führen. Doch auch der Zellzyklus kann dadurch reduziert und so eine Zellalterung gefördert werden, welche die Entstehung von Krebs begünstigt. Stress wirkt zudem neurotoxisch, was bedeutet, dass es zu Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses kommen kann.

Eine der Hauptgefahren: Viele Leute können ihr eigenes Stresslevel nicht richtig einschätzen. Chronischer Stress ist jedoch messbar, und zwar mittels Herzratenvariabilitätsmessung (HRV). Dabei kann das autonome Nervensystem gemessen und objektiviert werden. Innerhalb von 24 Stunden können die Herzströme mittels einer 24-Stunden-Langzeit-EKG-Analyse erfasst und so zahlreiche Daten festgehalten werden. Dazu gehören etwa: Aktivität und Entspannung, die Tag-Nacht-Regulation, der Schlaf und sämtliche Herzparameter wie Rhythmus, Pausen, Anzahl Herzschläge und eventuelle Auffälligkeiten. Im Check-up Zentrum der Klinik Hirslanden bieten wir Ihnen die HRV-Messung an.

Sie sind gestresst? Dann handeln Sie heute!

Es ist wichtig, Stress im Alltag frühzeitig zu erkennen und aktiv zu reduzieren. Das kann etwa gelingen, indem Sie Ihre Arbeitsorganisation, Ihr Zeitmanagement oder Ihre Prioritätensetzung hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Ebenfalls ein wahres Wundermittel im Kampf gegen Stress: Nein sagen. Sie sind bereits komplett überlastet, und Ihre Chefin will Ihnen noch mehr aufbürden? Wehren Sie sich. Suchen Sie das Gespräch, bieten Sie alternative Lösungen an. Sie wird Ihnen langfristig dafür danken, dass Sie sich selbst Sorge tragen, denn arbeitsbezogener Stress kostet Arbeitgebende rund 7,6 Milliarden Franken pro Jahr.

Weitere wichtige Hilfsmittel im Kampf gegen Stress:

  • Trauen Sie sich, um Hilfe zu bitten
  • Bauen Sie ein Netzwerk auf, das Sie in schwierigen Situationen unterstützt
  • Distanzieren Sie sich von der Situation und fragen Sie sich: Wie werde ich in einem Monat oder einem Jahr über die aktuelle Situation denken?
  • Lassen Sie einfach mal Dampf ab

So steigern Sie Ihre Stressresilienz langfristig:

  • Gönnen Sie sich regelmässige Entspannungsphasen
  • Bewegen Sie sich regelmässig
  • Schlafen Sie genug
  • Legen Sie im Alltag Mikropausen ein
  • Vertiefen Sie sich in Hobbys oder gewinnen Sie während Freizeitaktivitäten Distanz zu Ihrem Alltag
  • Pflegen Sie soziale Kontakte ausserhalb Ihres Arbeitsumfelds

 

Dr. med. Stefanie Helmbrecht

Autorin: Dr. med. Stefanie Helmbrecht, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin, Check-up Zentrum Hirslanden Zürich