Ohne Aufwärmen auf die Skier und schon ist es passiert: 26 Prozent aller Sportverletzungen in der Schweiz passieren auf der Piste. Damit die Verunfallten schnell in einem Krankenhaus behandelt werden können, kommt in den meisten Fällen ein Rettungshelikopter zum Einsatz. Die Alpine Air Ambulance AG (AAA) betreibt die Rettungsbasen Balzers (Fürstentum Liechtenstein) und Birrfeld im Aargau. Der ärztliche Leiter Dr. Schorn-Meyer gibt einen Einblick in seinen Arbeitsalltag.
Der Unfallort kann noch so abgelegen sein: Innerhalb von wenigen Minuten ist der Rettungshelikopter der Alpine Air Ambulance AG (AAA) zur Stelle. Wie das geht? «Wir sind jederzeit einsatzbereit», erklärt Dr. Michael Schorn-Meyer, ärztlicher Leiter und leitender Notarzt der AAA. «In der Nacht schlafen wir in unseren Kleidern in Räumen direkt neben dem Helikopterlandeplatz. Wenn ein Alarm eintrifft, müssen wir sofort los, da bleibt nicht mal mehr Zeit für einen Kaffee», lacht er.
Das Ziel des Rettungsteams ist es, am Tag spätestens in drei Minuten, in der Nacht in fünf bis zehn Minuten in der Luft zu sein. Regelmässige Trainings sorgen dafür, dass im Notfall die Zusammenarbeit und die Versorgung optimal funktionieren. «Unser Team besteht aus Chefärzten, leitenden Ärzten und Oberärzten, die ihr Wissen und Können regelmässig im Spitalalltag anwenden», so der Notarzt. Und sogar der Helikopter-Pilot kann bei der Behandlung der Verletzten mithelfen: «Medizinisches Wissen ist natürlich kein Anstellungskriterium für unsere Piloten, aber wir bilden sie intern weiter, sodass sie uns helfen können, Medikamente und Material vorzubereiten oder uns sogar bei einer Reanimation zu unterstützen», erläutert der ärztliche Leiter.
Im Notfall immer 144
Den Überblick darüber, wo welche Rettungsmittel verfügbar sind und welche am schnellsten am Unfallort sein können, hat die Notrufzentrale 144. «Damit die Hilfe möglichst schnell bei dem Verletzten ankommt, ist es wichtig, den Notruf 144 zu wählen und nicht direkt die Luftrettung anzurufen» erklärt Dr. Schorn-Meyer. «Die Zentrale leitet den Alarm über zwei Kanäle – Pager und Handy – an uns weiter. Eine spezielle App liefert uns weitere Informationen über den Verunfallten: Ist eine Reanimation erforderlich? Handelt es sich um ein Kleinkind oder eine Schwangere?»
Bis der Rettungsdienst eintrifft, wird die Anruferin / der Anrufer am Telefon von den Notruf-Mitarbeitenden beraten. Unter Anleitung können Erste-Hilfe-Massnahmen durchgeführt werden. «Ein guter Ausgang ist wahrscheinlicher, wenn sich sofort jemand um den Verletzten kümmert», ist Dr. Schorn-Meyer überzeugt.
Ist das Rettungsteam am Unfallort angelangt, versucht es, die verunfallte Person so weit zu stabilisieren und vorzubereiten, dass sie während des Flugs ins Spital möglichst nicht mehr gross behandelt werden muss. «Bei Bedarf ist es auch möglich, die Person im Helikopter zu behandeln, doch der Platz ist sehr eingeschränkt», so der Experte. Anschliessend wird das Spital angeflogen, das für den Verunfallten am geeignetsten ist. Handelt es sich um einen Routinefall, wird die Patientin / der Patient in die Notaufnahme des nächstgelegenen Spitals geflogen. Spezialfälle werden weiter transportiert: «Verunfallt beispielsweise ein Kleinkind schwer in Graubünden, fliegen wir es nach St. Gallen oder Zürich in das Kinderspital», so Dr. Schorn-Meyer.
Winterzeit heisst Verletzungszeit
Besonders in den Wintermonaten herrscht für die Basis in Balzers Hochbetrieb. «2018 passierten in der Schweiz circa 250’000 Berufsunfälle und 500’000 Freizeitunfälle. Bei Letzteren handelt es sich in den meisten Fällen um Sportverletzungen. 26 Prozent davon ereignen sich allein beim Wintersport», weiss der leitende Arzt. Skifahrer machen laut Statistik rund 57 Prozent der verunfallten Wintersportler aus; Snowboarder sind nur zu 14 Prozent betroffen. Noch geringer ist die Zahl bei den Schlittelunfällen. «Obwohl die Anzahl der verunfallten Schlittler in den letzten Jahren gestiegen ist, bewegen sich die Unfallzahlen im einstelligen Prozentbereich», so Dr. Schorn-Meyer.
Achtung! Helikopter im Einsatz
Die Bergung in einem Skigebiet oder allgemein im Gebirge gestaltet sich schwieriger als im Flachland. «In den allermeisten Fällen arbeiten wir in den Skiregionen mit der lokalen Pistenrettung zusammen. Diese ist häufig bereits am Unfallort, wenn wir eintreffen. Damit durch die Schneeaufwirbelungen beim Landen des Helikopters keine Wintersportler von der Piste abkommen oder sogar in die Rettungsfahrzeuge prallen, wird das Gebiet rund um den Unfall abgesperrt», so der Experte.
Bei Gebirgseinsätzen kann ein sogenannter RSH – ein Rettungsspezialist Helikopter – aufgeboten werden. «Dabei handelt es sich meistens um einen Bergführer aus der Region, der das Gebiet sehr gut kennt. Er hilft uns zum Beispiel festzustellen, ob der Unfallort lawinensicher ist, er bewahrt Patient und Retter vor Gefahren und Abstürzen und hilft bei der Bergung.»
Helm auf!
Die meisten Wintersportverletzungen betreffen die unteren Extremitäten, etwa die Knie. Auch der Schulterbereich und der Brustkorb sind häufig betroffen. «Kopfverletzungen sind vergleichsweise selten. Dennoch sollten Wintersportler unbedingt einen Helm tragen», rät der Arzt. Dieser kann Kopfverletzungen – etwa eine Gehirnerschütterung – abschwächen und im besten Falle gar verhindern.
«Die grösste Unfallrisikogruppe sind Frauen und Männern zwischen 25 und 35 Jahren», weiss der Experte. «Während Männer ab 35 Jahren immer weniger verunfallen, kommt es bei den Frauen im Alter von 45 bis 55 Jahren nochmals zu einem Anstieg der Unfallrate», erklärt er weiter. Dies liegt vermutlich daran, dass Frauen in dieser Lebensphase nochmals sehr aktiv sind.
Ein Grossteil der Unfälle ist laut Dr. Schorn-Meyer selbstverschuldet: «Oft liegt es an einer Fehleinschätzung des eigenen Könnens, der Wetterbedingungen oder des Schwierigkeitsgrads der Abfahrt. Zu den klassischen Unfallverursachern gehören fehlendes Aufwärmen am Morgen und ein paar alkoholische Getränke zu viel in der Après-Ski-Bar am Abend».
Medizinische Transporte rund um die UhrDie Alpine Air Ambulance (AAA) ist spezialisiert auf Patiententransporte in der Luft und am Boden und organisiert diese über eine eigene Einsatzzentrale. So führt sie nationale und internationale Patiententransporte durch – unter anderem Rettungen, Repatriierungen, Verlegungen und Organtransporte. Dabei arbeitet sie eng mit den Spitälern – darunter der Privatklinikgruppe Hirslanden – zusammen. Die AAA betreibt Rettungshelikopterbasen in Birrfeld und Andorra sowie für die AP3 Luftrettung im liechtensteinischen Balzers. Mit über 80 hoch qualifizierten Mitarbeitenden trägt die AAA rund um die Uhr zur medizinischen Notfall- und Gesundheitsversorgung in verschiedenen Kantonen und Ländern bei. Die AAA ist als Tochterfirma der Lions Air Group AG in eine seit über 30 Jahren bestehende Aviatikgruppe eingebettet. Die Firmen der Lions Air Group AG betreiben eine Flotte mit zwölf Helikoptern, fünf Flugzeugen und zwölf Bodenambulanzen. Weitere Informationen: www.air-ambulance.ch Sicher durch den SchneeUnfälle vermeiden und im Notfall schnell und richtig Erste Hilfe leisten. Wie das geht, erfahren Sie auf unserer Themenseite: www.hirslanden.ch/wintersport-notfall |