Im Rahmen einer Partnerschaft leisten bis Juni 2019 elf Hirslanden-Mitarbeiterinnen einen humanitären Einsatz bei Mercy Ships, konkret auf der Africa Mercy, dem grössten Spitalschiff der Welt. Die Schiffe von Mercy Ships bringen medizinische und humanitäre Hilfe an die Küste Afrikas. Die Africa Mercy ist zurzeit in Guinea stationiert. Tamara Carochas Ribeiro, die sonst als Pflegefachfrau in der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern tätig ist, war die erste Hirslanden-Mitarbeiterin, die ihren Einsatz auf der Africa Mercy antrat. Im Folgenden berichtet sie uns von ihren ersten Eindrücken aus Guinea.

Vorbereitung für den Einsatz bei Mercy Ships

Das Abenteuer Mercy Ships begann lange, bevor ich am Flughafen am Check-in war. Angemeldet hatte ich mich im Oktober 2017. Ich hätte nicht gedacht, dass es wirklich klappen würde und ich ca. 10 Monate später auf ein Spitalschiff von Mercy Ships gehen würde. In einem Jahr kann viel passieren, wenn man offen für Neues ist. Zur Vorbereitung gab es jede Menge Informationen zu lesen über das Leben an Bord der Africa Mercy. Als Pflegefachperson musste ich mich auch in eine entsprechende Dokumentation zur Arbeit in der Pflege einlesen und mich mit den an Bord üblichen Handlungsanweisungen vertraut machen.

Ich musste zahlreiche Impfungen machen, da ich an Bord sehr viel Patientenkontakt habe. Packen für 4 Monate ist nicht einfach, vor allem, wenn man nicht viel Platz im temporären Zuhause haben wird. Bis jetzt hat zum Glück noch nichts Wichtiges gefehlt. So kam der Tag der Abreise immer näher und die Nervosität wurde immer grösser.

Reise nach Guinea

Am 26.8.18 am Morgen früh ging die Reise nach Afrika dann los. In Begleitung meines Verlobten, meiner Mutter und meiner Oma fuhr ich an den Flughafen Zürich. Dort verabschiedete ich mich unter vielen Tränen von meinen liebsten für vier Monate. Zuerst kam ein kurzer Flug nach Paris. Dort stieg ich um in das Flugzeug, das mich nach Conakry in Guinea brachte. In Paris traf ich während des Wartens eine weitere Schweizerin, die auch auf dem Weg zu Mercy Ships war, um dort als Pflegefachperson zu arbeiten. Nach einem ca. achtstündigen Flug mit Zwischen-Stopp in Mauretanien kam ich in Guinea an.

An diesem Tag kamen ca. 60 neue Personen auf dem Schiff an, um in verschiedenen Bereichen zu arbeiten. Ich habe zum Glück eine knallgelbe Tasche, die ich schnell auf dem völlig überfüllten Gepäckrückgabeband wieder fand. Wir wurden herzlich empfangen von anderen Crew-Mitgliedern, die auf uns am Flughafen gewartet hatten. In Gruppen wurden wir mit einem Jeep zum Schiff gebracht. Schon auf der Fahrt konnte ich sehen, dass ich in einer völlig anderen Welt angekommen war. Nach einer nicht allzu langen Fahrt kamen wir bereits am Hafen an. Ich sah das erste Mal mein neues Zuhause und gleichzeitig meinen Arbeitsplatz, den ich für 4 Monate, also bis kurz nach Weihnachten, haben würde.

Ankunft auf der Africa Mercy

Das Schiff ist sehr gross, sodass man sich am Anfang schnell mal verlaufen kann, wenn man keinen guten Orientierungssinn hat. Das ist bei mir zum Glück nicht der Fall.

Zuerst mussten wir alle Papiere ausfüllen und abgeben. Danach zeigte man uns bald unsere Kabinen im Deck 3, in denen wir leben würden. Ich lebe nun zusammen mit fünf Frauen in einer Kabine. Es gibt drei Kojen, in denen jeweils zwei Personen in doppelstöckigen Betten schlafen. Ich habe einen eintürigen Schrank und zwei kleine Wandregale, wo ich alle meine Sachen unterbringen musste. Abgetrennt sind die Kojen mit dünnen Wänden und Nachtvorhängen, damit man, wenn man Nachtdienst hat, auch am Tag ungestört schlafen kann. Es ist alles ziemlich hellhörig, aber die Maschinengeräusche nimmt man mit der Zeit immer weniger wahr. Fenster gibt es auf dem Deck 3 keine, da es weit unten im Schiff ist. Nachdem ich die Wand mit persönlichen Bildern und Karten geschmückt hatte, war es schon sehr viel gemütlicher und heimeliger in meiner Koje. So war mein erster Tag schon bald zu Ende.

Woche 1. Einführungen und Kennenlernen auf dem Spitalschiff

Die erste Woche auf der Africa Mercy war voll mit neuen Eindrücken. Jeden Tag lernte ich neue Leute kennen, meistens beim Essen. Dabei kommen die hier jeweils üblichen ersten fünf Fragen: Wie heisst du? Woher kommst du? Was machst du auf dem Schiff? Wie lange bist du schon auf dem Schiff? Wie lange wirst du auf dem Schiff bleiben?

Die ersten paar Tage waren gefüllt mit Einführungspräsentationen über das Schiff, das Krankenhaus. Es gab Führungen und Besprechungen. Zwischendurch, zum Auflockern, machten wir auch mal eine Runde Tanzparty oder ein Kennenlernspiel. Es fühlt sich manchmal an, als wäre man in einem Lager, nur dass wir hier nicht Ferien machen, sondern zum Arbeiten gekommen sind. Es gibt hier Freizeitbeschäftigungen für jeden Geschmack: Bücher, Filme, langsame und schnelle Jogging-Gruppen, eine Nähgruppe, Fussball, Basketball usw.

In den ersten Wochen hatten wir zwei Evakuationsübungen, damit jeder weiss, was in einem Ernstfall zu tun ist und wohin man gehen muss. Das kann bis zu einer Stunde dauern. Das war teilweise nicht sehr gemütlich, da wir lange im strömenden Regen draussen warten mussten (hier ist gerade Regenzeit).

Am Wochenende machte ich mit einer Gruppe einen Ausflug an den Strand auf eine Insel hier in der Nähe. Dank solchen Ausflügen sehen wir auch etwas vom Land und nicht nur die Hafenregion der Stadt. So besuchten wir das Dorf auf der Insel und machten mit einer Gruppe von Afrikanern eine bunte Tanzparty am Strand, wo wir bunte Wickeljupes gekauft hatten.

Woche 2: die ersten Patienten

Am Montag begrüssten wir die ersten Patienten auf der Abteilung, was sehr spannend war. Dabei waren Kinder, Teenager und auf meiner Abteilung vor allem junge Erwachsene. Ich arbeite auf der «B Ward», die den Schwerpunkt «Plastics» hat. Hier sind vor allem stationäre Patienten mit Verbrennungen, die dazu geführt haben, dass sie ihre Gelenke nicht mehr bewegen können. Die Operationen führen dazu, dass sie Arme und Beine wieder voll bewegen können und die Gelenke frei werden. Auch krumme Beine und Arme werden wieder gerade. Für die meisten Patienten ist es der Beginn einer längeren Behandlung, die teilweise auch mehrere Operationen beinhaltet.

Tamara im Einsatz bei Mercy ShipsBisher habe ich mich vor allem um neu eintretende Patienten gekümmert und Nachtdienste absolviert. Ich habe also noch nicht sooo viel mitbekommen. Das Arbeiten hier ist auf jeden Fall in vieler Hinsicht ganz anders als zuhause in der Schweiz und ich muss mich noch daran gewöhnen.

Ich bin nun gespannt, wie es sein wird, tagsüber auf der Abteilung zu arbeiten. Bei meinem nächsten Bericht werde ich mehr darüber erzählen.

 

Bis dahin: Viele Grüsse aus Guinea

Tamara Carochas Ribeiro

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