Am 29. April rückten rund 80 Feuerwehrleute der Feuerwehr Stadt Luzern aus und verbrachten einen „heissen“ Nachmittag in der Hirslanden Klinik St. Anna. Grund war kein Ernstfall, sondern eine gross angelegte Feuerwehrübung. Patienten und Mitarbeitende der Klinik wurden vorgängig informiert, nur die Feuerwehrleute hatten keine Ahnung, was auf sie zukommt. Ich hatte die Freude, der Übung an der Seite von Feuerwehrkommandant Theo Honermann beizuwohnen und viele spannende Informationen dazu zu erhalten.
Bereits im Vorfeld war ein intensiver Einsatz bei der Feuerwehr und dem Klinikpersonal gefragt: Patienten, Personal und Nachbarn mussten informiert werden, die Übung detailliert geplant, Türen markiert und Orte mit Übungshinweisen als „brennend“ gekennzeichnet werden etc. An zahlreichen Orten waren Klinikmitarbeitende positioniert, um Patienten, Besuchern und Mitarbeitenden den Weg zu weisen, damit niemand unfreiwillig ins Übungsterritorium geriet. Puppen und Figuranten wurden als zu rettende Personen platziert. Als alles vorbereitet war, positionierten sich die Übungsleiter der Feuerwehr auf verschiedenen Posten. Schliesslich galt es, genau zu beobachten, wie ihre Kolleginnen und Kollegen, aber auch Mitarbeitende der Klinik den fingierten Ernstfall meistern.
Rauchalarm aus dem Untergeschoss
Los geht es im Lager im 2. Untergeschoss der Klinik: Eine Rauchmaschine simuliert dort einen Brand, der Rauchmelder löst den Alarm aus, der auch bei der Klinikzentrale eingeht. Wird ein solcher Alarm nicht innert nützlicher Frist (je nach Objekt zwischen drei und fünf Minuten) quittiert, erfolgt die automatische Übermittlung an die Einsatzleitzentrale (ELZ) der Luzerner Polizei, die dann die Feuerwehr aufbietet. Alles klappt vorbildlich und die ELZ erhält fingiert einen Anruf eines Klinikmitarbeiters mit genaueren Details.
Nur wenige Minuten vergehen und das erste Feuerwehrauto mit dem diensthabenden Trupp der Berufsfeuerwehr kommt angefahren. Dieser erste Trupp schätzt jeweils die Situation ab, also ob es nur eine kleine Gefahr ist, die sie gleich selbst bewältigen können, oder ob noch mehr Leute aus der Milizfeuerwehr aufgeboten werden müssen. Ein Schlüssel und Gebäudepläne zur Klinik sind für solche Fälle bei der Feuerwehr hinterlegt, sodass die Feuerwehr schnell Zutritt hat und bereits auf dem Weg die Informationen studieren kann.
Schnell hat der erste Trupp den Lagerraum als Brandort identifiziert. „Im Ernstfall wäre dieser Brand und Rauch bereits mit diesem ersten Trupp der Berufsfeuerwehr unter Kontrolle gebracht worden“, erklärt mir Kommandant Theo Honermann. Das Übungsszenario sieht aber eine Rauchausdehnung bis zum 5.Obergeschoss vor (wofür die Übungsleiter sorgen), sodass die weiteren Feuerwehrleute aufgeboten werden müssen. Diese kommen auch schon in Kürze angefahren und vor der Klinik steht bald ein ganzer Wagenpark an Feuerwehrautos.
Einsatzleitung: Zentrale für Übersicht und Koordination
Die Einsatzleitung positioniert sich mit einem abgesperrten Terrain vor der Klinik. Von dort aus wird jeweils alles koordiniert: Informationen gesammelt, Brandherde und zu rettenden Personen auf dem Plan notiert, Massnahmen beschlossen, Aufgaben verteilt, Feuerwehrleute in die verschiedenen Lösch- und Rettungszonen geschickt und auf dem Einsatzjournal notiert usw. Meist wird auch eine Person der Klinik bei der Einsatzleitung „festgehalten“, denn diese kann der Feuerwehr fortlaufend viele wertvolle Informationen liefern. Die Mitarbeit des Klinikpersonals ist also nicht vorbei, sobald die Feuerwehr eintrifft.
Der Einsatzleiter selbst bleibt immer in dieser „Zentrale“, funkt selber nicht, sondern muss sich jeweils ganz auf den Überblick und die anzuordnenden Massnahmen konzentrieren können. „Bei Übungen werden bewusst auch unerfahrene Einsatzleiter gewählt, da diese den Ernstfall ja umso mehr proben müssen. Im Ernstfall unterstützen die erfahrenen Einsatzleiter bei Bedarf natürlich und wenn sich ein Einsatzleiter überfordert fühlt, kann er die Verantwortung auch abgeben“, erklärt mir Theo Honermann.
Die Ereignisse überschlagen sich
Dass die Einsatzleitung einen kühlen Kopf behalten muss, zeigt sich schnell. Denn die Ereignisse überschlagen sich: Mit Atemschutzgeräten ausgerüstet muss ein Teil der Feuerwehrleute den Brand im Untergeschoss unter Kontrolle bringen. Im dunklen Lagerraum sieht man die Hand nicht mehr vor seinen Augen, so dicht ist der Rauch inzwischen. Die Feuerwehrleute betreten den Raum deshalb auch nur mit gelben Truppseilen, die ausserhalb des Raumes festgemacht sind. So wird im Notfall der Ausgang wieder gefunden und die Position der Feuerwehrleute kann ausfindig gemacht werden. An der Tür zum Lagerraum entdeckt ein Feuerwehrmann Warnschilder mit dem Hinweis auf Gefahrengüter. Diese Information ist enorm wichtig, haben doch Elektrizität und gelagerte Chemikalien unter anderem einen Einfluss auf die Auswahl des Löschmittels.
Der Rauch hat sich inzwischen bis ins 5. Obergeschoss ausgebreitet. Im Fahrstuhl steckt eine Person zwischen zwei Stockwerken fest und muss gerettet werden. Wegen des Rauchs im Treppenhaus müssen auch mehrere Personen aus dem Physio-Raum evakuiert werden. Ein Patient ist extrem schlecht zu Fuss, weshalb die Rettung mittels Rollstuhl geschehen muss. Dem Patienten wird zudem ein Rettungsgerät mit Atemluft angelegt. Im 4. Obergeschoss befindet sich ein bettlägeriger Patient (gespielt von einem Feuerwehrmann), der dringend aus dem Rauch evakuiert werden muss. „Im Normalfall würde man den Patienten auf demselben Stockwerk durch die nächste Brandschutztüre in Sicherheit bringen“, erklärt mir Theo Honermann. „Die Übung sah aber vor, dass auch eine sogenannte Matratzenrettung stattfinden sollte, weshalb der Zugang zu diesen Türen verwehrt blieb. Und tatsächlich wurde der Patient auch innert Kürze auf der Bettmatratze die Treppen hinuntergeschoben.
Alle sind noch mit vollem Einsatz dabei, als das Signal zum Übungsabbruch kommt. Kurz darauf versammeln sich alle Beteiligten auf dem Platz für die Abschlussbesprechung. Die Übungsleiter erläutern ihre Beobachtungen und erteilen Lob, sprechen aber auch Verbesserungspotential offen aus.
Für die Feuerwehrmannschaft ist der Tag damit noch nicht zu Ende. Nachdem alles Material wieder einsatzbereit verräumt ist, folgt ein Theorieteil in den Räumlichkeiten der Klinik. Das involvierte Klinikpersonal indes kann bald wieder zum normalen Alltag übergehen.
Somit geht ein spannender und lehrreicher Nachmittag für die Feuerwehr Stadt Luzern und die Klinik St. Anna zu Ende. Herzlichen Dank an alle, die diese Übung vorbereitet haben und währenddessen im Einsatz standen!