Hände sind etwas Wunderbares. Sie können zupacken, schreiben, Instrumente spielen, grüssen, tasten, massieren und vieles mehr. Sie können aber auch Krankheitserreger übertragen: Gar bis zu 80 Prozent aller Infektionskrankheiten werden über die Hände übertragen. Eine korrekte Händehygiene kann die Übertragung von Krankheiten verhindern. Der Welt-Händehygienetag am 5. Mai rückt die Händehygiene deshalb in den Fokus.

Was aber heisst überhaupt eine sinnvolle Händehygiene? Und wie unterscheiden sich die Hygieneempfehlungen fürs private Leben zu denjenigen in einem Krankenhaus? Ulrike Sollmann, ehem. Leiterin Qualitätsmanagement der Hirslanden-Gruppe, erklärt im Interview, weshalb Händehygiene so wichtig ist und was man darüber wissen sollte.

Warum ist Händehygiene so wichtig?

Ulrike Sollmann: Ganz einfach: Weil die Hände der wichtigste Übertragungsort für Keime sind. Die Händehygiene kann deshalb Infektionen vermeiden.

Welche Massnahmen gehören zu einer richtigen Händehygiene im Spitalumfeld?

Ulrike Sollmann: Das beginnt schon damit, dass die Fingernägel kurz geschnitten sind und kein Schmuck oder Nagellack erlaubt ist. Unter den Fingernägeln, dem Schmuck und in den Rissen vom Nagellack, können sich leicht Keime vermehren, weil dort nicht richtig desinfiziert werden kann. Das gilt für alle Mitarbeitenden mit direktem Patientenkontakt, also nicht nur für die Pflege, sondern zum Beispiel auch für das Team der Guest Relations.

Weiter sind natürlich korrektes Händewaschen und Händedesinfektion zu den richtigen Zeitpunkten elementar für eine gute Händehygiene.

Wann ist für Mitarbeitende mit Patientenkontakt Händewaschen, wann Händedesinfektion angesagt?

Ulrike Sollmann: Händedesinfektion ist immer bei Interventionen am Patienten nötig. Händewaschen mit Wasser und Seife hingegen nur bei offensichtlichen Verschmutzungen und nach dem Toilettengang-Gang. Gleich nacheinander die Hände waschen und desinfizieren sollte man nicht. Auch soll man die Hände nicht mit zu heissem Wasser waschen, da dadurch ganz kleine Risse in der Haut entstehen können, wo sich Keime leichter vermehren. Werden die Hände zu häufig gewaschen, besteht die Gefahr, dass die Haut austrocknet und wiederum kleinste Risse entstehen können. Das Händedesinfektionsmittel hingegen ist rückfettend und trocknet die Haut nicht aus.

Oft hört man, zu viel Hygiene mache krank. Wie ist dies zu werten?

Ulrike Sollmann: Auf unserer Haut leben zig Millionen Bakterien, die auch ihren Sinn haben. Unser Waschverhalten hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert: Während unsere Grosseltern etwa einmal pro Woche gebadet haben, duschen wir heute meist täglich. Das heisst aber auch, dass wir täglich in den Säureschutzmantel unserer Haut eingreifen und nicht nur die schlechten, sondern auch die gesunden Bakterien von der Haut mit abwaschen.

Ein weiteres Problem ist, dass wir häufig zu heiss duschen, was zu Mikroverletzungen in der Haut führt, die wiederum ein Eintrittstor für Bakterien sind. Zuviel Hygiene ist also wirklich nicht gut. Wie bei allem sollte man also auch mit der Hygiene nicht übertreiben.

Was heisst das in Bezug auf Händewaschen im Alltag?

Ulrike Sollmann: Zuviel Händewaschen führt zu trockenen, rissigen Händen, womit wir wieder bei oben genannten Problemen sind. Darum auch hier: Nicht zu viel Händewaschen, aber immer bei offensichtlichen Verschmutzungen und nach dem Toilettengang.

Wie unterscheiden sich die Richtlinien bzw. Empfehlungen für die Händedesinfektion im Spital zu denjenigen im privaten Umfeld?

Ulrike Sollmann: Die Richtlinien im Spital sind sehr eng gesetzt mit genauen Vorschriften, wann man sich bei welchen Interventionen wie die Hände zu desinfizieren hat. Dies erklären wir unseren Mitarbeitenden in Broschüren und Schulungen.

Im Privatbereich braucht es keine so intensive Händedesinfektion wie im Spital. Desinfektionsmittel lohnen sich aber zum Beispiel, wenn eine Grippewelle unterwegs ist oder wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren ist.

Wie gut wird die Händehygiene bei Hirslanden durchgesetzt?

Ulrike Sollmann: Wir haben in jeder Klinik Hygienebeauftragte, also ausgebildete Fachpersonen für Spitalhygiene, die die Anwendung der Händehygiene regelmässig beobachten und messen und mit Vorschriften aus dem Patientensicherheitskonzept vergleichen. Die Ergebnisse dieser Messungen sind gut. Nichtdestotrotz bedarf es immer wieder Schulungen, Information oder eben solcher Aufmerksamkeitstage wie den Händehygienetag, um dies immer wieder zu verankern. Man darf nicht vergessen, dass Pflegepersonal oft unter Zeitdruck arbeitet. Umso wichtiger ist dann das verinnerlichte Bewusstsein, dass die vorgegebene nötige Einwirkzeit von Desinfektionsmittel genau zu beachten ist.

Wie fördert Hirslanden die Händehygiene bei ihren Mitarbeitern und Ärzten?

Ulrike Sollmann: Mit regelmässigen Fortbildungen durch die Hygienebeauftragten und mit der Zusammenarbeit mit dem Beratungszentrum für Hygiene in Freiburg im Breisgau. Ärzte dieses Zentrum führen in unseren Kliniken Schulungen für Ärzte durch, also auf beruflicher Augenhöhe. Weiter machen die Hygienebeauftragten sogenannte Begehungen, zum Beispiel in den Operationssaal, um zu prüfen, wie sich die Mitarbeitenden und Ärzte die Hände waschen oder desinfizieren, und greifen bei Bedarf direkt ein.

Am Händehygienetag gibt es verschiedene Aktionen in den Kliniken, die die Händehygiene ins Bewusstsein rufen, sei dies mit Plakaten, Give-Aways oder auch Aktionen wie Fingerfood für die Mitarbeitenden.

Die meisten Infektionskrankheiten werden über die Hände übertragen. Welche Auswirkungen hat diese Tatsache auf die Reinigung eines Patientenzimmers?

Ulrike Sollmann: Die Reinigung eines Patientenzimmers ist sehr aufwendig. Dies muss sehr ordentlich geschehen, wenn man bedenkt, wie viele Keime über die Hände in ein Zimmer gelangen können und wie lange diese auf Oberflächen wie Tischen überleben. Deshalb es wichtig, dass das Reinigungspersonal gut geschult ist. Es kommen spezielle Flächendesinfektionsmittel zum Einsatz. Dazu kommen genaue Vorschriften, welche Reinigungsmaterialien für was benutzt werden, was farblich gekennzeichnet ist.

Was können Patienten und Besucher dazu beitragen, um die Verbreitung von Krankheitserregern im Krankenhaus zu verhindern?

Ulrike Sollmann: Bei Betreten des Spitals sollen die Hände desinfiziert werden. Ein solcher Desinfektionsspender steht bei allen Eingängen zu unseren Kliniken. Besucher sollen sich im Patientenzimmer bitte nicht aufs Patientenbett setzen, sondern auf die Stühle. Wenn man selber krank oder erkältet ist, besucht man besser niemanden im Spital.

Für Patienten haben wir leicht verständliche Hygienerichtlinien zu ihrem eigenen Schutz verfasst. Diese enthalten zum Beispiel Tipps, wie man seine Waschutensilien aufstellt, ohne dass diese Keime abkriegen.

Danke für das spannende Interview.

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