Seit diesem Sommer führt die Klinik Im Park in Zürich für ihre Patienten einen Hotelservice. Die Mitarbeitenden des Hotelservices unterstützen die Pflegefachkräfte in allen nicht-medizinischen Belangen. So übernehmen sie unter anderem die Betreuung der Patientinnen und Patienten beim Ein- und Austritt oder die Bestellung und den Service der Mahlzeiten. Das Team ist aufgeteilt in Tagdienst und Abenddienst. Die beiden Teamleiter Seraina Widmer und René Kessler verfügen beide über eine Ausbildung und Erfahrung in der Gastronomie. Im Interview berichten sie über ihre Aufgaben bei Hirslanden und über den neuen Hotelservice.

Wie lange seid ihr schon in der Klinik Im Park tätig? Und wie kamt ihr zu eurer Aufgabe im Hotelservice?

René Kessler: Ich lernte im Herbst 2014 die Klinik Im Park bei temporären Einsätzen im Lobby-Restaurant kennen. Nach Gesprächen über meine beruflichen Vorstellungen trat ich als Menüassistent ein. Im März wechselte ich in den Hotelservice, also auch schon für die ganze Vorbereitungszeit mit der Personalrekrutierung, bevor wir dann im Sommer mit dem Hotelservice offiziell starteten.

Seraina Widmer: Ich startete im Oktober 2013 in der Klinik Im Park an der Rezeption. Seit die Idee mit dem Hotelservice im Sommer 2014 entstand, war ich in die Vorbereitung involviert. Offiziell trat ich meine jetzige Stelle wie René im März dieses Jahres an.

Wie gestaltete sich die Aufbauphase des Hotelservices?

Seraina Widmer: Gemeinsam mit unserer Vorgesetzten Alexandra Krieg bauten wir den Hotelservice auf. Der grösste Teil des Teams wurde neu rekrutiert, einige Mitarbeiter konnten intern gewonnen werden. Die meisten Mitarbeiter haben einen Hintergrund aus der gehobenen Gastronomie oder anderen Dienstleistungen mit Englischkenntnissen.

Bei der zweiwöchigen Einführung wurden die neuen Mitarbeiter auf das klinikspezifische Know-how geschult, zum Beispiel über verschiedene Kostformen, Hygiene und Seelsorge und hatten Einblick in die Pflege, Hauswirtschaft und Küche.

René Kessler: Der tiefe Einblick in die anderen Abteilungen war sehr wichtig um die Schnittstellen in der Praxis besser zu verstehen. In einer Klinik ist doch einiges anders als bei der Tätigkeit im Hotel.

Seit Juli 2015 gibt es nun den Hotelservice in der Klinik Im Park. Wie reagieren die Patienten auf diese Neuerung?

René Kessler: Sehr gut. Die Patienten nehmen die Möglichkeit an, sich neben einer hochspezialisierten Medizin auch gastronomisch verwöhnen zu lassen.

Seraina Widmer: Es gibt in den Patientenzimmern neben der Pflegeruftaste (also der roten Taste für medizinische Anliegen) neu eine Hotelservice-Taste, die schon rege gebraucht wird. Diese drücken die Patienten zum Beispiel, wenn sie einen Tee oder eine Zeitung wünschen. Alles Gastronomische eben. Auch den Besuch der Patienten können wir so viel besser bedienen.

René Kessler: Aus Erzählungen ist mir bekannt, dass es früher eine gewisse „Hemmschwelle“ gab, das Pflegefachpersonal für gastronomische Wünsche zu rufen. Die Patienten haben Freude daran, sich durch unseren Service umsorgen  zu lassen. Dank der Trennung Pflege und Hotelservice haben wir die Zeit und das gastronomische Know-how, um die Patienten zu verwöhnen.

Wo seht ihr die grössten Vorteile für den Patienten dank diesem Service?

René Kessler: Man lernt die Patienten kennen und kann deshalb reagieren: Wenn Herr Müller gerne Süsses hat, dann servieren wir ihm gerne beide Desserts. Oder wenn Herr Meier keinen Fisch isst, dann empfehlen  wir ihm am Abend sicher keinen Fischspiess, sondern eher einen Rindfleischvogel. Und wenn jemand sagt, er habe keinen Hunger, dann versuchen wir, ihn mit den uns zur Verfügung gestellten Mitteln auf etwas anderes gluschtig zu machen.

Seraina Widmer: Dadurch, dass der Patient nun eine Bezugsperson für alle gastronomischen Belange hat, kriegen wir sehr viel mit und können ihn ganz anders abholen. Mit Finessen können wir so Spezialerlebnisse generieren, die in Erinnerung bleiben.

Sieht euch das Pflegepersonal als Entlastung?

Seraina Widmer: Ja, manche Abteilungen können es sich gar nicht mehr ohne Hotelservice vorstellen.

René Kessler: Früher mussten die Pflegefachmitarbeiter zum Beispiel die Pflegedokumentation unterbrechen, wenn ein Patient die Ruftaste wählte, auch wenn dieser nur einen Kaffee verlangte. Wenn heute jemand die Pflegeruftaste tätigt, ist es wirklich etwas Medizinisches, und das Pflegefachpersonal wird nicht wegen eines schmutzigen Glases oder Frotteewäsche unterbrochen.

Mit welchen Abteilungen habt ihr die meisten Berührungspunkte?

Seraina Widmer: Berührungspunkte haben wir mit der Hauswirtschaft, Pflege, Küche, Lobby-Restaurant, Rezeption, Guest Relation und dem technischen Dienst … Eigentlich mit allen Abteilungen ausser dem Operationssaal und der Intensivstation. Die Kommunikation untereinander ist da sehr wichtig, damit alles reibungslos läuft. So mussten wir auch Tools entwickeln, wie eine Magnettafel in jeder Stationsküche mit wichtigen Infos, zum Beispiel, wenn ein Patient nüchtern bleiben muss oder Vegetarier ist.

Beschreibt bitte eure Aufgaben in zwei Sätzen.

René Kessler: Wir sorgen für einen reibungslosen Arbeitsablauf unserer Mitarbeiter auf den Bettenstationen, vom Eintritt bis Austritt des Patienten. Das geht von der Überprüfung der Zimmer bis zur kulinarischen Verwöhnung.

Seraina Widmer: Wir unterstützen die Teams natürlich auch vor Ort und sind selber ca. zu 50 % an der Front beim Patienten.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei euch aus?

Seraina Widmer: Wenn wir beiden Teamleiter eingeteilt sind, komme ich kurz vor 7 Uhr, überprüfe, ob es Personalausfälle oder sonst etwas Spezielles gibt. Ich verschaffe mir einen Überblick, wo die Kapazitäten zu knapp sein könnten, und unterstütze den Frühstücksservice, damit dieser zügig voran geht. Um 9.15 Uhr machen wir immer einen Rapport mit der Hauswirtschaft, damit dieses Team die Prioritäten kennt, zum Beispiel in welchen Zimmern auf einen Austritt schnell wieder ein Eintritt folgt. Danach unterstütze ich wieder wo nötig das Team und mache wenn nötig Pausenablösungen.

René Kessler: Nach Arbeitsbeginn verschaffe ich mir einen Überblick über die aktuelle Situation auf den Bettenabteilungen. Ich helfe mit beim Mittagsservice und kontrolliere die Eintrittszimmer. Die Nachmittagsstunden nutze ich meistens für administrative Arbeiten und Mitarbeitergespräche. Um 17 Uhr findet dann die Übergabe statt vom Frühdienst, der noch bis 18.30 da ist, an den Spätdienst, das heisst, während dieser Zeit sind dann immer mindestens zwei Hotelservice-Mitarbeiter auf der Station, so dass ich beruhigt eine kleine Pause machen kann (lacht). Abends unterstütze ich beim Roomservice. Um 21 Uhr ist Feierabend für den Spätdienst und ich schaue, dass es eine klare Übergabe ans Pflegepersonal gibt, damit der Pflegenachtdienst über allfällige Vorfälle Bescheid weiss. Aber grundsätzlich muss jeder Tag flexibel sein, weil schlussendlich jeder anders ist.

Was sind die grössten Herausforderungen bei eurem Job?

René Kessler: Der Spagat zwischen den verschiedenen Abteilungen ist eine enorme Herausforderung. Das kann man mit einer guten Kommunikation wettmachen.

Seraina Widmer: Die neuen Abläufe zu verankern, ist eine Herausforderung. Man muss flexibel sein und zum Prozess gehören stetige Veränderungen.

Gibt es Schattenseiten bei eurer Tätigkeit im Hotelservice?

Seraina Widmer: Es gibt auch weniger schöne Momente, weil es unseren Gästen oft nicht gut geht. Kürzlich war zum Beispiel eine ältere Dame verzweifelt und weinte, weil sie nicht selber aufstehen konnte. Aber es ist dann trotzdem wieder schön, wenn man solchen Patienten im Rahmen unserer Möglichkeiten etwas Gutes tun kann. Manchmal kann man eine Person „happy“ machen, wenn man ihr den Kaffee genau so serviert, wie sie es von zu Hause gewohnt ist.

Was macht euch bei eurem Job am meisten Spass?

Seraina Widmer: Für mich ist es die neue Herausforderung, Mitarbeiter zu führen. Und dass jeder Tag anders ist. Es gibt gerade in dieser Anfangsphase immer Neues und das ist extrem spannend.

René Kessler: Diese neue Abteilung kann man vergleichen mit der Neueröffnung eines Restaurants. Wir konnten die Standards und Arbeitsabläufe mitformen. Das finde ich nach wie vor sehr interessant.

Ganz grosse Freude macht es, den Patienten trotz ihrer unfreiwilligen Zwangslage eine Freude zu bereiten und als Dank ein Lächeln zu erhalten.